Dämon
gebeugt, und schien auf allen vieren zu laufen wie ein Affe.
Die Gestalt hielt am Rand des Daches inne und drehte sich kurz um. Ein weiterer Pistolenschuss krachte, rotes Mündungsfeuer zuckte durch die Nacht. Jefferson erstarrte und sah, wie die Ereignisse sich vor ihm entwickelten wie in einem Film. Die kleine Gestalt stieß einen durchdringenden, fast klagenden Schrei aus, dann wandte sie sich wieder ab und rannte am Rand des Daches entlang. Als sie am Ende angekommen war, sprang sie, ohne auch nur einen Sekundenbruchteil zu zögern. Sie schien einen Augenblick in der Luft zu schweben, bevor sie außer Sicht verschwand und wie der Regen dem Boden entgegenstürzte. Vier Stockwerke tief.
Von der anderen Seite der großen Klimaanlage ertönte ein kurzes, tiefes Stöhnen. Jemand lag am Boden und bewegte sich leicht, als Jefferson sich näherte.
Es war Brogan.
»O nein!« Jefferson rammte die Beretta ins Schulterhalfter, rannte zu seinem Partner und hockte sich vor ihm auf die Knie. Quer über Brogans Brust verlief ein tiefer Schnitt, von der rechten Schulter bis zur linken unteren Seite des Brustkorbs. Ein weiterer Schnitt verlief über seinen Oberarm und endete kurz unterhalb des Ellbogens. Seine Kleidung war zerfetzt, die Haut darunter blass. Blut aus den Wunden vermischte sich mit dem Regen und bildete eine wässrige rote Flüssigkeit, die über Brogans Bauch lief und sich in seinem Nabel sammelte.
Brogan stöhnte erneut. »Verdammte Scheiße!« Sein Gesicht sah eher zornig aus als schmerzverzerrt – ein gutes Zeichen. Es bedeutete, dass er zu wütend war, um zu sterben. »Ich hatte diesen Wichser, ich schwör’s, ich hatte ihn …« Brogan biss auf die Zähne, und seine Worte kamen abgehackt und atemlos.
Jefferson riss sein Funkgerät hervor und kämpfte einen Augenblick dagegen an, es fallen zu lassen. Das Plastikgehäuse war schlüpfrig vor Nässe. »NH 12 an Basis, wir haben einen verletzten Officer … Lieutenant Brogan. Ich wiederhole, Lieutenant Brogan wurde verletzt. Ich bin auf dem Dach des Reviers! Ende.« Jeffersons Stimme war voller Panik.
»Basis an NH 12, bitte wiederholen Sie Ihre Position. Over.« Das Funkgerät knisterte, und die Stimme des Dispatchers klang flach und blechern aus dem kleinen Lautsprecher.
»Ich bin auf dem Dach des Reviers! Direkt über euch! Lieutenant Brogan wurde verletzt … sieht nach Schnittwunden aus. Over.« Er musste rufen, um das Prasseln des Regens zu übertönen.
Auf der anderen Seite herrschte vorübergehend Schweigen.
Jefferson hielt das Funkgerät ans Ohr und lauschte angestrengt.
»In Ordnung, NH 12, verstanden. Ein Notarzt ist zu Ihnen unterwegs. Over and out.«
Jefferson steckte das Funkgerät ein und beugte sich über seinen Partner, um dessen Wunden zu untersuchen.
Brogan stöhnte erneut und rollte sich auf die Seite. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
»Du sollst dich nicht bewegen.«
Brogan winkte schwach ab. »Ich hab bloß keine Luft mehr, das ist alles. Mir fehlt weiter nichts, keine Bange.«
Langsam stemmte er sich hoch. Sein Hemd war auf der Vorderseite wässrig rot und erinnerte Jefferson an Leichen aus alten Horrorfilmen, die plötzlich wieder zum Leben erwachten.
Langsam schob er sich zum Rand des Daches. Brogan sah, was er vorhatte, und nickte. »Mir fehlt nichts, geh nur!« Er winkte. »Du musst herausfinden, was das gewesen ist!«
Jefferson wandte sich ab und rannte über den Kies zu der Stelle, wo das Ding über die Brüstung gesprungen war. Als er am Rand des Daches angekommen war, blickte er nach unten. Hinter dem Revier lag eine Seitengasse. Jefferson sah Mülltonnen und Abfall vier Stockwerke tiefer, ansonsten war die Gasse leer. Vier Stockwerke, und jemand sprang einfach hinunter und rannte weg?
»NH 12, bitte melden, over.«
»Hier NH 12.«
»Ich verfolge den Flüchtigen zu Fuß. Er ist wahrscheinlich verletzt. Schicken Sie Unterstützung nach hinten in die Seitengasse. Der Flüchtige wurde zuletzt in der Gasse gesehen, die in die St. Mark’s Street führt. Over.«
Das Funkgerät knackte erneut, doch Jefferson hatte es bereits eingesteckt und bewegte sich an der Seite des Daches entlang zur Feuerleiter an der Ecke. Die Leiter war nass und schlüpfrig vom Regen. Jefferson sprang hinunter zum ersten Absatz. Von dort verlief die Treppe im Zickzack nach unten, bis sie drei Meter über dem Boden endete. Die letzte Stufe führte direkt in die Gasse. Ein Ende der Gasse bestand aus einer Ziegelmauer, das andere führte zu
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