Daemonen kuesst man nicht
schnittiger schwarzer Mercedes fuhr mit aufheulendem Motor in die kreisförmige Auffahrt des Paradise Hotel. Er hielt den Wagen an und wartete, bis ich ausgestiegen war. Ich erschauderte, als die kühle Wüstenluft an meine Haut drang. Kaum hatte ich die Wagentür zugeschlagen, brauste er in die Nacht davon.
Die Lichter vom Strip spiegelten sich in den getönten Scheiben des X30 wider, ohne den Fahrer im Inneren zu berühren. Max verschwand in dem endlosen Verkehrsstrom auf der Las Vegas Avenue. Er hatte sich nie als Gentleman ausgegeben – er war ein Soldat inmitten eines großen Kriegs. Und jetzt war ich auch darin verwickelt.
Ein aufgeschreckter Hotelpage kam herbeigeeilt, um mich zu begrüßen. »Alles in Ordnung, Miss?«
Das war wohl eine Umschreibung für Sie sehen aus, als kämen Sie direkt aus der Hölle. Sehr passend, da ich tatsächlich am Abend einen flüchtigen Blick hineingeworfen hatte. Ich strich mein Kleid glatt, das von der Begegnung mit dem Dämon zerknittert und zerrissen war. »Natürlich«, log ich. »Sobald ich in meinem Zimmer bin, wird es mir wieder gut gehen.«
Ich wünschte, ich könnte das glauben.
Der Hotelboy kaufte es mir auch nicht ab. Aber er gestattete mir meine Fantasie, begleitete mich zum Eingang und öffnete mir die kleine Glastür neben der großen Drehtür. Diese unerwartete Geste ließ mich einen Moment innehalten. »Danke«, sagte ich. »Sie sind sehr nett«, fügte ich impulsiv hinzu. Ich wusste nicht, warum ich ihm das sagte –
vielleicht, weil ich mich in der Dunkelheit immer nach Licht sehnte.
Selbst um drei Uhr morgens wirkte die Lobby des Paradise noch strahlender, die Spielautomaten noch lauter und die Gäste noch aufgedrehter als zuvor. Im Vergleich zu Max’ Gefängnis würde natürlich sogar Frankensteins Labor gemütlich wirken.
Die Wächter am Eingang knisterten förmlich vor Energie. Battina und Jan waren wieder fleißig gewesen. Ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, welche Arten von Kreaturen ich entdecken konnte. Mehrere unbekannte Wesen stoben auseinander. Ich musste beim Erfühlen noch viel besser werden – wie auch bei allem anderen.
Wenn Max recht hatte und die Dämonen eine große Sache planten, dann fragte ich mich, was, um alles in der Welt, mein sanftmütiger Märchenpate damit zu tun hatte.
Im zwölften Stockwerk blieb ich vor dem Personaleingang stehen und holte meinen Kartenschlüssel aus meinem schwarzen Gürtel. Schneller, als man Trautes Hotelzimmer, Glück allein sagen konnte, trat ich auf die plätschernde Wasseroberfläche in unserem Gang. Mein Schatten fiel über das glitzernde Wasser.
Ich freute mich darauf, meinen kleinen Hund in die Arme zu nehmen. Hoffentlich hatte er sich nicht an den Hundekuchen mit Hühnchengeschmack überfressen. Ich freute mich sogar darauf, mich mit Dimitri und Großmutter auseinanderzusetzen. Natürlich würden sie sauer sein, weil ich mit Max weggegangen war. Aber das war es zweifellos wert gewesen. Max’ Krieg gegen die Dämonen ging uns alle etwas an. Das mussten sie einsehen.
Meine Gedanken drehten sich um den alterslosen, halbdämonischen Einzelkämpfer und seine spartanische Hingabe an diese Sache. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Max das
aushielt – ganz allein jeden Tag. Wenn ich es mir recht überlegte, war er nicht mehr allein. Er hatte jetzt mich.
Was für ein schrecklicher Gedanke.
Im Gang roch es wieder nach Pizza. Ich hoffte, dass jemand in dieser Etage wirklich eine Vorliebe für Pizza hatte, denn falls Parate gelernt hatte, den Zimmerservice anzurufen, könnten sich meine mageren Ersparnisse ganz schnell wegen ein paar Dutzend Portionen auf Serviertellern in Wohlgefallen auflösen.
Ich hatte kaum meine Hand auf den Türknauf gelegt, als die Tür von innen aufgerissen wurde und Dimitri mir gegenüberstand. Er durchbohrte mich förmlich mit Blicken und betrachtete ganz genau jeden der Kratzer, blauen Flecke und abgebrochenen Nägel, die ich mir am Abend eingehandelt hatte.
»Was, zum Teufel, ist mit dir passiert?«, fragte er fordernd.
Bevor ich ihm antworten konnte, hatte er mich bereits an sich gerissen und drückte mir einen glühend heißen Kuss auf die Lippen, der mich bis ins Mark erschauern ließ. Seine Umarmung wurde rasch heftiger und der Kuss besitzergreifender. Seine Finger wanderten über meine Schulter und meinen Nacken in mein Haar und packten mich, um mir zu zeigen, wie sehr er sich um mich gesorgt hatte.
Ich spürte, wie ich schwächer wurde,
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