Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
er seinen Mund, worüber Ella im nächsten Moment froh war, denn sie kam auch so kaum zu Atem, als er in sie drang. Hier … jetzt … mit ihm. Alles war richtig.
Kapitel 26
Im Rankennetz
Im Spiegellabyrinth der Träume kann man alles sehen.
Alles steigert sich in die Unendlichkeit oder zerbricht in ein Nichts.
Es kommt ganz auf die Perspektive an, aus der man die Träume betrachtet.
Der, der durch dieses sich stets wandelnde Reich wandert, ohne selbst zu träumen, kann dabei behilflich sein, die Perspektive zu wechseln und damit einem flüchtigen
Seelenausdruck zu wahrer Größe zu verhelfen. Dafür einen Preis zu verlangen, ist da doch nur fair, nicht wahr?
-
Kimi öffnete die Augen und sah bläulich schimmernde Schlieren und tanzende Lichtflecken.
Ein vertrautes Prickeln stieg in seiner Nase empor, und obwohl kein Druck auf seiner Brust lag, wusste er, dass er sich unter Wasser befand. Er durchlebte einen von diesen
wundersamen Träumen, in denen man ganz selbstverständlich die unmöglichsten Dinge tat.
Mit einem Satz auf einen Balkon, der sich im zwölften Stock befand, springen oder durch ein Schlüsselloch schlüpfen … oder eben schwerelos unter Wasser schweben, ohne nach Luft schnappen zu müssen.
Eine Weile überließ sich Kimi diesem Zustand, während sich seine Gedanken träge
weiterspannen. Ich bin also in der Badewanne eingeschlafen. Kein Ding. Wenn ich in der realen Welt gerade untergehen würde, sähe mein Traum garantiert anders aus. Schwarzes Wasser, das mich in die Tiefe reißt, oder schlimmer noch: klebriger Teer, der mir in Mund und Nase dringt, während meine Lungenflügel jeden Moment zu kollabieren drohen. Stattdessen fühlte sich das Badewasser nicht einmal kalt an und funkelte wie ein See im Sonnenschein.
Vielleicht war es sogar ein See? Wie in Zeitlupe wendete Kimi den Kopf, doch es war nur flackerndes Wasser zu erkennen. Dafür schmiegte es sich seidig an ihn, umschloss ihn von Kopf bis Fuß.
Das Lichtspiel auf der Oberfläche lockte ihn, die Hand auszustrecken, als wolle er einen der zuckenden Funken einfangen. Dabei durchbrachen seine Finger den Spiegel, und auf der anderen Seite spürte er verheißungsvolle Hitze. Es war nur Luft, aber es fühlte sich nichtsdestotrotz körperlich an. Viel besser als das Wasser.
Mühelos setzte er sich auf und fand sich tatsächlich in der Badewanne wieder, in der er vor Stunden eingenickt sein musste. Von den Lichtern war nichts mehr zu sehen, lediglich blasses Mondlicht fiel durch das geöffnete Fenster. Er befand sich eindeutig in der grünen Grotte, dem Badezimmer. Sogar seine achtlos in die Ecke geworfenen Sachen lagen da.
Trotzdem fühlte es sich nicht echt an, vielleicht weil seinen Gliedern immer noch ein Rest Schwerelosigkeit innewohnte. Dann bemerkte er seine Hände, die den Wannenrand umfasst hielten. Sie waren trocken. Als wäre es ein Spiel, tauchte er sie erneut unter Wasser und beobachtete dann voller Erstaunen, wie er sie ohne eine nasse Spur wieder hervorholte.
Kimi stieg aus der Wanne, ein sprudelndes Gefühl hinter der Stirn wie ein Meer aus
aufsteigenden Luftblasen.
Seine Träume waren schon immer eine großartige Show gewesen. Eine Zeit lang hatte er sie sogar aufgeschrieben, weil sie bisweilen spannender als die Wirklichkeit gewesen waren.
Dieser hier würde es bequem in die Top Ten schaffen, auch wenn eigentlich nichts sonderlich Abgedrehtes passierte. Für einen Traum zumindest. Was ihn so hervorhob, war seine
Echtheit, die nur durch schräge Details wie das Wasser, das keinen Film auf Haut und Haaren hinterließ, gebrochen wurde.
Die Macht der Gewohnheit trieb Kimi vor den Wandspiegel, in dem er nur schemenhaft sein Abbild erkennen konnte. Auf der Ablage lagen Kerzen und Zündhölzer bereit, denn nach wie vor gab es keine Elektrizität in diesem Raum. Wie er Ella kannte, hatte sie mittlerweile Gefallen gefunden an diesem Badezimmer aus dem letzten Jahrhundert. Sie hatte sogar
darauf hingewiesen, dass der Ofen im Winter beim Heizen bestimmt ein schönes Licht
machen würde. Nun, im Augenblick lag der Gedanke an ein wärmendes Feuer fern, denn es war auch so dermaßen heiß, dass sich auf Kimis Brust trotz des offenen Fensters die ersten Schweißperlen sammelten. Als er die Kerze anzündete, glänzten die Tropfen im Schein, und der Mosaikboden mit seinem Rankengeflecht erwachte zum Leben. Drängelnd und
wuchernd. Bei genauerem Hinsehen erwies es sich jedoch als Täuschung, wie er erleichtert
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