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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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senkte die Pistole langsam. Quer über sein Gesicht zog sich ein roter Spritzer. Zu seinen Füßen lag der tote japanische Soldat, ein kleines schwarzes Loch in der Schläfe.
    »Problem gelöst«, sagte Seals ungerührt. »Wenn ihr kämpfen wollt – so wird es gemacht. Ihr tötet. Keine Gewissensbisse, keine Schuldgefühle.«
    Seals atmete tief durch. Er wirkte entspannt und weniger müde als noch kurz zuvor. Eric lief ein Schauer über den Rücken. Seals schien irgendwie … lebendiger. Sein Gesicht wirkte gesünder, seine Augen blickten lebhafter.
    »Wenn du einem Mann das Leben nimmst«, sagte Seals, »wirst du selbst entsprechend stärker, so, als würdest du seine Kraft in dich aufnehmen.«
    Seals wandte sich um, wischte den Lauf seiner Waffe ab und schlenderte davon.

Schweigend setzten sie ihre Patrouille durch den Dschungel fort. Sie entfernten sich von der Lichtung. Noch immer saß ihnen der Schock in den Knochen. Zu viel Grauenhaftes hatten sie gesehen. Eric drehte sich ein letztes Mal nach dem Hügelkamm um, gerade rechtzeitig, um beobachten zu können, wie die vom Feuer geschwächte Konstruktion des Bunkers in sich zusammenfiel und alles unter sich begrub, was noch darin gewesen war. Alabama und Jersey trugen die Bahre mit dem verwundeten Martinez. Er lag auf dem Rücken, stöhnte und fluchte hin und wieder auf Spanisch.
    »Das ist alles nicht richtig«, sagte Reder und drückte noch immer ein Stück Stoff auf seine verletzte Nase. »Wir sollten den Einsatz abbrechen und umkehren.«
    »Ja.« Eric nickte.
    »Ich hab die Toten gesehen. Die Männer auf den Pfählen, meine ich.«
    Eric sah ihn an.
    »Als die anderen damit beschäftigt waren, eine Trage für Martinez zu bauen, ist Seals über den Kamm davonspaziert. Ich bin ihm gefolgt und habe die toten Japaner gesehen, die auf den Pfählen steckten.«
    Eric nickte. »Ich hab sie auch gesehen, genau wie Alabama.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich weiß es nicht. Irgendetwas geht vor. Etwas Schlimmes.«
    »Seals schienen die Toten nichts auszumachen. Willst du wissen, was er getan hat?«
    »Was?«
    »Ich hab ihn beobachtet. Er ist zu den Pfählen gegangen und hat die Toten angestarrt, mit einem ganz merkwürdigen Ausdruck. Als würde er nach etwas zu Essen suchen. Dann strich er mit der Hand über einen der Pfähle, und ich sah, dass er sie nass vor Blut wieder zurückzog. Er stand einfach nur da und hat auf seine Hand gestarrt.«
    »Und dann?«
    »Dann ist er einen der Pfähle raufgeklettert. Er zog sein Messer und schnitt dem Toten auf dem Pfahl etwas aus dem Gesicht. Ich konnte es nicht genau sehen, aber ich weiß, dass er es in seine Tasche gesteckt hat.«
    »Blödsinn.«
    »Kein Blödsinn.« Reder schüttelte den Kopf. »Ich hab es gesehen. Er hat dem Mann etwas aus dem verdammten Gesicht geschnitten und es eingesteckt.«
    Eric schwieg, und so fuhr Reder fort: »Die verschwundenen Männer sind mir egal. Ich will weiter nichts, als wieder nach Hause. Ich will nicht hier sein.«
    Eric nickte zustimmend. Auch er wäre lieber überall gewesen, nur nicht hier.
    Unter den Männern hatte sich die Ruhr ausgebreitet. Eric hatte das Gefühl, als würde es ihm den Darm zerreißen. Ungefähr jede Stunde mussten sie Halt machen, damit die Männer ins Gebüsch verschwinden und sich Erleichterung verschaffen konnten. Ihre Umgebung war voller Leben – Leben, das anderes Leben tötete. Giftige Pflanzen und Insekten, Reptilien, Tiere mit Stacheln und Zähnen, alles war bösartig und wenig Vertrauen erweckend. Zuerst hatte Eric die Verlockung verspürt, die hübschen roten Blumen zu pflücken, die hier und da am Rande des Pfades wuchsen. Inzwischen kam ihm der Gedanke beinahe absurd vor. Ein Skorpion konnte sich zwischen den Blättern verstecken, oder die Bewegung stachelte einen Schwarm Wespen zum Angriff an, oder schlimmer noch, vielleicht war die Pflanze giftig, und ihre Toxine drangen langsam durch die Haut, bis eine Stunde später die Nerven allmählich versagten.
    Die Männer rasteten am frühen Nachmittag, während der heißesten Stunden des Tages. Sie saßen auf dem Boden, den Rücken an Bäume gelehnt, die Rucksäcke vor sich. Dankbar stellten Alabama und Jersey die Trage ab und rieben sich die wunden Finger und die geschwollenen Handgelenke. Eric legte den Kopf in den Nacken und blickte hinauf in das Gewirr aus Pflanzen und Blättern. Er folgte den braunen Baumstämmen vom Boden in die Höhe, wo sie hoch über dem Erdboden in einem Gewirr aus Grün zu

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