DAEMON
dass es Sobol war?»
Sebeck nickte. «Meiner Meinung nach war es dieselbe Stimme wie auf dem Computervideo heute Morgen, und außerdem hat sie mich unmittelbar vor dem Angriff angerufen.»
Ross mischte sich ein. «Und sonst hat auf dem Gelände kein einziges Funkgerät oder Handy funktioniert.»
Trear dachte darüber nach, was diese Information für den Fall bedeuten konnte. Je länger er überlegte, desto ernster wirkte er. Er sah Decker an. «Wir haben doch den Strom zum Haus abgestellt?»
Decker nickte langsam. «Ja, aber das Akustikteam sagt, in einem Nebengebäude läuft ein Motor. Vermutlich ein Generator.»
«Verdammt. Wir müssen so schnell wie möglich in dieses Haus.»
Ross schob sich an Sebeck vorbei und baute sich vor Trear auf. «Sie haben doch nicht vor, sich den Forderungen des Daemon zu widersetzen?»
«Widersetzen?» Er zeigte auf Ross, sah aber Decker an. «Zu wem gehört er?»
Decker betastete vorsichtig seinen Kopfverband. «Das ist Jon Ross. Der Consultant von Alcyone-Versicherungen, den wir zur Befragung mitgenommen hatten.»
«Er hat den Daemon entdeckt», ergänzte Sebeck.
«Nein, habe ich nicht.» Ross wandte sich an Trear. «Hören Sie, stürmen Sie das Haus auf keinen Fall.»
«Sobol hat hier nicht das Kommando, Mr. Ross. Er kann fordern, was er will, es wird meine Pläne nicht im Mindesten beeinflussen.»
«Agent Trear, ich halte das für eine weitere Falle.»
Trear verdrehte die Augen. «Was Sie nicht sagen. Das ganze Haus ist eine einzige Falle.» Er sah Sebeck an. «Detective, bitte bringen Sie Mr. Ross hinaus.»
Ross gab nicht auf. «Ich glaube einfach nicht, dass sich im Haus irgendeine Art von wichtiger Information befindet. Es wäre – unter technologischen Gesichtspunkten – für Sobol nicht sinnvoll gewesen, seine Pläne dort zu speichern.»
«Niemand hier unterstellt Mr. Sobol sinnvolles Handeln, Mr. Ross.»
«Ich glaube, dass dieses Ereignis nur dazu gedacht war, der Welt das Erscheinen des Daemon zu verkünden und die Bühne für etwas zu bereiten, was noch kommt. Hier ist nichts weiter zu holen.»
Trear ließ das einen Moment auf sich wirken. «Wie kommen Sie darauf?»
«Weil Sobol so denkt.»
«Woher wissen Sie das? Sie sind doch kein Psychologe.»
«Ich habe Sobols Spiele gespielt. Ausgiebig. Seine KI ist deshalb so erfolgreich, weil sie die Spieler nicht antizipiert – sie
manipuliert
sie.»
Das wischte Trear immerhin nicht sofort weg.
Agent Straub, der in der Nähe saß, sah auf die Uhr. «Das Pressebriefing hätte vor vier Minuten anfangen sollen, Sir.»
Trear sah wieder Ross an. «Warum sollte ich Sie ernst nehmen, Mr. Ross? Sie sind ein fahrender Computer-Consultant, der nicht mal einen festen Wohnsitz hat – und Sie spielen Computerspiele. Qualifiziert Sie das dafür, Matthew Sobols Beweggründe zu sezieren?»
Ross fiel nicht gleich eine Antwort ein. So formuliert, klang es selbst für ihn nicht sonderlich überzeugend.
Trear fuhr fort: «Ich weiß es zu schätzen, dass Sie uns helfen wollen. Aber was Sie hier sehen, ist nicht alles, was wir tun. Sobol war vor seinem Tod fast ein Jahr in psychiatrischer Obhut. Während wir reden, sind Kriminalpsychologen dabei, sich mit seinen Ärzten zu beraten und ein paar tausend Seiten medizinische Unterlagen zu lesen – um ein Profil seiner Beweggründe im Verlauf seiner Krankheit zu erstellen. Seiner Ziele. Seiner Ängste. Diese Vorgehensweise haben wir in zahlreichen Fällen mit großem Erfolg angewandt – und meistens mit wesentlich weniger Ausgangsdaten. Deshalb glaube ich doch, dass wir sehr viel mehr über Sobols Beweggründe wissen als Sie.»
Er wartete kurz ab und sagte dann: «Wir haben es hier mit einer sehr ernsten Situation zu tun. Sechs Männer sind heute ums Leben gekommen – Männer, die Frauen und Kinder hinterlassen. Leute, die Detective Sebeck, Agent Decker und ich kannten. Andere wurden verletzt und verstümmelt. Das ist kein Spiel. Wenn wir von falschen Spekulationen ausgehen, könnten noch viel mehr Menschen ums Leben kommen – und nicht nur hier.»
Sebeck schaltete sich wieder ein. «Agent Trear, ich habe Jon bei der Arbeit erlebt. Er hat mir erklärt, wie Sobol dort im Canyon Pavlos umgebracht hat, und er hat den Daemon bei Alcyone ausgeschaltet, wo er das erste Mal in Erscheinung trat. Ohne ihn wäre die Situation vielleicht noch viel schlimmer. Ich finde, jemand von den I T-Leuten sollte sich anhören, was er zu sagen hat.»
Trear nickte
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