Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
fing an zu widersprechen. »Die Königin! Meine Kinder …«
»Sind fort«, sagte Danielle. »Zusammen mit dem, was Rose Curtana zurückgelassen hat, um diesen Dämon zu kontrollieren. Habt Ihr gesehen, wie das Feuer und die Blitze auf einen speziellen Teil des Palasts konzentriert wurden? Von dem Geheimnis ist inzwischen wahrscheinlich nichts mehr als Asche übrig.«
Talia wusste, wie der König sich fühlen musste. Sie selbst hatte schon zweimal vor Schnee den Rückzug angetreten; als Ergebnis dessen war Prinz Jakob entführt worden beziehungsweise geblieben. Jetzt hatte Schnee Königin Odelia und die Macht, Allesandria zu erobern. »Ihr könnt Eure Nation nicht beschützen, wenn dieser Dämon Euch versklavt.«
Laurence wandte sich zu den Trümmern hin. Talia konnte die Gedanken sehen, die ihm durch den Kopf gingen. Die Treppe war nicht völlig unpassierbar; der Kampflärm würde die Geräusche ihres Herannahens übertönen. Wenn sie die Königin überrumpeln könnten, hätten sie vielleicht eine Chance. »Ermillina hat meine Frau«, sagte er. »Meine Kinder …«
»Sind bei ihr«, sagte Talia. »Ich rieche sie. Es ist zu spät.«
Laurence straffte sich. Er klopfte mit dem Zepter an die Wand und schloss die Augen, während seine Lippen sich stumm bewegten. »Ich habe befohlen, dass alle, die dazu in der Lage sind, den Palast verlassen.«
»Und was dann?« Gerta starrte auf die Tür. »Jetzt, wo die Geheimnisse meiner Mutter vernichtet sind …«
Sie hatten keine Möglichkeit, den Dämon aufzuhalten. Keine Möglichkeit, Schnee zu retten. »Zuerst kümmern wir uns darum, hier rauszukommen!«, sagte Talia.
»Und dann?«, wiederholte Gerta.
Niemand gab ihr eine Antwort.
Kapitel 15
König Laurence führte sie zu einem geheimen Durchgang, der in einen kleinen, kreisförmigen Garten voller Marmorobelisken mündete. Danielle schätzte ihre Anzahl auf annähernd hundert. Die umgrenzenden Mauern hatten keine Fenster und keine Türen, mit Ausnahme der einen, durch die sie gekommen waren, und waren so hoch, dass sie den Kampflärm dämpften.
Talia blickte finster drein. »Wenn ich nicht im Kreis herumgedreht worden bin, müssten wir im Nordteil des Palasts sein.«
»Das sind wir auch.« Laurence stieß das Zepter in die von Asche verstaubte Erde; das obere Ende flammte auf wie eine Laterne mit zu viel Docht. Er zeigte auf die neu entstandenen Schatten der Obelisken an der Wand. »Dieser Garten ist verborgen, teils durch Architektur und teils durch Magie. Die Schatten werden eine Tür bilden. Der Zauber wurde ersonnen, um dem König und seiner Familie die Flucht aus dem Palast zu ermöglichen.«
Danielle näherte sich einem der Obelisken. Jeder unterschied sich ein bisschen vom nächsten. Dieser hier war schwarz wie Tinte und seine sechs Seiten glatt geschliffen wie Glas. Grüne Flecken funkelten im Stein. »Was stellen sie dar?«
»Denkmäler für die Toten.« Gerta stand vor einem kleineren Obelisken, der rund und mit Gold besetzt war. Sie presste eine Hand auf die Oberfläche. »Das hier ist der meiner Mutter. Ihre Asche ist in den Stein eingearbeitet. Warum hat man ihr hier ein Denkmal gesetzt?«
»Sie war Königin von Allesandria«, sagte Laurence.
»Sie war böse.«
Er neigte zustimmend den Kopf. »Sollen wir deshalb so tun, als hätte sie nie existiert?«
»Diskutiert das später!«, fuhr Talia sie an. »Vollendet den Zauber!«
»Das Portal ist fast fertig.« Laurence stand der Schweiß auf der Stirn. Das Licht war jetzt heller. Zwei der Schatten waren schärfer umrissen als der Rest und formten die Seiten einer Tür. Er veränderte die Stellung des Zepters, bis die Spitzen der Schatten die nächste Backsteinreihe berührten. Der Mörtel verdunkelte sich und bildete den oberen Rand der Tür. Die Steine darin begannen zu verblassen.
Hinter ihnen schwang die Tür auf. Danielle zog das Schwert und ging hinter einem der Obelisken in Deckung. Talia stellte sich vor Gerta.
Die Wachen, die den König begleitet hatten, setzten sich in Bewegung, um den Eingang zu versperren. Feuer schoss über ihre Köpfe hinweg, klatschte an den Fuß der Mauer und zerstörte die Schatten von Laurences Zauber. Seine wütenden Worte verstand Danielle zwar nicht, aber sie konnte ihre Bedeutung seinem Tonfall entnehmen. Er riss das Zepter hoch und drehte sich um, um den Angreifern die Stirn zu bieten.
In der Tür stand Königin Odelia, flankiert von Sturmkrähen. Danielle sah noch mehr, die sich hinter ihr drängten und denen
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