DAEMON
bestieg die Maschine. Er drehte den Schließzylinder des zertrümmerten Zündschlossesauf
Start
und trat den Anlasser. Als der Motor ansprang, ließ er ihn ein paarmal probeweise aufdrehen. Dann nahm er den Helm, der am Lenker hing, und setzte ihn auf. Er klappte das verspiegelte Visier hinunter, und im nächsten Moment schoss er los, hinter dem entschwindenden Rudel computergesteuerter Wagen her. Er gab Gas, preschte über das Trümmerfeld und raste auf die Piste hinaus. Er konnte den silbernen BMW in der Mitte der Wagenmeute kaum ausmachen, jagte ihn aber mit allen PS, die er unter sich hatte.
Nachdem er sich angeschnallt hatte, blickte Gragg zu Gebäude 29 zurück.
Direkt über dem Gebäude hing ein leuchtend rotes, sechzig Stockwerke hohes Rechteck im D-Raum , rotierend wie eine Neonreklame und für jeden im Daemon-Darknet meilenweit sichtbar. In Riesenlettern und mit einem abwärtsgerichteten Pfeil verkündete es:
Streng geheime Anti-Daemon-Task-Force
. Gragg lachte und hob dann die behandschuhte Hand. Er zog im D-Raum ein weiteres leuchtend rotes Rechteck um die gesamte Anlage. Mit einem Fingerklick öffnete er ein Pop-up-Menü und wählte dann
Alle töten
.
Merritts Motorrad jaulte die stillgelegte Piste entlang. Er schaffte es, sich bei hundert Meilen pro Stunde in einen Schlenker zu legen, um einem Schlagloch auszuweichen, doch als er wieder aufblickte, sah er eine zweite Welle unbemannter Wagen auf Gebäude 29 zuströmen. Mindestens dreißig Fahrzeuge, darunter zwei weiße Econoline-Kastenwagen. Ein Kommando von mehreren mittelgroßen Limousinen löste sich vom Hauptrudel und nahm Merritt aufs Korn.
«Scheiße …»
Die Limousinen hatten ihn schon fast – und beschleunigten immer noch.
Merritts Jugendleidenschaft für schnelle Motorräder zahlte sich endlich einmal aus. Er stemmte sich hoch, hängte sich an die linke Seite der Maschine – und zog sie in die engste Kurve, die er mit so hoher Geschwindigkeit schaffen konnte. Sein Gehirn stellte instinktiv Haftungskoeffizienten her, und das Muskelgedächtnis übernahm.
Die erste blaue Limousine fegte so dicht an seiner linken hinteren Flanke vorbei, dass ihm der Luftstoß gegen das Bein schlug.
Merritt hängte sich nach rechts hinüber.
Eine halbe Sekunde später rammten sich unmittelbar hinter ihm zwei weitere Limousinen. Mehrfaches dumpfes Krachen – wie von Wagen, die sich überschlugen – ließ ihn erbeben, blieb dann rasch hinter ihm zurück.
Die vierte Limousine streifte seinen linken hinteren Blinker und riss ihn ab. Das brachte Merritt aus der Balance. Die Maschine schlingerte hin und her, bis er sie wieder unter Kontrolle bekam. Ihm war jetzt nur zu bewusst, dass er keine Motorradkleidung trug.
Er blickte auf und sah Lokis Wagenrudel durch das Haupttor des einstigen Stützpunkts rasen. Merritt warf einen kurzen Blick hinter sich. Zwei Wagen verfolgten ihn und kamen rasch näher. Er gab Gas, die schiere Beschleunigung riss ihn fast vom Sitz.
Merritt raste eine Gasse zwischen Hangars entlang und drückte die Sprechtaste seines Funkgeräts. «Merritt an Kommandozentrale. Verfolge Loki. Er fährt Richtung … Osten … in einem gepanzerten silbernen BMW. Er hat Geleitschutz von einem Rudel unbemannter Fahrzeuge. Weitere Wagen fahren auf Ihren Standort zu.»
Über Funk kam die Stimme des Majors.
«Agent Merritt, brechen Sie die Verfolgung ab. Wiederhole: Verfolgung sofort abbrechen.»
Merritt tauchte jetzt zwischen den Hangars hervor und sah Lokis Wagenrudel in die Straßen der Stadt hinausrasen und andere Verkehrsteilnehmer aus dem Weg rammen. «Negativ. Dieser Kerl ist eine Gefahr für die Allgemeinheit.»
«Ich wiederhole: Verfolgung abbrechen!»
«Ich bin Ihnen nicht unterstellt, Major! Solange mir das Bureau keine anderslautende Anweisung gibt, hole ich mir diesen Scheißkerl. Ende.»
Er raste zum Tor des Stützpunkts hinaus und landete mit einem Sprung auf der öffentlichen Straße.
Gragg zog die Renngurte fester, als der BMW AutoM8 röhrend durch die Straßen von Oakland schoss.
Das unbemannte Lenkrad drehte sich wild, während der Wagen im Powerslide um eine Ecke zog. AutoM8 flankierten Graggs Wagen auf beiden Seiten und drängten andere Verkehrsteilnehmer beiseite. Seine Eskorte bestand aus einem Dutzend Limousinen. Er sah ihre zufallsgenerierten, alphanumerischen Callouts um sich herum im D-Raum schweben.
Er richtete seine Konzentration voraus – auf die Dutzende weiterer AutoM8, die vom anderen Ende
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