Dämonen-Spiele
Sträuchern wachsen, doch anderswo war es einfacher, sie zu backen, als erst die lange Reise zu unterne h men, um sie am Fluß zu sammeln. MähreAnn war eine angenehme ältere Frau, die alles andere als ungewöhnlich wirkte. Und doch sah Kim vor ihrem geistigen Auge, wie sie in ihrer Jugend ausges e hen haben mochte: mit den wunderschönen braunen Haaren und Augen, die zu den Mähnen und Schweifen der Einhörner paßten, die sie herbeirufen konnte; mit den unglaublich wohlgeformten Beinen – eine Folge des vielen Reitens. Sie hatte Humfrey kennen- und liebengelernt, als sie noch beide Heranwachsende gewesen waren, ja, sogar jünger als die heute sechzehnjährige Kim. Aber MähreAnn war von einer entscheidenden Unschuld gewesen, we s halb die Einhörner sie nicht freigaben, und sie hatte sich geweigert, Humfrey zu ehelichen, obwohl sie ihn doch liebte. Es war ja so eine liebliche Trauer gewesen! Kim sah sie reiten, sah, wie ihr das Haar nachwehte, eine Träne auf der Wange, als sie Humfrey zi e hen ließ, um König von Xanth zu werden. Humfrey hatte statt dessen eine Dämonin geheiratet – doch es war immer nur Mä h reAnn gewesen, die er geliebt hatte.
Kim riß sich aus ihren Gedanken, als sie merkte, daß die anderen sie beobachteten. »Ach… ich glaube, ich habe mich in einem Ta g traum verloren«, sagte sie, schon wieder verlegen.
»Natürlich«, meinte MähreAnn. »Die Mähre Imbri ist ja auch hier. Sie hat dir einen Tagtraum gebracht. Und sie hat mir auch erzählt, daß sie dir den Traum von den Müllblasen gebracht hat.«
Kim hatte fast den Eindruck, hinter der Frau den Umriß einer kleinen schwarzen Mähre wahrzunehmen. »Ja. Das war wirklich sehr seltsam, und am Schluß wurde daraus auch noch Wirklichkeit. So habe ich Bläschen bekommen, meine Hündin.« Sie tätschelte Bläschen. »Und gerade eben hat sie mir gezeigt, wie du in deiner Jugend gewesen bist. Du warst ja so schön und nett!« Da merkte sie, daß sie sich schon wieder einen Patzer hatte zuschulden ko m men lassen. »Ich meine, nicht, daß du das jetzt nicht mehr wärst…«
»Meine Liebe, ich bin jetzt viel glücklicher als damals«, unte r brach MähreAnn sie. »Auch wenn ich keine Einhörner mehr he r beirufen kann. Aber die anderen Pferdewesen kommen immer noch zu mir.« Sie tätschelte die Mähre Imbri, die daraufhin die Ohren nach vorn stellte. Das Pferd war tatsächlich da, wenn auch unsichtbar.
Da schaute die Mähre Imbri in eine andere Richtung, stob plöt z lich durch die Wand hinaus und war verschwunden. Für irgend jemanden war ein Tagtraum fällig geworden. Kim empfand einen Anflug von Neid, als sie an den Glücklichen dachte.
Hinter dem Schloß war ein Garten mit Toilettenbäumen, mit d e ren Hilfe sie sich frischmachten. Als sie zurückkehrten, fanden sie die Kekse auf dem Tisch vor, daneben eine aufgerollte Kette. »Was ist das?« fragte Kim mißtrauisch.
»Eine Nahrungskette, natürlich«, erklärte MähreAnn. »Ein Ge s pensterpferd hat sie gebracht. Du kannst dir jedes beliebige Glied herausbrechen.«
Sie hätte es wissen müssen. Sie erinnerte sich noch dunkel daran, daß die Gespensterpferde Ketten um ihre Leiber trugen, mit denen sie rasseln konnten, um die Lebenden abzulenken und zu erschr e cken. Sie war nur noch nicht auf den Gedanken gekommen, daß solche Ketten auch eßbar sein könnten.
Sie brachen sich Glieder davon ab und verzehrten sie. Es schmeckte sogar sehr gut. Jedes Kettenglied war von einer anderen Beschaffenheit und schmeckte dementsprechend unterschiedlich. Manche waren wie Gemüse, andere wie Brote, wieder andere gl i chen Fleisch. Im allgemeinen befanden sich die Gemüse am unt e ren Ende der Kette, die Fleischsorten dagegen am oberen. Kim brach ein Glied vom oberen Ende für Bläschen ab, die es recht faszinierend fand.
Nach dem Essen war der Termin für das Gespräch mit dem G u ten Magier fällig. Wira führte sie die steinerne Wendeltreppe zu dem düsteren Kabuff hinauf, das der Magier sein eigen nannte. Kim erkannte, daß es durchaus sinnvoll war, diese Aufgabe einem blinden Mädchen zu übertragen, weil der Lichtmangel ihr nichts ausmachte. Wira könnte den Guten Magier selbst in völliger Du n kelheit finden.
Und da war er auch schon, fast vollkommen versteckt hinter e i nem monströsen Buch. »Was willst du?« fragte er mürrisch, offe n sichtlich verärgert über die Störung.
»Das ist Kim, die Spielerin, Vater Humfrey«, sagte Wira. »Sie hat einen Termin.«
»Oh.« Er warf Wira
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