Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
herauskaufen?«, wisperte
Ella.
Gabriel schüttelte den Kopf. »Ich befürchte, das geht nicht. Der Inkubus ist kein Mensch, sondern ein Dämon. Ein Dämon, der sich von unseren Träumen ernährt. Sie sind alles, was für ihn von Bedeutung ist. Jede Nacht streckt er seine Krallen nach ihnen aus, versucht, sie zu ergreifen. Aber er kann nur um sie herumschleichen, als wären sie eine von diesen Schneekugeln. Er kann diese Kugel schütteln, alles durcheinanderwirbeln und sein Antlitz durch das Glas zeigen. Trotzdem steht er außerhalb des Traums, seine größte Sehnsucht kann er nicht allein befriedigen. Dazu braucht er einen Menschen, der ihn in einen Traum einlässt, der ihm diesen Traum sogar überlässt, um selbst aufWanderschaft gehen zu
können. Verstehst du? Dieser Dämon will nur eins von mir: einen Traum, und zwar einen außergewöhnlichen, einen, der komplex genug ist, dass er nicht unter der Last des Inkubus zerbricht. Wenn ich ihm das nicht geben kann, bin ich für ihn wertlos und damit tot.«
Sämtliches Leben wich aus Ellas Gesicht, und Gabriel hasste sich dafür. »Dann gib ihm doch einen Traum! Mach, dass der Inkubus zufrieden ist.«
»Unmöglich. Ich kann nicht einfach in den Traum eines anderen Menschen hineinspazieren und ihn mir nehmen. Das könnte ich mir niemals verzeihen.«
»Tu gefälligst nicht so scheinheilig, das hast du doch längst getan!«
Kimis Anklage zerriss die letzten Reste des Sommermorgens.
Kapitel 29
Willenlos
Ella wirbelte um die eigene Achse.
Kimi stand nur einige Schritte hinter ihr, die Hände zu Fäusten geballt. Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, warum sein Anblick sie verstörte: Dieses blasse Jungengesicht hatte nichts mehr gemein mit dem Kunstwerk, in das Kimi sich für gewöhnlich verwandelte.
Er war ungeschminkt, trug keinen Schmuck, und sogar die Kleidung, in der er jetzt steckte, war vollkommen anders als der übliche Look. Die schwarze Leinenhose gehörte Ella, genau wie das Schlabbershirt, das für gemütliche Abende reserviert war. Durch diese weite
Kleidung wirkte Kimi geradezu kindlich – verloren … oder aber von dem Falschen gefunden und zurückgelassen.
Ella nahm sich nicht die Zeit, darüber nachzudenken, was diese Aufmachung bedeutete.
Stattdessen verspürte sie das Verlangen, eine Verbindung zu Kimi herzustellen, den Jungen zu erreichen, selbst wenn es nur durch eineBerührung war. Allerdings wehrte er ihren ausgestreckten Arm ab. Wut glimmte in seinen Augen und Verzweiflung, die Ella schwerer schockierte als die pochende Stelle anihrem Unterarm, wo Kimis Handkante aufgeprallt war.Erneut streckte sie die Hand aus, fest entschlossen, nicht vor seinen starken Gefühlen zurückzuschrecken. Zu ihrer Überraschung wich die Wut, obwohl Kimi sie auf Abstand hielt.
»Nicht anfassen«, flüsterte er. »Bitte …«
»Einverstanden, ich komme dir nicht zu nah. Nur … was, um Himmels willen, ist denn bloß geschehen?«
»Frag ihn.« Mit dem Kinn deutete Kimi auf Gabriel, der ratlos mit den Schultern zuckte.
»Nun tu nicht so unschuldig«, fuhr Kimi ihn an. »Ich habe genau gehört, was du in dieses Haus eingeschleppt hast. Einen verfluchten Inkubus, einen Dämon, der in Träume eindringt und sie in … in etwas ganz Furchtbares verwandelt. Er ist ein Zerstörer, er hat meinen Traum genommen und komplett verändert. Dabei hat er behauptet, dass diese ganze Perversion in mir steckt. Als wäre ich schuld an dem, was er mir angetan hat. Aber selbst wenn ich mir Ähnliches vorgestellt habe, ganz heimlich und nur für mich, so heißt das noch lange nicht, dass ich es auch wirklich erleben will.« Kimis Stimme versagte, und er krümmte sich.
Offenbar konnte er nur mit Gewalt einen Tränenausbruch zurückhalten. Als er den Blick wieder hob, waren seine Augen jedoch trocken, als wäre alles Fließende ins Stocken
geraten.
»Ich bin weder jemals in einem deiner Träume gewesen, noch habe ich den Inkubus auf sie aufmerksam gemacht. Und schon gar nicht in der letzten Nacht, die habe ich nämlich mit Ella verbracht«, sagte Gabriel, der kreidebleich geworden war. »Bist du dir sicher, dass ein Inkubus bei dir zu Besuch gewesen ist und du nicht bloß einen besonders heftigen Traum hattest? So wie der neulich, von dem du mir erzählt hast.«
»Meine Erlebnisse sind nicht mehr und nicht weniger als die Hirngespinste eines
überdrehten Teenagers, was? Hormonschock, zu viele Pornos im Internet, und wer weiß, ob der Junge sich nicht auch noch heimlich
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