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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Alter. Beide Kinder waren in der steifen Ganzkörperpose dargestellt, die heutzutage weit verbreitet war.
    Sie fragte sich, wie der König und die Königin ihre Kinder dazu gebracht hatten, so lange still zu halten, dass der Künstler sie malen konnte. Sie erinnerte sich noch gut an die Mühe, die Danielle und Armand sich gegeben hatten. Am Ende hatte Danielle einfach eine Schneiderpuppe in Jakobs Kleider gesteckt; Gesicht und Hände des Prinzen hatte der Künstler später hinzugefügt.
    Dann kam Danielle heraus, indem sie durch eine Öffnung in der Wand taumelte, die genauso schnell wieder verschwand, wie sie erschienen war. Sie umklammerte mit beiden Händen ihr Schwert und führte einen Abwärtsschlag gegen einen imaginären Feind. Die Spitze hinterließ eine Kerbe im Boden.
    Blitzschnell war Talia bei ihr, packte sie beim Handgelenk und entwand ihr die Klinge.
    »Tut mir leid«, sagte Danielle. Sie ging in die Hocke und fuhr mit dem Finger über die Beschädigung in der Holzplatte. »Mit Glaspapier dürfte man die Stelle glätten können, aber die Platte muss neu gebeizt werden.« Das Zittern ihrer Hände strafte die Gelassenheit ihrer Worte Lügen.
    Langsam und mit Bedacht stellte Talia Danielles Schwert mit der Spitze auf den Boden und stützte sich aufs Heft.
    »Wir sind hier Gäste«, rief Danielle ihr in Erinnerung.
    »›Gäste‹ empfängt man nicht mit Visionen von …« Talia schluckte, dann gab sie Danielle das Schwert zurück. »Bist du in Ordnung?«
    »Wir waren daheim im Palast«, erzählte Danielle. »Jakob spielte eins seiner Versteckspiele. Armand und Schnee waren beide da, Beatrice auch, glaube ich. Aber wir konnten ihn nicht finden.«
    »Der König wird bald hier sein«, sagte Gerta. »Ich kann fühlen, wie er mich studiert.« Sie zeigte auf die gebeizte Holzleiste entlang der Wände, die wie eine kompliziert geschnitzte Fußleiste aussah, nur in Brusthöhe. »Diese Leiste hier läuft lückenlos durch den ganzen Palast und gestattet dem König und der Königin magischen Zutritt zu jedem Zimmer. Meine Mutter ließ sie anfertigen, um Gäste und Bedienstete besser ausspionieren zu können.«
    Sie wirkte ruhig, fast gelangweilt, sodass Talia sich fragte, was sie wohl gesehen haben mochte, als sie den Raum betreten hatte.
    »Ich rannte«, beantwortete Gerta Talias unausgesprochene Frage. »Ich konnte nicht sehen, ob es Schnee war, die mich jagte, oder jemand anderes, aber dann erkannte ich die Traummagie.«
    »Was hast du gemacht?«, fragte Talia.
    Gerta lächelte, aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. »Ich hörte auf zu spielen.«
    Die Tür ging auf, und ein Mann Ende zwanzig kam herein. »Sie hat versucht, mich in ihren Traum hineinzuziehen.«
    »König Laurence.« Danielles Nicken fiel um einiges nachlässiger aus als die übliche formelle Begrüßung unter Adligen, aber der König schien es nicht zu bemerken.
    Er war ein stämmiger Mann mit blasser Haut und pechschwarzem Haar, das zu vollkommen war, um natürlichen Ursprungs zu sein. Eine goldene Schärpe kreuzte seine formelle, oberschenkellange weiße Jacke; glänzende schwarze Stiefel reichten ihm bis zur Mitte der Schienbeine. Er trug ein Zepter, einen goldenen Stab, etwas kürzer als ein Spazierstock, am oberen Ende mit einem schlichten Goldring versehen. Die Sprache Lorindars sprach er mit nur kaum merklichem Akzent. »Willkommen in Allesandria, Prinzessin Whiteshore. Ich hoffe, Ihr vergebt mir das Eindringen in Euern Verstand.«
    »Das würde ich an deiner Stelle auch hoffen«, murmelte Talia.
    Danielle warf ihr einen warnenden Blick zu. »Und ich hoffe zuversichtlich, Ihr habt genug gesehen zur Bestätigung unserer Identitäten, Euer Majestät.«
    »Das habe ich gesehen und mehr.« Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Gerta. »Forssel hat von Euren Handlungen an der Mauer berichtet. Zusammen mit Eurem Versuch, meinen Traumzauber zu stören …«
    »Versuch?«, wiederholte Gerta.
    Der König wirkte müde, aber sein gequältes Lächeln erinnerte Talia ein bisschen an Schnee. »Es passiert nicht jeden Tag, dass eine Base, die ich noch nie gesehen habe, den Palast betritt, begleitet von der Prinzessin von Lorindar und der Lady von der Roten Kapuze.«
    »Talia ist nicht …«, setzte Danielle an.
    »Hier, um jemanden zu töten«, beendete Talia. Wenn er glauben wollte, dass sie eine legendäre Attentäterin war – wer war sie, mit einem König zu diskutieren? Laurence hatte sich zweifellos vorbereitet, als wäre sie die Lady von der

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