Dämonen zum Frühstück
keine Ahnung, wer mein neuer alimentatore sein konnte. Üblicherweise kennt ein Jäger seinen Mentor nicht, bis er ihn für eine gemeinsame Aufgabe zum ersten Mal trifft. Ich persönlich finde diese Tradition nicht nur veraltet, sondern ausgesprochen idiotisch. Leider gehöre ich jedoch nicht zum Komitee der Forza Scura, das solche Regeln festlegt, und bisher wurde ich auch noch nicht nach meiner Meinung gefragt.
Obwohl ich also nicht wissen konnte, wer auf mich wartete, wünschte ich mir jetzt doch, Padre Corletti wenigstens genauer befragt zu haben, wo wir uns treffen würden. Mein Mentor konnte in diesem Moment bereits bei Father Ben im Pfarrbüro sitzen und Däumchen drehen, während er sich fragte, wo ich steckte.
Diese Überlegung brachte mich auf einen Gedanken: Konnte es sich bei meinem Mentor nicht vielleicht sogar um Father Ben handeln?
Irgendwie gefiel mir diese Vorstellung. Obwohl Father Ben erst vor einigen Jahren das Priesterseminar abgeschlossen hatte, wusste er bereits ziemlich genau, was er wollte. Während seiner Predigten ist noch nie jemand eingeschlafen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass er als mein alimentatore fungieren würde, war leider gering. Corletti mochte sich insgesamt zwar vage ausgedrückt haben, aber er hatte eindeutig erklärt, die Forza habe einen alimentatore geschickt. Nachdem Father Ben aber bereits seit einigen Jahren bei uns als Priester tätig war und die Forza wohl erst vor Kurzem von Gorameshs Interesse an San Diablo erfuhr – es sei denn, Padre Corletti geizte wirklich mit seinen Informationen –, konnte Father Ben nicht mein Mentor sein.
Ich hielt es für das Wahrscheinlichste, dass wir uns in der Kathedrale trafen, und parkte deshalb meinen kleinen Flitzer auf einem der Plätze davor. Zugegebenermaßen genoss ich es ganz besonders, Stuart zur Abwechslung einmal den kinderfreundlichen Minivan aufs Auge gedrückt zu haben, während ich mir unseren Zweitwagen geschnappt hatte. Im Grunde hätte ich am liebsten ein Weilchen mit laufendem Motor einfach nur gesessen, um die Luft im Wageninneren zu genießen, die einmal nicht nach vergorener Milch oder verschüttetem Traubensaft roch. Leider blieb mir nicht viel Zeit, diesen inneren Frieden auszukosten. Ich schaltete also Motor und Klimaanlage ab und stieg aus. Zum Glück umfing mich die angenehm milde Luft eines südkalifornischen Sommertages.
Ich folgte dem gepflasterten Weg zur Kathedrale und strich dabei mit der Hand über die Strelitzien, die wie Wachmänner den schmalen Weg säumten. Die große beschlagene Kirchentür aus schwerem Holz war geschlossen, aber nicht verriegelt. Ich stieß sie auf und ging ins Innere, wobei ich zuerst einen kleinen Vorraum durchschritt, der mich zur Schwelle der eigentlichen Kathedrale brachte. Die Steinbecken, in denen normalerweise das Weihwasser am Eingang aufbewahrt wird, waren für die Renovierung entfernt und durch schlichte Holzständer ersetzt worden, auf denen sich goldene Schalen befanden. Der Boden war feucht – vermutlich von dem Platzregen, der vor einigen Stunden niedergegangen war –, und ich gab acht, nicht auszurutschen. Dann tauchte ich den Finger in das Weihwasserbecken, bekreuzigte mich und verneigte mich in Richtung Tabernakel.
Die Bänke waren leer, und ich überlegte mir, ob ich nicht vielleicht doch zum Bischofssaal schauen sollte, falls sich mein alimentatore dort aufhielt. Da ich jedoch einige Minuten zu früh dran war, wäre es dumm gewesen, nicht ein wenig zu warten.
Ich hatte ein leeres Fläschchen mitgebracht, das ich nun mit Weihwasser füllte, um wieder für den Fall der Fälle gerüstet zu sein. Danach stand ich ein wenig verloren da, blätterte gelangweilt im ausliegenden Kirchenbrief und warf etwa alle vierundzwanzig Sekunden einen Blick auf meine Armbanduhr. Um elf Uhr siebenundfünfzig hörte ich, wie eine Tür knarrte, und gleich darauf vernahm ich Schritte. Da die Akustik im Kirchenraum eher für Hymnen als für das Orten einzelner Geräusche konzipiert worden ist, hatte ich keine Ahnung, woher die Schritte kamen. Ich drehte mich einmal im Kreis und ging dann auf den Altarraum zu, als sich das Geheimnis lüftete: Father Ben trat hinter einem Samtvorhang hervor ins Sanktuarium und somit genau in mein Blickfeld.
In der Hand hielt er ein Klemmbrett und einen Stift und schien meine Anwesenheit gar nicht zu bemerken.
Ich räusperte mich, und er blickte überrascht auf. Als er mich sah, erhellte sich seine Miene. Er lächelte. »Kate Connor – was
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