Daemonenbraut
und Schuhe, deren Absätze einen umbringen konnten. Das schwarze Haar hatte sie hochgesteckt, was mir freie Sicht auf das Tattoo in ihrem Nacken gestattete: eine sich windende Schlange. Der Blick der Frau huschte verstohlen hin und her, schließlich bog sie um die hohe Hecke. Ich stand sofort auf, um ihr zu folgen.
Der Weg, den sie nahm, war menschenleer und führte direkt zu Samuels großem Haus. Mir wurde mulmig zumute, doch wenn ich jetzt zurückginge, um Anna und Julius zu holen, verlor ich sie womöglich aus den Augen. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Da suchten wir nach einer schwarzen Hexe, und mir lief eine über den Weg.
Als die Schwarzhaarige die vielen Stufen zum Haus hochstieg, wurde ich unruhig. Wo war der Sicherheitsdienst? Wo war John, der dafür sorgen sollte, dass niemand den Gastgeber belästigte? Samuel zog es vor, während des Sabbats im Haus zu bleiben. Es war seine Verpflichtung als Hexenlord, für die Unterhaltung seiner Anhänger zu sorgen, mehr nicht.
Nachdem die Frau im Inneren des Gebäudes verschwunden war, druckste ich mich einige Sekunden auf der Stelle herum, bevor ich fluchend die Stufen hocheilte.
Stille und gedämpftes Licht begrüßten mich beim Eintreten. Obwohl Samuel mich schon öfter zu sich eingeladen hatte, konnte ich es stets vermeiden, mich in die Nähe seines Hauses zu begeben, doch genauso stellte ich mir das Heim eines im 18. Jahrhundert geborenen Hexenlords vor. Stilvoll eingerichtet, ein roter Teppich, der durch einen breiten Raum zu einer ausladenden Treppe führte. Links und rechts säumten Büsten englischer Vorfahren den Weg. Von ihm sah ich keine Skulptur; er hasst es, stundenlang still zu sitzen. Eigentlich hätte er mehr Geduld haben sollen, immerhin ist er einer der auserwählten Hexenlords und trägt das Blut der Langlebigen in sich.
Ich ging um eine der Büsten und erstarrte, als ich die Frau auf den letzten Stufen zum oberen Stockwerk sah. Verdammt, wieso hielt niemand sie auf?
Ein ungeheurer Verdacht beschlich mich. Konnte es sein, dass Samuel sie erwartete? Dass er genau wusste, dass sich schwarze Hexen auf seinem Fest herumtrieben und es billigte? Neugierig geworden, folgte ich ihr weiter und sah sie durch eine Tür verschwinden. Ich wusste nicht, was sich dahinter verbarg, aber ich hatte vor, es herauszufinden!
So leise wie möglich schlich ich ihr nach. Durchs Schlüsselloch linsen half nicht viel, da das Licht im Zimmer nicht besonders hell war, also griff ich nach der Klinke. Aus dem Raum drangen keinerlei Geräusche. Ich vermutete hinter der Tür etwas Ähnliches wie ein Empfangsraum, aber ich lag falsch! Meinen Irrtum bemerkte ich erst, als ich den Raum betrat. Die schwarzhaarige Frau stand reglos im Zimmer und verblasste immer mehr. Hinter mir schloss sich die Tür mit einem leisen Klicken selbstständig. Die Falle war zugeschnappt.
»Guten Abend, Sophie.«
»Samuel«, stieß ich atemlos hervor und unterdrückte den Impuls zur Flucht. Der Raum war so groß wie das gesamte Untergeschoss meines Hauses und wurde doch von einem riesigen Bett beherrscht. Links daneben befand sich ein Kamin mit einem Sessel davor, und in diesem lümmelte sich der schlanke Hexenmeister, dem das blonde Haar bis zu den Hüften reichte. Im Schein des Feuers wirkte es honigblond, nicht wie Asche.
Samuel musterte mich spöttisch, ehe er wieder in die Flammen starrte. »Wolltest du mir nicht Hallo sagen, Sophie?«
»Ähm, ich bin dienstlich hier, aber das weißt du sicher.«
»Anna hat so was erwähnt«, sagte er und ließ seinen Blick über mein neues Outfit gleiten.
»Wieso hast du diese Illusion erschaffen?« Ich kannte die Antwort schon, während ich noch sprach.
Samuel erhob sich. Er war sehr groß, ich reichte ihm trotz meiner hohen Schuhe nur bis zur Brust. »Wärst du denn von selbst gekommen?«
Nein, ich hätte mich verkrümelt. »Hey, das ist eine ernste Sache! Vielleicht laufen gerade die Mörder der Hopkins durch deinen Garten, und ich habe sie übersehen.«
»Anna ist da«, sagte er ruhig und kam langsam auf mich zu. »Dieser Mann auch. Willst du mich eifersüchtig machen?«
Eigentlich sollte ich die Beine in die Hand nehmen - jetzt! -, doch den kleinen Sieg gönnte ich dem Hexenlord nicht. »Natürlich nicht! Hör mal, ich muss wieder nach unten. Anna wird sich sorgen.«
»Sie weiß, dass du hier bist.«
Oh, dieses Luder! »Ach ja?«
»Hast du Angst, mit mir alleine zu sein?« Beinahe spöttisch lächelte er mich an. »Wenn dem so wäre, habe
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