DAEMON
Art, mit der die Südseeinsulaner reagierten, wenn sie mitbekamen, was für ein Irrenhaus die Welt jenseits der Südsee war. «Die Toten bestrafen die Lebenden, eh?»
Anderson fühlte einen seltsamen Stolz in sich aufsteigen.
Das ist mein Boss, Junge.
Aber warum hatte sie der Daemon deswegen angerufen? Irgendwas war im Busch, und es hatte mit Tremark Holdings Incorporated zu tun. Da war sie sich ganz sicher. Und sie war froh, dass sie sich nicht den Kopf darüber zerbrechen musste – da ihr der Daemon sowohl die rätselhaften Andeutungen als auch die Antworten lieferte, wann immer er es für richtig hielt.
«Darf ich mich zu Ihnen setzen?»
Anderson blickte verdutzt auf. Neben ihr stand ein gutaussehender Amerikaner mit kantigem Kinn. Er trug ein Hawaiihemd und Khakihosen und war etwa Mitte dreißig, aber schlank, breitschultrig und auf männlich-raue Art attraktiv, sodass Anderson im Geist eine Kette gebrochener Frauenherzen von Minnesota bis Sumatra reichen sah. Er hatte das coole, selbstsichere Auftreten des Erfolgsgewohnten.
Anderson reagierte ebenso cool. «Sehen Sie nicht, dass ich gerade die Börsennachrichten verfolge?»
Er schwang sich auf den Barhocker neben ihr. «Dafür gibt es bequemer gelegene Orte als Nauru. Also, was führt Sie ausgerechnet hierher?»
«Der ausgeprägte Wunsch, allein zu sein.»
Er lachte, beugte sich dann zu ihr und sagte leise: «Oder besser: Was sucht Anji Anderson, vormals bei KTLZ-TV, hier in Nauru?» Er legte einen FB I-Ausweis vor ihr auf die Bar.
Im ersten Moment weitete Panik ihre Augen. Sie musste es ihm sagen. Aber was hieße das? Der Daemon sorgte für sie. Er war nicht ihr Feind. Sie war auf einem erfolgversprechenden Weg. Den Daemon zu verraten konnte alles kaputt machen.
Sie bekam sich wieder in den Griff. Der Daemon hatte sie hierhergeschickt, und er wusste alles. «Ich hätte gleich draufkommen können, dass Sie ein Schlapphut sind.»
Er nahm seinen Ausweis wieder an sich, fasste sie an der Hand und zog sie zu einer roten Kunstledersitznische in der Ecke des leeren Barraums. Er war ein Mann der Tat. Pseudoromantische Szenen aus einem Dutzend Kabel-Softpornos kamen ihr in den Sinn. Sie versuchte sich auf die reale Situation zu konzentrieren.
«Oto, noch einen Drink für die Dame.»
Oto nickte und machte sich ans Werk.
Der FB I-Agent schob sich in die Sitznische und zog sie neben sich. Sie bemerkte die Beule eines Pistolenhalfters in seiner Hüftgegend, als er über die Bank rutschte. Er lächelte und streckte ihr die Hand hin. «Sie können Barry zu mir sagen.»
Sie drückte die Hand misstrauisch. «Okay,
Barry
, was soll das alles?»
«Ich möchte Antworten.»
«Worauf denn zum Beispiel?»
«Warum treibt sich eine Lifestyle-Reporterin, die kürzlich in San Francisco von ihrem Sender entlassen wurde, im entlegenen Nauru herum und stellt Fragen nach Tremark Holdings Incorporated?»
«Warum treibt sich ein kerniger Bursche aus dem Mittelwesten in einer Gegend herum, wo es weit und breit keinen Burger King gibt?»
«Ich habe zuerst gefragt.»
Sie gab sich kokett-verschämt. «Na gut. Ich versuche, einen Einstieg als investigative Journalistin zu finden. Ich bin es leid, die Stewardess der Abendnachrichten zu sein.»
«Keine Antwort.»
«Sie meinen, warum ich so daran interessiert bin, die Namen der führenden Leute von Tremark Holdings herauszubekommen?»
«Ja. Genau das meine ich. Sie wissen doch sicher, dass jemand,der hier Fragen stellt, gute Chancen hat, spurlos zu verschwinden.»
«Warum stellen Sie dann so viele Fragen?»
Er zeigte mit dem Finger auf sie und lachte dröhnend. «Ich glaube, Sie gefallen mir, Anji. Helfen Sie mir jetzt?»
«Wie denn?»
«Welcher Zusammenhang besteht zwischen Tremark Holdings und dem Daemon?»
«Wie kommen Sie drauf, dass da irgendein Zusammenhang besteht?»
«Weil Matthew Sobol am Tag seines Todes Geld an Tremark Holdings überwiesen hat.»
Es kam so unerwartet, dass eine Welle von Gänsehaut über ihren Körper lief. Gott, das war wirklich spaßig. Diese Überraschung hätte sie gar nicht mimen können. «Ach? Das erklärt einiges.»
«Wie haben Sie von Tremark Holdings Wind bekommen?»
«Sagen wir einfach, ich habe meine Quellen.»
«Sind das die Quellen, die auch Ihren Trip finanzieren? Die Quellen, die dafür sorgen, dass Sie Ihre Satellitenhandygespräche verschlüsseln können?»
«Oh, bitte,
Barry
.» Sie betonte den Namen verächtlich. «Seien Sie nicht kindisch. Spionage ist nicht der
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