Dämonen-Zwillinge
Kopf drehte und meinen Blick über den Rücksitz des Passats gleiten ließ.
»Probleme?«, fragte der Fahrer.
»Nein, eigentlich nicht.«
»Sie sind so unruhig.«
»Liegt vielleicht am Wetter.«
Er warf mir einen Seitenblick zu, der mir sagte, dass es wohl besser war, wenn ich mich in eine Klinik begab und er mich sofort dorthin fuhr.
Eine Richtungsänderung gab ich ihm nicht durch. Außerdem kündigte sich ein Stau an. Vor uns blinkten die Rücklichter recht hektisch, und wenig später mussten wir tatsächlich anhalten.
»Immer wieder das Gleiche. Jeden Morgen wiederholt sich um Frankfurt herum dieser Mist.« Der Fahrer, der so schweigsam gewesen war, regte sich plötzlich auf. Er schlug sogar immer wieder gegen das Lenkrad, als könnte er dadurch den Stau wegzaubern, aber seine Schläge veränderten sich. Sie wurden weicher, und schließlich blieb seine rechte Hand in der Luft hängen.
»Was ist das denn?«, flüsterte er.
»Was meinen Sie?«
»Da! Da vom!«
Ich hatte mich mehr auf meine Knie konzentriert. Jetzt schaute ich hoch und sah, dass der Mann seinen rechten Arm ausgestreckt hielt. Er deutete zwar durch die Windschutzscheibe nach außen, aber er meinte nicht die anderen Fahrzeuge, die vor uns angehalten hatten, sondern die Scheibe an sich.
»Da... da... ist was...«
Ich sagte nichts. Aber ich sah, dass sich der Fahrer nicht geirrt hatte, denn im Glas zeigten sich Schatten. Sie stammten nicht von den anderen Fahrzeugen, die vor uns gestoppt hatten, und auch nicht von Gegenständen am Rand der Straße, sie waren auch keine direkten Schatten, weil sie nicht durch das Wechselspiel von Licht und Dunkelheit entstanden waren.
Die Hand des Fahrers sank langsam nach unten. »Scheiße, das habe ich noch nie erlebt. Sie?«
Ich hob die Schultern und schüttelte zugleich den Kopf. Mittlerweile hatte ich die Schatten identifiziert und festgestellt, dass es keine waren, sondern tatsächlich aus dem Nichts entstandene Umrisse, wie ich sie schon im Fenster meiner Wohnung in London gesehen hatte. Konkrete Umrisse.
»Das sind ja Gesichter«, erklärte der Fahrer stöhnend. »Du Scheiße, zwei Frauengesichter.«
Das stimmte.
Die Zwillinge waren da!
***
Von uns beiden bewegte sich keiner. Ich wusste nicht, was im Kopf des Fahrers ablief, aber ich spürte das leichte Rieseln auf meinem Rücken und nahm dieses Ereignis nicht eben als harmlos hin. Die Zwillinge hatten sich nicht grundlos gezeigt. Sie hielten mich unter Kontrolle. Dass sie in meiner Wohnung erschienen waren, konnte ich noch als eine Warnung durchgehen lassen, hier allerdings sah es aus, als wollten sie Nägel mit Köpfen machen und auf jeden Fall vermeiden, dass ich mit einer anderen Person – Dagmar Hansen – zusammentraf.
Der Mann neben mir wurde unruhig. Er bewegte seinen Kopf von links nach rechts. Er wollte einen Kommentar abgeben, doch er schnappte nur nach Luft und schüttelte den Kopf. Mehr war nicht drin.
Dann hörte ich ihn stöhnen, während er sich vorbeugte und von innen mit dem Handrücken über die Scheibe wischte.
Es war eine vergebene Liebesmüh, denn so bekam er die beiden Gesichter auch nicht weg.
Er schnallte sich los.
»Was haben Sie vor?«, fragte ich.
»Verdammt, die müssen doch irgendwo sein. Das... das... ist sonst unmöglich.«
Ich sah seinen Blick auf mich gerichtet. Er wollte eine Antwort haben, was ich auch verstehen konnte. »Sie sind da, aber es sind keine Körper vorhanden, die diese Schatten werfen könnten.«
»Was sagen Sie da?«
»Ja, so ist es.«
»Sie kennen sich aus?«
»Ein wenig schon.«
»Können Sie mir dann auch sagen, wo sie herkommen?«
»Das könnte ich«, erwiderte ich mit ruhiger Stimme. »Aber Sie würden mir nicht glauben.«
Der gute Mann wusste nicht, was er noch sagen sollte. Er konnte auch nicht still auf seinem Platz sitzen bleiben, sondern ruckte immer auf und nieder.
Es gab mir Zeit, mich näher mit den beiden Gesichtern zu beschäftigen. Sie sahen alles andere als freundlich aus. In den Augen entdeckte ich einen neutralen Ausdruck, aber ich stellte auch fest, dass sich dort eine gewisse Kälte abzeichnete. Von einem positiven Gefühl konnte beim besten Willen nicht gesprochen werden.
So unheimlich mir diese beiden auch vorkamen, so sehr war ich davon überzeugt, dass sie ausschließlich meinetwegen erschienen waren. Sie wollten nicht, dass ich mit Dagmar Hansen zusammentraf. In London hatten sie mich nur gewarnt, hier aber waren sie einen Schritt weitergegangen, davon
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