Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
lange nicht zu Ende war.
Während Ella sich an der Spüle ein Glas Wasser einschenkte und in langen Zügen trank, überließ Gabriel sich der Atmosphäre. Die Worte lazy days umschwirrten ihn und riefen Bilder hervor, in denen er mit Ella auf einer Decke im Garten lag, die Zeit vergaß und mit offenen Augen in die Sonne blickte, bis er ganz geblendet war. Für einige Herzschläge lang sah er nur das weiß-gelbe Flirren, die Strahlenpunkte auf der Netzhaut, dann blinzelte er sie weg.
Ella lächelte ihn an, die Oberlippe feucht vom Trinken.
»Du hast da wirklich eine ganz besondere Tour drauf, wenn du andere Menschen
loswerden möchtest. Nicki fand das eben auch noch charmant, wie du sie nach Hause
geschickt hast. Du brauchst nur zu lächeln, und schon flutscht es. Einfach unglaublich.«
»Ich und Nicki nach Hause geschickt? Meinst du nicht eher, dass ich ihr bei ihrer
Entscheidung einfach nur auf die Sprünge geholfen habe?« Gabriel versuchte sich an einem Lächeln. Nur sah Ella nicht so aus, als würde sie ihm dadurch augenblicklich zu Füßen liegen. Stattdessen erwiderte sie es vielmehr ein wenig abschätzig.
»Du hast natürlich recht. Nicki hat das so gewollt, klar. Mein lieber Gabriel, du solltest dein Jurastudium vergessen und Vertreter werden. Mit dieser Überzeugungstechnik verkaufst du garantiert Unmengen von Staubsaugern an gutgläubige Menschen.« Ella schlug sich gegen die Stirn. »Na, so was! Ich habe soeben das Problem deiner beruflichen Zukunft gelöst. Du wirst Vertreter. Damit wäre das schon einmal erledigt, und du kannst den Rest des Sommers mit mir vertrödeln.«
Ella wartete auf sein Lachen oder zumindest auf eine scharfzüngige Erwiderung. Aber
Gabriel war wieder in den Bann des flirrenden Sommerlichts geraten, das genauso funkelte wie der Schlagabtausch zwischen ihnen. Mit einer Handgeste bat er um Auszeit und
durchsuchte die Playlist der Anlage nach einem alten Album von k. d. lang. Dabei konnte er sich kaum noch an die Musik erinnern, nur an das Cover mit dem sonnendurchfluteten Bild.
Ella lehnte sich gegen ihn, als wären sie zwei Hälften eines Ganzen. Wortlos tippte sie ein Stück aus dem Album an –
The consequences of falling . Als k. d. lang mit ihrer
eindrucksvollen Stimme zu singen begann, wünschte Gabriel sich sehnlicher als je zuvor, die Zeit anhalten zu können. Der Moment war so absurd schön, dass es wehtat.
Are you dreaming what I’m dreaming?
Are your wishes the same as mine?
Ellas Finger suchten seine Hand, doch er zog sie fort. Es war einfach zu viel. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die Realität ihm ein derartig intensives Gefühl bereiten würde?
Eine solche Empfindung hatte ihm kein einziger Traum je geschenkt.
»Ich … Warum ziehst du dich vor mir zurück?«, fragte Ella verunsichert.
Gabriel hätte in diesem Augenblick alles dafür gegeben, sich ihr zu erklären oder sie zumindest mit ein paar Worten zu beruhigen. Aber es war unmöglich, seine Kehle war wie zugeschnürt. Wenn er einen Wunsch frei hätte, dann sollte dieser Sommermorgen niemals enden. Dann würde er für immer den Geschmack auf Ellas nass schimmernder Lippe
erkunden, beobachten, wie die Sonnenstrahlen auf dem Steinboden der Küche tanzten, und die sich langsam ausbreitende Wärme auf seiner Haut spüren. Nun schlich sich eine
Veränderung ein und verfälschte den Moment. Es lag an ihm, wie er bedrückt feststellte. Das, was es brauchte, um diesen Moment zu erhalten, entzog sich ihm. Da war eine Leerstelle, die er nicht benennen konnte, aber er wusste, es hing mit seinem Traum zusammen, den er gegen die Eintrittskarte ins Reich des Inkubus vergeben hatte. Ein Reich,das ihm in diesem Moment mit einem Schlag schal und unbedeutsam erschien. Aber solange er nicht wusste, was ihm fehlte, durfte er seinen Gefühlen für Ella nicht über den Weg trauen.
Diese Erkenntnis veränderte etwas in Gabriel. Es kam ihm vor, als wäre er nicht mehr als eine Hülle aus Glas, die jeden Augenblick zerspringen konnte. Er war gläsern, unecht und selbst die Empfindungen, die Ella in ihm wachrief, änderten nichts daran. Das, was es brauchte, um ihn vor dem Zerfallen zu schützen, war verkauft und damit für ihn außer Reichweite. Seine Liebe zu Ella geriet außer Reichweite.
Es dauerte mehrere schmerzhafte Atemzüge, bis Gabriel den Druck auf seiner Kehle so
weit gelockert hatte, dass ersprechen konnte. »Wir beide sollten über die Zukunft reden.«
Ella biss sich auf die Unterlippe, fast
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