Daemonen kuesst man nicht
an den Kronleuchtern war aus den Fassungen gerissen worden. Alle Ausbuchtungen für die Skeeps in dem langen Korridor waren leer. Es sah aus, als wäre im dreizehnten Stockwerk eine Bombe explodiert. Die Luft summte vor Energie, und trotzdem herrschte eine ohrenbetäubende Stille.
So als wäre die Hölle über uns hereingebrochen.
Dimitri stützte sich an beiden Seiten der Putzkammertür ab. Ich hatte ihn noch nie so entschlossen gesehen – aber auch noch nie so erschreckend verletzlich. Ich sah es praktisch vor mir, wie sie ihn aussaugen würden.
Aber nicht, solange ich noch ein Wörtchen mitzureden hatte. Ich watete durch das eiskalte Wasser zurück, schnappte mir seine Schlüsselkarte und schlug die Tür zu, bevor er begriff, was ich vorhatte.
»Lizzie!« Er trommelte an die Tür.
Ich ignorierte ihn. Dieses Mal musste er mir einfach vertrauen.
Wem wollte ich hier etwas vormachen? Ich musste mir selbst trauen.
Ich spürte, dass sie mich belauerten.
Schattenhafte Gestalten schwebten unter der Wasseroberfläche im Gang. Trotz der Kälte brach mir unter den Armen und an den Handflächen der Schweiß aus. Ich wischte die Hand, mit der ich meine Schleudersterne im Griff haben wollte, an meinem T-Shirt ab und watete zu Battinas Zimmer, in dem sich die Schutzelixiere befanden.
Die Hexen hatten auf keinen Fall kampflos aufgegeben. Ich wollte glauben, dass sie es irgendwie nach draußen geschafft hatten, oder … Mein Atem stockte.
Großmutter trieb mit dem Gesicht nach oben in dem dunklen Wasser an mir vorbei. Ihr schmutziges Haar klebte an ihrer Stirn.
»O nein.« Der Schock lähmte mich.
Großmutters Mund stand offen, und aus ihrer Stirn rann eine schlammige, rostbraune Flüssigkeit. Meine Güte. Ich berührte sie sanft. Ich musste wissen, ob es sich um Blut handelte oder um ein magisches Elixier oder … Wäre ich nicht vor Angst wie erstarrt gewesen, wäre ich vor Erleichterung auf den Boden geplumpst. Das war Opossumblut – Schutzmagie. Gott sei Dank.
Ihre Haut fühlte sich kalt und klamm an, vor allem an ihrem Hals. Ich tastete nach ihrem Puls. Er war schwach, aber spürbar.
Ich packte sie an den Schultern und zog sie mit einer Kraft aus dem Wasser, von der ich nicht geahnt hatte, dass ich sie besaß. Eiskaltes Wasser schwappte über meinen Körper.
Ich streckte die Hand nach der Türklinke aus und riss die Tür zum Notausgang auf. Dimitri, der Dummkopf, hatte versucht, das Schloss mit meiner abgebrochenen Karte zu öffnen. »Notfall! Nimm sie mir ab!« Ich lud ihm Großmutter auf,
schnappte mir die Hälfte der zerbrochenen Karte und schlug die Tür wieder zu, ohne auf seine Flüche von der anderen Seite zu achten. Einen Kampf würden sie jetzt nicht lebend überstehen. Zur Hölle, ich war mir nicht einmal sicher, ob ich es schaffen würde.
Ein hoher Pfeifton ertönte, und bevor ich mir darüber Gedanken machen konnte, ließ sich ein Dämon von einem der Kronleuchter fallen. Er kreischte und fuhr seine Krallen aus. Ich hatte ihn gerade mit einem Schleuderstern erledigt, als ich zwei weitere von hinten kommen sah. Ein schwefelsaurer Windstoß blies mich mit dem Gesicht nach unten in das salzige Wasser. Meine Augen brannten. So schnell konnte ich mich nicht aufrappeln, um sie ebenfalls mit Schleudersternen zu bombardieren. Also tauchte ich nach unten, ruderte, so fest ich konnte, mit den Armen und kämpfte gegen die betäubende Kälte an.
Ich fühlte die Masse der Dämonen wie einen Schwarm Heuschrecken. Ich spürte ihren Hunger, ihr Bestreben, allen Lebewesen, denen sie begegneten, die Lebensenergie auszusaugen. Eine Stadt wie Las Vegas würde vielleicht mit ein paar von ihnen fertig werden, aber nicht mit einer solchen Menge. Es war, als würden sie Großmutter, Ant Eater und die Energie der anderen Hexen benützen, um ein Portal zu öffnen. Sie speisten sich, nahmen und wurden damit stärker und mit jeder Minute bedrohlicher. Ich konnte sie wie einen Stein in meinem Magen spüren.
Das dunkle Zeichen in meiner Handfläche pulsierte. Es erkannte sie und wollte sie vernichten. Ja, das wollte ich auch.
Meine Haare hingen mir wirr ins Gesicht, und meine Lunge brannte. In dem wogenden schmutzigen Wasser trieben abgerissene Meeresalgen und Überbleibsel aus dem Paradise. Aus dem Albtraum unter Wasser stiegen Blasen nach oben, aber mir war klar, dass ich dem Drang, an die Oberfläche zu tauchen, nicht nachgeben durfte. Gelbe Krallen an lederartigen schwarzen Beinen tauchten direkt über mir in
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