DAEMON
beugte sich wieder zu Sebeck herab. «Drinnen haben die Feds die Regie.»
Sebeck nickte und bedeutete Ross mit einer Handbewegung weiterzufahren.
Sie betraten das Bestattungsinstitut durch den Hintereingang. Nach einer kurzen Diskussion mit den Feds an der Tür setzte sich einer der Agenten in Bewegung, um sie in den Andachtsraum zu führen.
In den rückwärtigen Gängen des Gebäudes sprang sie der scharfe Geruch von Einbalsamierungschemikalien und Reinigungsmittelnan. In Büroräumen waren Männer und Frauen in Anzügen damit beschäftigt, Akten und Computer einzusehen und einen Mann im Laborkittel zu befragen, der wohl ein Leichenbestatter war.
Schließlich gelangten sie durch eine automatische Doppeltür in eine feierliche Eingangshalle mit Marmorfliesen. Getragene Musik drang ihnen entgegen, und eine weitere Tür erwies sich als Seiteneingang eines kirchenartigen Raums mit Rednerpult, Bankreihen, Bergen von Blumen und einem Podest, wo ein Bronzesarg auf einem mit weißem Satin verhängten Katafalk stand. Der Deckel des Aufbahrungssargs war zweigeteilt, und der obere Teil war geöffnet.
Jeder hier wirkte wie ein FB I-Agent – einschließlich des Dutzends Leute, die in den vordersten der ansonsten so gut wie leeren Bankreihen saßen. Ein Polizeifotograf dokumentierte den Raum aus allen erdenklichen Winkeln – obwohl nicht recht klar war, welches Verbrechen hier gerade begangen wurde. Anscheinend wollten die Feds nicht erst warten.
Ross deutete zum Sarg hin. «Da liegt der Teufel höchstpersönlich.»
Der FB I-Agent , der sie hergebracht hatte, entschuldigte sich, um wieder auf seinen Posten zu gehen, und Sebeck und Ross blieben mehr oder minder allein im Seiteneingang zurück. In die sonoren Klänge der Trauermusikberieselung mischte sich das Krächzen von Sprechfunkgeräten.
Sebeck sah sich im Raum um. Alles war aufdringlich unaufdringlich. Wandbehänge mit Heilssymbolik zwischen nichtssagenden Buntglasfenstern. In einer Nische an der Stirnwand eine stilisierte Jesusstatue. Die Figur war auf Moderne-Kunst-Art erodiert, um sie theologisch neutral zu halten, und bestand offenbar aus irgendeinem Kunstharz-Steinimitat – ein Material, das bis zur Wiederkunft des Herrnhalten würde. Sie hatte die Arme ausgebreitet wie ein Verkehrspolizist, der eine Kreuzung abriegelt, aber mit weiten, herabhängenden Ärmeln.
Nichts in diesem Raum vermittelte ein Gefühl von Geschichtlichkeit oder Dauer. Der Boden klackte unter den Schritten – Sebeck kam sich vor wie im Nebenraum einer Bibliothek. Es war alles so steril und kalt, bis auf die Massen von Blumen – allesamt weiße Lilien –, die auf die ungestellte Frage antworteten: Wie viele Blumen kann man auf dieses Podium quetschen? Genau so viele.
Auf einer Staffelei links des Sargs stand ein auf Styropor aufgezogenes, postergroßes Foto von Matthew Sobol in jüngeren und gesünderen Tagen. Er sah aus wie ein Buchhalter oder Versicherungsmakler. Sein Haar war kurz und mattbraun. Er lächelte freundlich, als ahnte er nicht, dass er einmal fünfzehn Menschen töten würde – die meisten davon Polizeibeamte.
Eine ewige Flamme, die verächtlich gelöscht oder gar nicht erst entzündet worden war, stand neben der Staffelei auf einem schmucklosen Tischchen. Offensichtlich hatten die Polizeibehörden Sobol eine andere Sorte ewiger Flammen zugedacht.
Im Raum verteilten sich Zweier- und Dreiergrüppchen von Leuten, die wie FB I-Agenten aussahen. Sebeck war sich sicher, dass sie alle gerade darüber nachdachten, wie man eine Aufbahrung für illegal erklären konnte. Sebeck selbst hätte Sobols Leichnam jedenfalls am liebsten durch einen Häcksler gejagt.
Ross tippte ihm auf die Schulter. «Ich möchte ihn sehen.»
Sebeck nickte, und beide gingen zwischen den Bänken hindurch und nach vorn. Alle Blicke wandten sich ihnen zu. Zwar wurden ihre Schritte durch Läufer gedämpft, aber in der Stille des Raums wirkten sie dennoch dröhnend laut. Rossnickte im Vorbeigehen humorlos aussehenden Männern zu, doch die starrten nur zurück.
Als sie die Stufen des Podestes langsam hinaufstiegen, wurden Sobols sterbliche Überreste im Sarg sichtbar.
Sebeck war voller Hass hierhergekommen. Er verabscheute dieses kranke Monstrum, das Deputy Larson getötet hatte. Auf seine Reaktion beim Anblick des Leichnams war er überhaupt nicht gefasst.
Sobol war praktisch schon ein Skelett, entsetzlich abgezehrt durch die Krankheit. Eine riesige Narbe zog sich über die linke Seite
Weitere Kostenlose Bücher