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Daemon von Karanda

Daemon von Karanda

Titel: Daemon von Karanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Bedauern, »aber da täuschst du dich. Tante Pol hat bestimmt, daß du jede Stunde eine Tasse von diesem Tee trinkst. Und solange sie keine anderen Anweisungen gibt, wirst du das auch tun!«
    »Und wenn ich mich weigere?« sagte sie hitzig.
    »Ich bin größer als du«, erinnerte er sie.
    Ihre Augen weiteten sich erschrocken. »Du würdest mich doch nicht zwingen, ihn zu trinken, oder?«
    Er machte ein betrübtes Gesicht. »Gern würde ich es wahrhaftig nicht tun.«
    »Aber du tätest es?« sagte sie anklagend.
    Er dachte kurz nach, dann antwortete er: »Wahrscheinlich, wenn Tante Pol es so will.«
    Sie funkelte ihn an. »Na gut«, fauchte sie schließlich. »Gib mir den stinkenden Tee.«
    »So schlecht schmeckt er wirklich nicht, Ce'Nedra.«
    »Warum trinkst du ihn dann nicht?«
    »Weil nicht ich krank bin.«
    Daraufhin begann sie, ihm – mit großer Vehemenz und Ausdauer – zu sagen, was sie von dem Tee und ihm hielt und von ihrem Bett und dem Gemach und überhaupt von der ganzen Welt. Viele der Ausdrücke, die sie benutzte, waren sehr anschaulich, ja erschreckend – und einige in Sprachen, die er nicht erkannte.
    »Was in aller Welt soll dieses Geschrei?« erkundigte sich Polgara, die herbeieilte.
    »Ich verabscheue dieses Zeug!« brüllte Ce'Nedra aus voller Lunge, dabei schwenkte sie die Tasse, daß fast der ganze Inhalt überschwappte.
    »Dann würde ich es einfach nicht trinken«, riet Polgara.
    »Garion sagt, wenn ich es nicht trinke, gießt er es mir einfach in den Hals!«
    »Oh, das waren meine gestrigen Anweisungen.« Polgara blickte Garion an. »Habe ich dir denn nicht gesagt, daß es heute andere sind?«
    »Nein«, entgegnete er. »Das hast du nicht.« Er war stolz darauf, daß er es so ruhigen Tones sagen konnte.
    »Tut mir leid, Liebes, dann habe ich es wohl vergessen.«
    »Wann darf ich endlich aufstehen?« fragte Ce'Nedra heftig.
    Polgara blickte sie erstaunt an. »Wann immer du willst. Übrigens bin ich gekommen, um dich zu fragen, ob du nicht mit uns frühstücken möchtest.«
    Ce'Nedra setzte sich im Bett auf. Ihre Augen wirkten hart wie Stein, als sie Garion mit einem eisigen Blick bedachte – und dann streckte sie ihm die Zunge heraus.
    Garion wandte sich an Polgara. »Vielen Dank!«
    »Sei nicht ironisch, Liebes«, murmelte sie. Sie blickte die wütende kleine Königin an. »Ce'Nedra, sagte man dir als Kind nicht, daß jemandem die Zunge herauszustrecken von allerschlechtesten Manieren zeugt?«
    Ce'Nedra lächelte honigsüß. »Aber ja, Lady Polgara, natürlich sagte man mir das. Darum tue ich es auch nur unter besonderen Umständen.«
    »Ich glaube, ich gehe ein bißchen spazieren«, sagte Garion und schloß die Tür hinter sich.
    Ein paar Tage später saß er in einem der Wohngemächer des früheren Frauentrakts, in dem er und seine Gefährten untergebracht waren.
    Es war ein ausgesprochen feminines Gemach mit hellvioletten, weich gepolsterten Möbelstücken und hauchdünnen lila Vorhängen an den breiten Fenstern. Hinter diesen Fenstern lag ein schneebedeckter Garten, ganz eingezäunt von den hohen Flügeln des düsteren murgosischen Hauses.
    Ein molliges Feuer prasselte unter dem Bogen des Kamins, und in der hinteren Ecke des Gemachs war eine künstliche, doch mit echten Farnen und Moos bewachsene Grotte angelegt, in der ein kleiner Brunnen spru-delte. Grübelnd schaute Garion hinaus in den sonnenlosen Mittag, auf einen fahlgrauen Himmel, der weiße Körner verlor, die weder Schnee noch Hagel, sondern irgend etwas dazwischen waren – und plötzlich war ihm klar, daß er Heimweh nach Riva hatte. Es war merkwürdig, daß ihm das ausgerechnet hier, am anderen Ende der Welt bewußt wurde. Immer zuvor hatte er das Wort »Heimweh« mit Faldors Hof verbunden – der großen Stube, dem Hof mit den Stallungen, Durniks Schmiede und all den anderen lieben, gehegten Erinnerungen. Und nun plötzlich sehnte er sich nach dieser sturmgepeitschten Küste, nach der Sicherheit der grimmigen Festung über der düsteren Stadt und den schneebedeckten Bergen, die sich vom dunklen Himmel abhoben.
    Ein zaghaftes Klopfen erklang an der Tür.
    »Ja?« sagte Garion abwesend, ohne sich umzudrehen.
    Schüchtern wurde die Tür geöffnet. »Eure Majestät?« sagte eine verlegene Stimme, die Garion schon einmal gehört hatte.
    Er schaute über die Schulter. Der Mann, dem sie gehörte, war dick und kahlköpfig und trug stumpfes, praktisches Braun, was jedoch nicht verbarg, daß der Stoff teuer war, und die schwere

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