DAEMON
klappte sein Handy zusammen und starrte noch kurz auf Sobols Leichnam. Dann sagte er laut: «Agent Philips.»
Philips und Ross verstummten.
Sebeck drehte sich zu ihnen um. «Dieser Anruf gerade eben – das war Sobol.»
Ross und Philips starrten ihn an. Jetzt hatte er ihre Aufmerksamkeit.
«Warum haben Sie nichts gesagt?»
«Weil ich genau
zugehört
habe.»
«Was hat er gesagt?» Philips winkte dem Major, der sofort angespurtet kam. Mit einem Satz war er auf dem Podest. Alle drei drängten sich um Sebeck.
«Er hat genau
so
geklungen», sagte Sebeck und zeigte auf den Leichnam. «Keuchend und nicht mehr ganz kohärent. Er hat mir ein paarmal gesagt, ich müsse sterben. Es sei
unumgänglich
, dass ich sterbe.»
«Was hat er noch gesagt? Versuchen Sie, sich zu erinnern, wortwörtlich.»
Sebeck dachte nach. «Er hat gesagt, ich müsse den Daemon ‹anrufen›. Ich müsse ihn ‹annehmen›. Er hat gesagt, ich müsse in den letzten Monaten vor meinem Tod direkt mit ihm sprechen. Aber sterben müsse ich auf jeden Fall.»
Philips machte ein düsteres Gesicht.
Sebeck versuchte herauszufinden, was er von alldem halten sollte. «Sie meinen, das ist mehr als ein Psychospielchen?»
Sie wandte sich an den Major. «Stellen Sie fest, ob die Abhörmaßnahme für Detective Sebecks Telefone und Computer durch ist. Wenn nicht, machen Sie Dampf.»
Der Major nickte und rannte sofort los, den Mittelgang entlang und geräuschvoll zur Haupttür hinaus.
Sebeck sah ihm nach und sagte dann zu Philips: «Sie glauben, Sobol ruft wieder an?»
«Möglich. Wahrscheinlich versucht er, Sie zu manipulieren.»
«Er will jedenfalls irgendwas von mir.»
Philips starrte ihn an. «Gehen Sie nicht darauf ein. Und wir werden dafür sorgen, dass die Presse weder mit Ihnen noch mit irgendeinem Mitglied Ihrer Familie Kontakt aufnimmt.»
Ross zog die Augenbrauen hoch. «Um zu verhindern, dass er unwillentlich ein neues Daemon-Ereignis auslöst?»
«Genau. Es steht außer Frage, dass der Daemon die Nachrichten liest. Wir tun also gut daran, Sie nicht in die Schlagzeilen kommen zu lassen.»
«Sie stellen mich unter Quarantäne?»
«Nur für ein Weilchen. Zumindest, bis wir Sobols Kommunikationsabläufe zuverlässig überwachen können. In diesem Punkt werden Sie uns sehr nützlich sein, Sergeant.»
Zwei Agenten in Anzügen kamen die Stufen des Podiumsheraufgesprintet. Einer flüsterte Philips etwas ins Ohr. Sie schien kurz geschockt, fasste sich aber gleich wieder. Sie sah Sebeck und Ross an. «Ich muss los. Sobol hat wieder etwas vor.» Die Agenten und sie eilten die Stufen hinunter. Weitere Männer in dunklen Anzügen liefen hastig aus entlegenen Ecken des Andachtsraums herbei, um sich ihnen anzuschließen.
Ross rief ihr nach: «Brauchen Sie immer noch einen Führer, Agent Philips?»
Sie rief, ohne sich umzudrehen: «Ich melde mich demnächst bei Ihnen!» Der ganze Trupp polterte zur Haupttür hinaus.
Ross deutete auf die zuschwingende Tür. «Mathematikpromotion in Stanford und Kryptologieausbildung in Fort Meade. Diese Frau ist eine Intelligenzbestie. Ich glaube, ich bin verliebt.»
Sebeck gluckste in sich hinein.
«Was ist?»
«Dann viel Glück.» Er ging ebenfalls zum Hauptausgang.
21 Hotel Menon
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Von: Matthew Andrew Sobol
Betr.: Backdoor in Ego-K I-Engine
Die in über einem Dutzend weltweit erfolgreicher Computerspiele verwendete K I-Engine wurde mit einem Sicherheitsloch versehen, die in jedem Computer, auf dem das Spiel läuft, eine Backdoor öffnet. Durch diese Backdoor kann ich die vollständige Kontrolle über die betroffenen Computer übernehmen, Daten abgreifen sowie Logins und Passwörter in Erfahrung bringen.
Die Republik Nauru war die kleinste und entlegenste Republik der Welt. Ein Häufchen Korallenablagerungen im Südpazifik, zehn Kilometer lang, fünf Kilometer breit und von der landschaftlichen Vielfalt eines Fußballplatzes. Nauru war letztlich eine Phosphatmine, die der UNO eingeredet hatte, dass sie ein Staat war.
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