Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
solchen Angriff nicht im Geringsten gerechnet hatte. Entsprechend verunsichert fiel auch ihre Entgegnung aus: »Das war mein erster Job in Sandfern. Ich bin froh, dass ich überhaupt einen bekommen habe.«
»Ja, und dein nächster Job ist dann vermutlich mein Sohn als Schmuddel-Pin-up«,
unterbrach Liv sie eiskalt. »Schämst du dich eigentlich gar nicht?«
»Wofür genau soll Ella sich denn schämen?« Gabriel trat zwischen Liv und ihr Opfer,
genau in dem Moment, in dem Ella den Kopf hängen ließ. »Dafür, dass sie sich um Kimi kümmert und ihm die Chance gibt, etwas Sinnvolles aus seinem Sommer zu machen? Dass
sie die Herausforderung, die diese heruntergekommene Villa stellt, annimmt, nachdem sich jahrelang niemand um den Bau gekümmert hat? Oder dafür, dass sie versucht, als Fotografin Fuß zu fassen? Ich weiß ja nicht, wie Sie ticken, aber der Akt von mir, den Sie als halben Porno darstellen, ist ganz bestimmt kein Schmutzfleck auf Ellas weißer Weste, sondern zeigt eher, was sie draufhat. Wenn Sie ihr unbedingt ans Bein pinkeln wollen, müssen Sie sich schon einen Deut mehr anstrengen.«
Liv zog mit einem schneidenden Ton die Luft durch die Nase ein, aber der Sauerstoff
reichte nicht aus, um den Druck
von ihrer Brust zu nehmen, der mit jedem weiteren
unverschämten Wort dieses Burschen zugenommen hatte. »Ans Bein pinkeln«, wiederholte sie weniger aus Unglauben über die harsche Formulierung als über die Tatsache, dass sie überführt worden war.
Gabriel zuckte nur mit den Achseln, während Ella ihr Gesicht hinter den Händen verbarg, sodass nicht klar war, ob sie ihr Entsetzen oder ihre Niedergeschlagenheit versteckte.
»Ach, sind Sie vielleicht aus einem anderen Grund hier hereingeschneit?«, fragte Gabriel trocken. »Also, wenn Sie eigentlich helfen wollten … Arbeit ist mehr als genug da. Falls Ihnen Schleifmaschinen nicht liegen, ist das okay. Wir haben auch noch ein paar Putzjobs zu vergeben. Solche, wo man richtig pingelig sein kann. Wie gemacht für Sauberfrauen.«
Nachdem Liv einen der giftigsten Blicke ihres Lebens auf Gabriel abgeschossen hatte, machte sie auf der Stelle kehrt und verließ die Villa. Beim Hinausgehen hörte sie noch Ellas hervorbrechendes Lachen. Das hatte sie also hinter ihren Händen verborgen, das kleine Biest. Liv biss die Zähne zusammen und akzeptierte die Tatsache, eine Niederlage
eingesteckt zu haben. Vorerst.
-
Es dauerte eine Weile, bis Ella sich von ihrem Lachanfall erholte. Immer wieder tauchte Livs empörtes Gesicht vor ihren Augen auf: die krausgezogene, schmale Nase, die verdächtig glatte Stirn, die sich trotz Zorn nicht in Falten legte, die zu Fäusten geballten Hände mit dem ganzen klimpernden Goldschmuck. Jemand wie Liv war nicht dazu gemacht, außer Kontrolle zu geraten.
Unterdessen machte Gabriel sich an der Schleifmaschine zu schaffen, bis sie einen
ohrenbetäubenden Lärm von sich gab. Er schob sie ein Stück über das zerkratzte Parkett, um die Leistung zu überprüfen, spielte an der Einstellung herum und stellte sie dann ab. »So müsste es gehen«, erklärte er.
Dass Gabriel sich so nüchtern verhielt, führte Ella ihr eigenes überdrehtes Benehmen vor Augen. Es half jedoch nichts. Die Situation mit Liv eben war zu absurd gewesen.
»Für ein Nacktmodell bist du technisch ganz schön versiert. Dabei ist das für ein Leben vor der Kamera doch gar nicht nötig«, neckte sie ihn.
Wie zur Strafe brach das Lachen abermals aus ihr hervor, bis sie einen Schluckauf bekam.
Erst als Gabriel sich mit verschränkten Armen vor ihr aufbaute, wurde ihr bewusst, dass sie das Thema mit der Aufnahme besser nicht erwähnt hätte.
»Ich will jetzt sofort diese Zeitung sehen«, erklärte er. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass die Ausgabe mit der neuen Rubrik schon draußen ist? Und behaupte ja nicht, du hättest es vor lauter Arbeit vergessen.«
»Ich dachte, es wäre dir nicht besonders wichtig. Du hast dich ja überhaupt nicht mehr nach der Sache erkundigt.«
»Das war mir auch egal, solange ich geglaubt habe, dass man auf dem Foto wegen der
schlechten Druckqualität der Zeitung kaum etwas erkennen kann. Und weil du gesagt hast, dass es ohnehin klein ausfallen würde. Ein Foto neben anderen, waren deine Worte. So hat das eben aber nicht geklungen, als diese Eisprinzessin von ihren beiden Freundinnen erzählt hat, die extra wegen des Bildes bei ihr angerufen haben. Als ›heißes Stück Fleisch‹
bezeichnet zu werden, klingt in meinen Ohren
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