Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Gesichtszügen ihres Ziehvaters spiegelte eine Mischung aus Erstaunen und aufrichtigem Bedauern wider. „Es tut mir leid, Liebes. Ich wollte dich nicht anschreien“, entgegnete er.
Doro akzeptierte seine Entschuldigung mit einem Kopfnicken. Sie setzte sich auf dem Stuhl zurecht und wischte eine kastanienbraune Strähne aus dem Gesicht, dann hatte sie die passenden Worte für ihre nächsten Sätze gefunden. „In der letzten Zeit passieren Dinge, die für mich schwer zu begreifen sind, Eric“, begann sie, „Mein Kopf ist voller Fragen, aber ich finde keine Antworten und damit meine ich nicht nur Heyders Pläne von einer neuen Weltordnung. Spinner gibt es überall auf der Welt, warum also nicht auch hier in Kirchbronn. Wobei ich zugeben muss, was er mir erzählt hat, beunruhigt mich genauso wie meine Vermutung, dass du mit ihm gemeinsame Sache machst.“
Erics tiefes Durchatmen glich einem Seufzen. Er stand auf, kam zu ihr herüber und lehnte seinen Rücken gegen das Fenster. Seine Hände strichen durch die raspelkurzen grauen Haare.
„Ich wusste, dass dieser Tag kommen würde und ich habe ihn gefürchtet. Und nun suche ich nach Auswegen, um das zu verhindern, was man wohl Schicksal oder Bestimmung nennt.“
„Sprichst du von Heyder?“
Eric schüttelte den Kopf. „Nein, ich spreche von dir, mein Kind“, sagte er schleppend und heiser, als bereitete ihm das Sprechen Schmerzen.
Doro sah ihn verständnislos an.
„Alles was ich dir jetzt sagen werde, ist nicht einfach zu begreifen. Denn…“ Er brach ab und drehte sich zum Fenster. Offenbar war er nicht in der Lage, sie bei dem, was er zu sagen hatte, anzusehen. „Ich bin nicht nur dein Ziehvater… du bist tatsächlich meine Tochter.“
Doro schluckte, dann fing sie sich wieder. Sie stellte sich neben Eric. „Ich gebe zu, das ist eine Neuigkeit mit der ich nicht gerechnet habe. Mama wollte nie über meinen Vater sprechen. Ich dachte, es lag daran, dass er uns im Stich gelassen hat, als er von der Schwangerschaft erfuhr.“
Eric schüttelte den Kopf. „Nein, das war die Version, für die deine Mutter und ich uns entschieden hatten. Wir wollten dich nicht verwirren, sondern dass du wie ein ganz normales Kind aufwächst.“
Sie zog nachdenklich die Stirn in Falten, denn sie verstand die Bedeutung Erics letzten Satzes nicht. „Aber was hat das alles mit Heyder zu tun?“, fragte sie halblaut.
Eric drehte sich um. In seinen Augen stand der Glanz unterdrückter Tränen. „Eine ganze Menge, mein Liebes, du bist nicht nur meine Tochter. Ich bin leider auch nicht der, für den du mich hältst.“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Ich spüre nur, dass mich unser Gespräch zunehmend beunruhigt. Du wirst doch nicht etwa von Heyder erpresst?“, wollte Doro wissen.
„Nein, mit Heyder bist du auf der völlig falschen Fährte“, er holte noch einmal tief Luft, „Mein richtiger Name ist nicht Eric Tanner, sondern Angarath. Und ich bin auch kein Mann Mitte Fünfzig, sondern ein etwa achthundert Jahre altes Wesen aus der Zwischenwelt.“
„Du bist was?“, fragte Doro heiser. Sie wusste nicht, ob sie laut lachen oder einfach nur geschockt davonrennen sollte. Das war mit Abstand die bizarrste Geschichte, die sie jemals gehört hatte. Und das Schlimmste daran war, sie betraf ihre Person.
„Ich bin ein Dämon, Dorothea. Um genau zu sein, ein Incubus. Ich suche nachts Frauen im Schlaf heim, schicke ihnen erotische Träume und ernähre mich dafür von ihren Gefühlen, die sie aus der Erregung erfahren.“
„Das ist nicht dein Ernst. Du machst Witze“, wisperte sie. Sie hatte erwartet, dass sich Erics Mund zu einem breiten Grinsen verziehen würde, doch zu ihrem eigenen Entsetzen blieb er ernst.
„Ich weiß, wie unvorstellbar mein Geständnis klingen muss, aber es ist die Wahrheit. Ich kann dich nicht dazu zwingen mir zu glauben. Ich kann dich nur bitten, mich anzuhören.“
Ihr Brustkorb fühlte sich plötzlich an, als stecke er in einer riesigen Schraubzwinge. Obwohl ihr Innerstes sie inständig aufforderte, diesen Ort sofort zu verlassen, war sie unfähig aufzustehen. Irgendetwas drängte sie zu bleiben und sich Erics Geschichte anzuhören.
„Ich kann nicht abschätzen, wie viel Zeit uns noch bleibt. Vielleicht ist das meine einzige Chance, dir alles zu sagen, was mich seit dem Tage deiner Geburt bewegt. Möglicherweise wirst du mich danach hassen, aber ich möchte, dass du die Wahrheit erfährst.“ Er sah ihr in die Augen. Das Grau
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