Dämonen-Zwillinge
blieb dabei sehr ernst, damit Dagmar auch sah, dass er ihr Vertrauen entgegenbrachte. »Ich weiß es, Dagmar. Ich habe sie zwar nicht gesehen, doch ich glaube dir. Hast du sie im Spiegel hier an der Wand gesehen oder...«
»Nein, nein, nicht im Spiegel. Ich habe sie in der Fensterscheibe gesehen. Nur die Gesichter, nicht mehr...«
»Das war vorhin?«
»Ja, ja... vor Minuten.«
Harry nickte. Die Geste galt mehr ihm selbst als seiner Partnerin. Er dachte daran, dass er vor Minuten noch mit seinem Freund in London telefoniert hatte.
John hatte die Gesichter ebenfalls in der Scheibe entdeckt. Und das beinahe zur gleichen Zeit. Es ließ darauf schließen, dass Zeit und Entfernung tatsächlich keine Rolle für die geisterhaften Zwillinge spielten.
Er kam sich vor wie der Mittelpunkt eines Spiels, dessen Regeln er nicht kannte, und er wusste auch nicht, wie er Dagmar beruhigen sollte. Es sei denn, sie akzeptierte, dass morgen John Sinclair hier bei ihr eintraf.
Er wollte es ihr mit behutsamen Worten beibringen, aber sie kam ihm zuvor. Im Bett richtete sie sich etwas auf, und plötzlich erschien wieder der Ausdruck der Angst auf ihrem Gesicht. »Ich... ich... habe noch mehr gesehen, Harry...«
»Was genau?«
»Das kann ich dir sagen. Ich sah... ich sah... wie sich die Gesichter veränderten. Bitte, du darfst mich nicht auslachen, aber es hat gestimmt. Die Gesichter veränderten sich. Sie zogen sich in die Breite, auch in die Tiefe und Höhe. Das war einfach schlimm, du musst es mir glauben. Sie wurden zu dämonischen Fratzen. Sie waren nicht mehr diejenigen, die ich zuvor gesehen habe. Es waren Dämonen. Schreckliche Gestalten und keine schönen Frauen mehr.«
Harry schwieg. Er drehte den Kopf, um zum Fenster zu schauen, aber da war nichts mehr zu sehen.
»Glaubst du mir nicht, Harry?«
»Doch, ich glaube dir, Dagmar.« Er hob die Schultern. »Es ist nur so unwahrscheinlich. Darüber muss ich erst nachdenken.«
»Ja, das kann ich mir denken. Aber vertraue mir, Harry. Was ich gesehen habe, das habe ich gesehen. Ich bin nicht verrückt, sondern bei klarem Verstand und...«
»Bitte, ich glaube dir. Es ist vielleicht dumm, wenn ich dir sage, dass du versuchen musst, nicht mehr daran zu denken, aber ich möchte dir eines noch sagen.«
»Was denn?«
Er lächelte. »Ich habe mit John Sinclair telefoniert. Er wird morgen früh hier erscheinen. Er wird bei dir bleiben und für dich so etwas wie ein Leibwächter werden. Ist das okay?«
Dagmar reagierte zunächst nicht. »John?«, fragte sie dann leise. »John wird kommen?«
»Ja.«
Sie schluckte. »Aber warum wird er kommen? Was soll das denn bedeuten?«
»Er wird dir helfen.«
»Nein, Harry. Was soll er denn hier? Es ist nicht seine Sache. Sag ihm wieder ab.«
»Auf keinen Fall. Und du irrst dich, wenn du sagst, dass es nicht seine Sache ist. John Sinclair hat in London das gleiche Phänomen erlebt wie du, Dagmar.«
»Was? Wie...?«
»Ja, das ist der Fall. Er hat die Zwillinge in London gesehen. In einer Scheibe, und er sah den gleichen Anblick wie du, das weiß ich. Er hat sie mir beschrieben.«
»Oh Gott...«
Mehr sagte sie nicht. Harry wusste, dass sie jetzt nachdachte und sicherlich durcheinander war. Er hatte sich nicht getäuscht, denn sie fragte: »Wie ist das möglich, dass John die Zwillinge gesehen hat? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
»Es ist auch schwer, ich weiß. Aber ich glaube nicht, dass John gelogen hat.«
Dagmar legte in den folgenden Sekunden eine Schweigepause ein. Sie dachte nach, aber es kam keine Lösung heraus, sondern eine weitere Frage. »Warum konnte das nur geschehen? Was hat er damit zu tun?«
»Wir wissen es beide nicht.«
»Und er kommt wirklich oder hast du mir das nur erzählt, um mich zu beruhigen?«
»Ich würde dich nie anlügen.«
Es dauerte wenige Sekunden, dann bewegten sich Dagmars Lippen, und der Mund zog sich zu einem Lächeln.
Harry kannte seine Partnerin lange genug. Er wusste, dass dieses Lächeln frei und ehrlich war, denn es legte sich auch in den Augen nieder.
»Und es stimmt wirklich?«, fragte sie sicherheitshalber nach.
»Ja, ich schwöre es.«
Das Lächeln zerfaserte. Die nächste Antwort klang nicht mehr so optimistisch. »Ob wir es wirklich schaffen, ist fraglich, denn die Zwillinge sind stark. So verdammt stark...«
***
Es war alles so eingetroffen, wie ich es hatte haben wollen. Das Flugticket hatte bereits bereitgelegen, ich hatte auch noch Suko und meinen Chef informiert und von
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