Daemonenblut
siebzehn hatte es noch immer nichts von seiner Wirkung verloren.
» Der Polizist wollte, dass du aufs Revier kommst und eine Aussage machst « , sagte er schließlich. » Am besten fahren wir gleich, dann schaffen wir es noch, bevor meine Schicht beginnt. «
» Aber deine Schicht fängt doch erst um vier an. «
» Es ist schon Mittag, Riley. «
Tatsächlich war es bereits nach zwölf. So lange hatte ich nicht mehr geschlafen, seit… eigentlich noch nie.
Dad bestand darauf, dass ich präsentabel bei der Polizei erschien, weshalb ich ein Kostüm, bestehend aus einem gerade geschnittenen, dunkelblauen Rock und einem Blazer in derselben Farbe anzog. Für gewöhnlich war das die Klamotte, die ich zu Hochzeiten oder offiziellen Feiern trug. In diesem Aufzug zur Polizei zu gehen, kam mir übertrieben vor. Aber wenn es Dad glücklich machte…
Sobald ich fertig war und etwas gegessen hatte, machten wir uns auf den Weg zum Revier. Wir mussten ewig warten, und als wir schließlich aufgerufen wurden, wollte der Beamte nicht mehr wissen als das, was ich Marc Jones gestern schon gesagt hatte. Dieses Mal allerdings bestätigte ich es mit meiner Unterschrift. Zusätzlich zu Craigs Daten fragte er mich noch, woher ich ihn kannte und wann ich ihn zuletzt gesehen hatte. Ich erzählte ihm alles, einschließlich unserer geplatzten Verabredung. Mehr als einmal musste ich mir auf die Zunge beißen, um nicht mit dem herauszuplatzen, was Craig mich hatte sehen lassen. Der Mann mit den farblosen Augen hatte in diesem Gespräch nichts verloren! Für die Polizei war die Akte » unbekannter Toter « mit meiner Aussage geschlossen. Für mich noch lange nicht.
Dad und ich trennten uns noch vor dem Revier. Es hatte lange gedauert, und jetzt musste er sich beeilen, um rechtzeitig zum Dienst zu kommen. » Ich habe heute nur eine kurze Schicht. Wenn du etwas brauchst, ruf an. Bis später. «
Auf dem Heimweg ertappte ich mich dabei, wie ich immer wieder nervöse Blicke über die Schulter warf. Ich scannte jedes Gesicht im Bus und der U-Bahn, sah jedem, an dem ich vorbeikam, in die Augen, ohne das Augenpaar zu entdecken, vor dem ich mich am meisten fürchtete.
Als ich meine Straße erreichte, beruhigte ich mich ein wenig. Hier war alles wie immer. Ich kannte jeden Baum und jeden Strauch, jede Mauer und jede Ecke, in der sich jemand hätte verstecken können. Der Farblose war definitiv nicht hier.
Dafür wartete Nick vor dem Haus auf mich. Er stand im Schatten des Vordaches und wischte und tippte wie wild auf seinem Smartphone herum. Als er mich sah, stieß er ein Schnauben aus und ließ das Telefon in der Tasche seiner Jeans verschwinden. Schon wieder Jeans, dazu ein dunkelblaues Shirt. Wenn er so weitermachte, bekam er vielleicht irgendwann noch das Gefühl, ein normaler Junge zu sein.
» Wo hast du gesteckt! «
Nein, normal würde er wohl nie werden.
» Hast du eine Vorstellung davon, wie ich mir die Finger wund getippt habe, um dich zu erreichen? «
Ich wollte ihn schon fragen, ob seine wunden Finger vielleicht die falsche Nummer getippt haben könnten, denn mein Handy hatte den ganzen Nachmittag über geschwiegen, als mir klar wurde, dass ich für das Schweigen verantwortlich war. Ich hatte es im Revier ausgeschaltet und danach vergessen, es wieder anzuschalten.
» Tut mir leid « , sagte ich schnell und gab ihm eine kurze Zusammenfassung, wo ich gewesen war.
» Wenigstens warst du klug genug, deinen Vater mitzunehmen. « Er sah mich finster an. » Dass du jetzt hier allein rumläufst, halte ich allerdings für keine gute Idee. «
» Dann sollten wir vielleicht reingehen, statt weiter wie die Zielscheiben herumzustehen. «
Ich sperrte auf und ließ uns ins Haus. » Machs dir bequem « , sagte ich. » Ich zieh mir nur schnell was anderes an. «
Das Kostüm war definitiv zu unbequem für zu Hause.
Nick war schon an mir vorbei, als er sich noch einmal umdrehte. » Das steht dir gut « , sagte er. » Was auch immer du mal studierst, es sollte etwas sein, bei dem du später im Job genau so etwas tragen musst. «
» Gouvernante bei verzogenen reichen Rotzlöffeln? « Ohne seine Antwort abzuwarten, flitzte ich die Treppe hoch in mein Zimmer. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen und den Kleiderschrank aufgerissen, tauchte Hugh neben mir auf.
» Wie ist es gelaufen? « , wollte er wissen. » Bist du jetzt vorbestraft? «
» Weil ich einen Toten kenne? Wenn das strafbar ist, solltest du ganz schnell verschwinden– sonst
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