Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Wort Papa aus dem Mund seines Sohnes
wie ein Blitz getroffen. »Kimi, das stimmt doch gar nicht. Es ist nur … Ich wollte nur …«
Was auch immer Sören sagen wollte, es ging in dem Lärm des einsetzenden Gewitters
unter. Von einer Sekunde auf die andere frischte der Wind stürmisch auf, dass sich die Äste und Blumen nur so bogen. Der Himmel färbte sich abwechselnd schwarz und weiß, als die ersten Blitze zuckten, gefolgt von mächtigem Donnerhall.
Liv schrie auf und stakste auf ihren Stilettos los, die Arme weit ausgebreitet, um das Gleichgewicht besser zu halten, während alle anderen durcheinanderliefen und sich Dinge schnappten, die keinen Kontakt mit Wasser vertrugen. Fluchend rupfte Ella die Kissen von den Stühlen und versuchte zu Gabriel aufzuschließen, der jedoch mit seinen langen Beinen auf dem Weg zum Haus nicht mehr einzuholen war.
Ein ohrenbetäubender Knall drohte den Himmel zu zerreißen, dann ging ein unerwartet
heftiger Regen nieder.
Innerhalb weniger Sekunden klebte das Kleid wie eine zweite Haut an Ellas Rücken. Hastig warf sie die Kissen durch die weit offen stehende Terrassentür und sah sich nach Gabriel um.
Dabei knallte sie gegen Nicki, die sie breit angrinste und ihr eine zusammengerollte Decke in die Arme drückte.
»Was soll das?«, fragte Ella gereizt, als sie Gabriel bereits wieder in den Garten rennen sah.
Nicki verdrehte ihre Augen und packte Kimi am Arm, der ebenfalls in Richtung Garten
davonlaufen wollte. »Du bleibst bei mir, Zaubermaus«, wies sie ihn an. »Und du, Ella, sei nicht so begriffsstutzig. Unter dem dichten Laubdach des Wäldchens lässt sich bestimmt ein lauschiges Plätzchen finden. Also, worauf wartest du? Nichts wie hinterher.«
Das musste Ella sich nicht zweimal sagen lassen. Mit der Decke unterm Arm hastete sie den Gartenweg entlang, zwischen dessen Platten die eben noch staubtrockene Erde von
dicken Regentropfen aufgewühlt wurde, sodass sie Blasen warf. Über ihrem Kopf schossen unablässig Blitze umher und beleuchteten unregelmäßig den Pfad. Unterwegs kickte sie ihre Schuhe von den Füßen, um schneller laufen zu können, dann erreichte sie endlich den
Festplatz. Gabriel hielt ein Sturmlicht in der Hand. In Tellern und Schalen hatte sich bereits Regen gesammelt.
Im Tosen des Unwetters bemerkte Gabriel sie erst, als sie ihn bei der Hand packte und zwischen die Bäumen zog. Immer tiefer liefen sie in den Wald hinein, bis sie zu Ellas Lieblingsplatz aus Kindheitstagen gelangten. Atemlos kam sie vor ihm zum Stehen, wobei sie seine Hand auch dann nicht losließ, als er sie ihr entziehen wollte. Gabriel stellte das Sturmlicht auf den umgestürzten Baum, in dessen hohlem Bauch sie sich früher ganze
Nachmittage lang versteckt hatte. Nur wenige Tropfen fielen durch das schützende Dach der Bäume, das Geflecht aus Blättern und Geäst war zu dicht, selbst für diesen Regenfall.
In dem flackernden Licht der Flamme sahen Gabriels Züge ungewohnt streng aus, die Haut im gelbstichigen Schein aschfahl. »Ich bin dir nur gefolgt, damit wir unter vier Augen sprechen können, bevor ich gehe. Im Prinzip habe ich eigentlich schon alles gesagt, außer dass es mir leidtut. Ich hätte mich von dir fernhalten sollen, spätestens nach unserem Kuss in deinem Traum. Nur war es danach noch bedeutend schwieriger als zuvor. Etwas
Vergleichbares ist mir noch nie passiert. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung, dass ich überhaupt dazu imstande bin, so zu empfinden. Aber im Fehlermachen bin ich eben groß.«
Ella ging nicht auf seine Worte ein, stattdessen überließ sie sich ganz der Stimmung ihres Unterschlupfs. In der Welt dort draußen tobte der Sturm, doch der Garten bot ihnen Schutz, nicht nur vor den Wasserfluten. An diesem verborgenen Ortlag noch eine Ahnung der Hitze des vergangenen Tages in der Luft, durchmischt mit dem würzigen Geruch des Gewitters, dessen Prasseln auf dem Blätterdach wie Trommeln klang. Nur übertrumpft von
gelegentlichem Donner, dessen Hall bis in den Bauch hinein fühlbar war. Ella glaubte zu spüren, wie die elektrisch geladene Atmosphäre sich auf ihre Haut legte, bis sich sämtliche Härchen aufstellten.
»Das hier ist ein besonderer Ort«, erklärte sie. »In all den Jahren ist ein Teil von mir hiergeblieben. Ich habe immer an der Vorstellung festgehalten, dass hier wahr wird, woran ich glaube. Und weißt du, woran ich jetzt glaube? An uns.« Gabriel setzte zu einer
Erwiderung an, aber sie legte ihren Zeigefinger über seine
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