Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Nachdenklich beobachtete er die junge Frau, deren Atem bereits wieder ruhiger ging. Nur die Art, wie sie ihr Kissen umfasst hielt, verriet noch die Erregung, die sie eben empfunden hatte.
Was sollte er davon halten, dass sie von ihm träumte? Vor allem auf eine Weise, in der er ihren Körper zum Schmelzen brachte. Nichts Besonderes, redete Gabriel die Angelegenheit klein. Vermutlich war dieses verfluchte Foto daran schuld. Und bestimmt träumte Kimi unten im Musikzimmer, das er zu seinem Revier auserkoren hatte, Ähnliches, wenn auch mit
weniger Sonnenschein.
Gabriel war es gewohnt, dass die Menschen ihn als Leinwand für ihre sinnlichen
Gedankenspiele benutzten, ob nun wegen seines Aussehens oder seiner lockeren Art.
Beides war ihm in die Wiege gelegt worden, und er hatte sich nie groß Gedanken darüber gemacht. An den meisten Tagen nahm er diesen Umstand mit einem Achselzucken hin, aber manchmal … manchmal fragte er sich, ob es wirklich von Vorteil war, Dinge geschenkt zu bekommen. Weil man dann leicht vergaß, was es bedeutete, sich etwas zu erarbeiten. Ganz selten fragte er sich, ob er nicht deshalb zu dem geworden war, der er jetzt war, weil das Leben es immer so ausgesprochen gut mit ihm gemeint hatte. Er würde kaum an Ellas Bett sitzen und unter der erregenden Nachwirkung ihres Traums stehen, wenn er früher begriffen hätte, dass es in Wirklichkeit nichts umsonst gab. Sogar für Träume galt es einen Preis zu zahlen.
Irgendwann vergaß Gabriel den eigentlichen Grund für sein Kommen. Stattdessen saß er da und betrachtete die schlafende Ella, ihre leicht geschürzten Lippen, die unruhigen Lider und die Hand, die immer wieder einmal übers Laken glitt, als suche sie etwas. Bestimmt den Auslöser ihrer Kamera, die sie nur ungern aus der Hand legte, mutmaßte Gabriel.
Bislang war mit Ella alles ganz und gar unkompliziert verlaufen, denn sie war nicht der Typ Frau, der einem Löcher in den Bauch fragte. Dafür war sie viel zu unbeschwert und
aufgeschlossen … mehr als das: Ella akzeptierte die Dinge erst einmal, wie sie waren.
Waren sie gut, durften sie einfach bleiben, wie sie waren. Waren sie weniger gut, krempelte sie die Ärmel hoch und legte los. So, wie sie es mit dieser Villa machte. Fast fühlte Gabriel sich versucht, ihr sein aus den Fugen geratenes Leben in die Hand zu drücken, damit sie es ebenfalls geradebog. Aber nein, er würde sich selbst um das Chaos kümmern, das er
angerichtet hatte.
Erneut ging Ellas Hand auf die Suche, und Gabriel konnte nicht widerstehen, sie über seinen Handrücken gleiten zu lassen. Die Berührung war nicht mehr als ein Hauch, trotzdem wollte er plötzlich mehr.
Auch das war eine Überraschung, diese Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte. Ella dagegen gelang es ohne Weiteres, ihre Beziehung auf genau der richtigen Temperatur zu halten: lauwarm, mit einem gelegentlichen Flirt als Hitzeschub – mehr jedoch nicht. Alles schön unverfänglich, was auch sehr vernünftig war. Er hingegen ertappte sich dabei, wie er den Regler hochdrehte, damit es zwischen ihnen heiß wurde. Etwa als er Ella das
Versprechen gegeben hatte, bei Gelegenheit mit Kimi über seinen Lebenswandel zu reden.
Eine vollkommen untypische Reaktion, schließlich konnte es nur Schwierigkeiten bringen, sich in Familienbeziehungen einzumischen. Und normalerweise interessierte sich Gabriel weder für Schwierigkeiten noch für Familienangelegenheiten. Umso mehr irritierte es ihn, dass er diese Liv, Ellas hochnäsige Schwägerin, mit ein paar gezielten Kommentaren
abgeschossen hatte. Nicht etwa aus dem Kalkül heraus, bei Ella etwas gutzuhaben. Womit ja alles okay gewesen wäre. Nein, es war aus dem Bedürfnis heraus gewesen, ihr zur Seite zu stehen. Als wäre das der richtige Platz für ihn.
So gesehen, war Gabriel alles andere als zufrieden mit seinem Verhalten. Fast zwanghaft musste er sich vor Augen führen, dass sein Aufenthalt in der Villa nur vorübergehend war, ein Zwischenstopp. Und bei einem Zwischenstopp sollte man Bindungen eher vermeiden, als sich Hals über Kopf hineinzustürzen. Einmal davon abgesehen, dass er keine Erfahrungen darin hatte. Außerdem war dies der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um in einer Frau zur Abwechslung einmal etwas anderes als angenehme Zerstreuung zu sehen.
Entschlossen, seinen Grübeleien ein Ende zu setzen, rief Gabriel die träumende Ella zu sich. Zuerst zuckte sie nur leicht zusammen, dann drehte sie sich benommen auf den
Rücken, was ihn zum
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