Daemon von Karanda
entgegnete Feldegast. »Meine Neugier ist geweckt, und ich hätte es gar nicht gern, sie ungestillt zu lassen.«
Er blickte durch die Bibliothek auf den immer noch vor Wut kochenden Belgarath. »Außerdem wird es noch eine Weile dauern, bis unser ehrwürdiger alter Freund seine Fassung wiedergefunden hat. Ich glaube, ich werde schon mal zu den vorderen Räumen gehen und sehen, ob ich ein Fleckchen finde, wo man nach unten sehen kann – nur um mir einige der brennenden Fragen zu beantworten, die mich quälen.« Er trat an den Tisch und zündete eine der Kerzen an. »Wollt Ihr mitkommen, Fürst Kheldar?«
Silk zuckte die Schultern. »Warum nicht?«
»Ich komme auch mit«, erklärte Garion. Er reichte Polgara das Buch und blickte betont auf den wütenden Belgarath. »Wird er irgendwann einmal damit aufhören?«
»Ich werde mit ihm reden, Liebes. Bleibt nicht zu lange.«
Er nickte, dann verließen er, Silk und der Jongleur leise die Bibliothek.
Am hinteren Ende des Korridors befand sich ein Raum mit Regalen an den Wänden. Garion nahm an, daß er früher einmal als Vorrats- oder Wä-
schekammer gedient hatte. Feldegast blickte blinzelnd auf den blätterbe-streuten Boden, dann schloß er seine Laterne.
Das Laub hatte sich in den Ecken zu Haufen gesammelt und lag auch entlang der Wände hoch, trotzdem schimmerte es in der plötzlichen Dunkelheit durch die Blätter, und von unten war Stimmengemurmel zu hören.
»Mein zorniger alter Freund hat offensichtlich recht«, wisperte Feldegast. »Hat ganz den Anschein, als wäre der Mörtel entlang der Wand dort völlig weggebröckelt. Wenn wir das Laub zur Seite fegen, finden wir bestimmt ein paar gute Gucklöcher. Sehen wir nach, damit wir wissen, wer sich hier im Haus Toraks einquartiert hat.«
Garion hatte plötzlich das seltsame Gefühl, etwas wiederzuerleben, was vor langer Zeit passiert war. Es war in König Anhegs Palast in Val Alorn gewesen. Er hatte den Mann im grünen Umhang durch die verlassenen oberen Gänge verfolgt, bis sie zu einer Stelle gekommen waren, wo zerbröckelter Mörtel zugelassen hatte, daß von unten Stimmen hinauf drangen. Da erinnerte er sich an noch etwas. Hatte Belgarath in Tol Honeth nicht gesagt, daß sich die meisten Dinge, die sich zugetragen hatten, während sie Zedar und das Auge verfolgten, wahrscheinlich auf ähnliche Weise wiederholen würden, da alles zu einer weiteren Begegnung des Kindes des Lichtes mit dem Kind der Finsternis führte? Er versuchte dieses Gefühl abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht.
Vorsichtig entfernten sie die Blätter von dem Spalt entlang der Wand und achteten darauf, daß keine in den Raum darunter fielen. Dann suchte sich jeder eine günstige Stelle aus, um zu lauschen und zu beobachten.
Der Raum, in den sie sehen konnten, war sehr groß. Zerfallende Vorhänge waren vor die Fenster gezogen, und in den Ecken hatten Spinnen ihre Netze gewebt. Rauchende Fackeln hingen in Ringen an den Wänden, und den Boden bedeckten Staub und Schmutz von Jahrhunderten.
Schwarzgewandete Grolims, ein paar Karandeser in grober Kleidung und eine große Zahl Tempelwachen in glänzender Rüstung füllten den Saal.
Beim Eingang, gesammelt wie eine Abteilung Soldaten, saß ein Rudel der großen schwarzen Hunde von Torak erwartungsvoll auf ihren Hinterläufen. Vor den Hunden erhob sich ein schwarzer Altar, neben dem zu beiden Seiten ein glühendes Kohlebecken stand. Auf einem hohen Podest, das an die Wand anschloß, befand sich ein goldener Thron, dahinter hingen schwere schwarze Vorhänge in Fetzen herunter, und ein riesiges Abbild von Toraks Gesicht schaute von der Wand.
»Das war Brandgesichts Thronsaal, wißt Ihr?« wisperte Feldegast.
»Das da unten sind wohl die Chandim?« wisperte Garion zurück.
»Eben die – sowohl die in Menschen-, wie in Hundegestalt – mit ihren gerüsteten Helfershelfern. Ich wunder' mich ein bißchen, daß Urvon sich entschloß, mit seinen Hunden hier einzuziehen – obwohl, wenn man's bedenkt, Ashaba im Grund genommen als Hundezwinger ohnehin am besten geeignet ist.«
Aus der Nervosität zu schließen, mit der die Anwesenden immer wieder zum Thron blickten, erwarteten sie offenbar jemanden.
Plötzlich dröhnte ein großer Gong, der in der rauchigen Luft schimmernd zu sehen war.
»Auf die Knie!« befahl eine kräftige Stimme. »Huldigt dem neuen Gott von Angarak!«
»Was?« entfuhr es Silk, glücklicherweise flüsternd.
»Seht zu und seid still!« zischte Feldegast.
Ein Trommelwirbel
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