Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Außerdem beschlug die
Oberfläche bereits wieder, und der Junge drohte zu verschwinden.
»Komm zu mir«, flehte Ella die immer unscheinbarer werdende Gestalt an. »Es ist doch nur ein Schritt voran, aber du musst ihn setzen. Bitte.«
Als sich auch der letzte durchsichtige Flecken geschlossen hatte, legte sich eine Hand auf Ellas blau angelaufene Finger. Es waren Gabriels, erfüllt von menschlicher Wärme.
»Er kann nicht fortgehen, er ist doch nur ein Traum. Erkennst du das denn nicht?«, fragte Gabriel mit einem neckenden Unterton, auf seine typische Art, wie Ella voller Erleichterung feststellte. Lediglich ein wenig irritiert über die Ereignisse. Er hatte sich ihr zugewendet, voll und ganz, und starrte sie an. »Im Gegensatz zu ihm siehst du mir allerdings ausgesprochen lebendig aus. Darf ich fragen, wer du bist?«
»Deine gute Fee, frisch reingeschneit aus einem Sommernachtstraum.«
Ella stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihre Arme um ihn, was er ohne Weiteres geschehen ließ. Dann sah er sie auf eine Weise an, als würde er von ihrem Anblick niemals genug bekommen. Schließlich griff er nach der Blume in ihrem Haar und lächelte verschmitzt.
Sie tat es ihm nach, zog ihn fest an sich … und ließ sich in die vom Inkubus geliehene Dunkelheit fallen.
Tief und schwarz, abgrundtief.
Kapitel 38
Am Weiher
Gabriel hustete. Trotzdem wurde er das Wasser in seiner Kehle nicht los.
Stattdessen strömte beim Öffnen des Mundes ein neuer Schwall hinein. Er war unter Wasser und versuchte, Ellas Arme wiederzufinden, die ihn eben noch gehalten hatten,doch das Einzige, das ihn jetzt hielt, war die Strömung. Dann fanden seine Füße den Grund, sandig und weich. Nun, da er wusste, in welcher Richtung sich die Wasseroberfläche befand,
spannte er die Muskeln an und stieß sich ab. Es brauchte nicht mehr als ein paar
Schwimmzüge, da brach er auch schon hindurch, prustend und irrwitzigerweise mit einem Lachen auf den Lippen. Nicht weit weg von ihm wischte Ella sich gerade Tropfen aus den Augen, während sie mit den Beinen strampelte.
»Da heißt es immer, es gäbe nichts Romantischeres als ein Bad im Mondschein. Dabei ist es bloß anstrengend«, beschwerte sie sich.
Gabriel langte unter ihre Achseln und zog sie mit sich ans Ufer des Gewässers, in dem sie aufgetaucht waren. Der Weiher, von dem sie erzählt und von dem er aus einem
unerfindlichen Grund gewusst hatte, dass es ihn gab. Mühsam stemmte Ella sich auf die Steine. Mit beiden Händen langte Gabriel nach dem Saum ihres Kleides, der schwer
aufschlug. Der Stoff sah aus wie eine Bahn aus Sternenhimmel, und obwohl er tropfnass war, glitzerte und glänzte er.
»Das nächste Mal solltest du dir zum Schwimmen etwas Leichteres anziehen. Zum Beispiel gar nichts«, schlug Gabriel vor, erfüllt von einer guten Laune, für die es eigentlich keine Erklärung gab.
Das schien Ella ganz ähnlich zu sehen, denn sie funkelte ihn ungehalten an. »Danke für den Tipp.«
»Ich habe noch einen: Aufwärmen tut man sich am besten auf diese Weise.« Behutsam
schloss er sie in seine Arme, darauf bedacht, sich betont langsam zu bewegen. Ansonsten wäre sein Temperament vermutlich mit ihm durchgegangen, und er hätte sie von Kopf bis Fuß mit Küssen übersät, sich gleichzeitig an ihr festgehalten, damit sie ihm auf keinen Fall abhandenkam, und dabei unentwegt überdrehtes Zeug von sich gegeben, das ihm später
zweifelsohne sehr peinlich gewesen wäre. Aber sosehr ihm auch der Sinn danach stand, sich von seiner Freude treiben zu lassen, so ahnte er doch, dass ein übermütiger Liebhaber gerade das Letzte war, was Ella gebrauchen konnte. Deshalb hielt er sie nur, bis das Zittern ihres Rückens nachließ und auch ihre Atmung einigermaßen gleichmäßig ging.
»Kannst du …«, wisperte sie im Schatten seiner Brust. »Kannst du dich erinnern?«
Gabriel zögerte, jedoch nur kurz. »Ja.«
»Das Labyrinth, der Spiegel, der Junge …«
»Ja, ich erinnere mich. Es ist der Traum, den ich dem Inkubus überlassen habe. Wie ich mitten im Nirgendwo verharre und von Hoffnungslosigkeit übermannt werde. Jetzt habe ich ihn wieder. Dank dir.« Zu seiner Überraschung drängte Ella sich noch fester an ihn,
geradezu, als wollte sie sich verstecken. Ein kleines Mädchen in einem wunderschönen Gewand. Ein Geräusch, das arg nach Nägelknabbern klang, beunruhigte Gabriel, fast noch mehr als das Schweigen. »Ella, was ist mit dir?«, fragte er.
»Die Frage müsste wohl eher lauten,
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