Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
verrückt geworden und sitzt in irgendeiner geschlossenen Anstalt. Und wenn mir nicht ziemlich bald eine Lösung einfällt, wird es mir genauso ergehen. Das meine ich verdammt ernst, Lille. Ich weiß nicht, wie lange ich dem Druck von Eric und Heyder noch standhalten kann.“
Noch mehr Ratlosigkeit zeigte sich in Lilles Gesicht. „Das muss sich jetzt ziemlich plump anhören, aber was ist, wenn du Heyder doch heiraten würdest?“
Doro setzte sich wieder neben Lille auf die Couch. In den letzten Minuten hatte sie ihrer Freundin Unrecht getan. Sie selbst war kaum in der Lage zu begreifen, was augenblicklich auf sie einstürmte. Woher nahm sie das Recht von Lille zu verlangen, dass sie die komplette Tragweite der Situation innerhalb weniger Minuten erfasste. Sie nahm Lilles Hand. „Wenn ich ehrlich bin“, sagte sie ruhig, „Habe ich mir darüber auch schon Gedanken gemacht. Doch es würde nichts an meiner Situation ändern.“
„Wieso nicht?“ Lilles Frage klang flehend.
„Weil ich der Auslöser bin. Ohne meine Existenz wäre das alles nie passiert.“
Lille drückte so fest Doros Hand, dass es schmerzte. „Du machst mir Angst. Ehrlich. Was sollen wir tun?“
„ Wir können gar nichts tun, denn das ist ganz allein meine Sache. Das Beste wird sein, wenn ich fortgehe.“
„Wo willst du hin?“
„Das kann ich dir nicht sagen, Lille, und das Sicherste für dich wird sein, wenn du so wenig wie möglich darüber weißt.“
„Und was wird aus deinem Job bei Heyder?“
„Ich werde morgen meine Stelle kündigen.“
„Und Alexander?“
Doro gab ihr keine Antwort, sondern hob nur unschlüssig die Schultern. Sich von Heyder zu trennen, war eine vergleichsweise leichte Übung, aber die Entscheidung Alexander endgültig zu verlassen, tat richtig weh.
„Überleg´s dir bitte noch mal“, hatte Lille zum Abschied gesagt. Seit dem Gespräch mit Eric machte sie nichts anderes. Auch jetzt, auf dem Weg zum Bäcker, war ihr Kopf voller Gedanken, die nur um dieses Thema taumelten. Sie bemerkte nicht einmal den warmen Regen, der stetig auf sie herab fiel und langsam ihr Haar und ihre Kleidung durchnässte.
Wie sie es drehte und wendete, das Ergebnis blieb dasselbe. Die einfachste Lösung war mit Sicherheit eine Verbindung mit Heyder einzugehen, doch zu diesem Schritt konnte sie sich nicht überwinden. Ihre Zukunft schien im Moment nur aus einem bodenlosen Abgrund zu bestehen. Ganz gleich, wie sie sich entschied, sie verletzte immer einen Menschen, den sie liebte. Ihr Weggang würde alle schmerzen, sie selbst wahrscheinlich am meisten. Und trotzdem war es momentan die einzige Möglichkeit, das Leben aller Anderen zu schützen. Sie hatte den Bäcker erreicht und mit Erleichterung stellte sie fest, dass sie die bekannten Gesichter in der Menschenschlange vor ihr ein wenig ablenkten. Die Bedienung arbeitete flott; nur wenige Augenblicke später kam sie bereits an die Reihe. Sie kaufte einen kleinen Laib Kartoffelbrot, nahm Brottüte und Wechselgeld entgegen, bedankte sich und wollte gerade den Laden verlassen, als er unvermittelt vor ihr stand.
„Hallo, Doro“, sagte Alexander. Über sein blasses Gesicht breitete sich ein freundliches Lächeln aus.
Sie hatte mit Vielem gerechnet, aber nicht damit, dass er plötzlich in der Bäckerei auftauchte. Sie richtete ihre Augen auf den nassen, mit schmutziggrauen Schuhabdrücken übersäten Boden. „Hallo, Alex“, gab sie zurück.
„So, wie es aussieht, bist du zu Fuß da.“
Sie nickte und sah fragend zu ihm auf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie die ganze Strecke von ihrer Wohnung bis ins Dorf hinunter ohne Schirm unterwegs war. Sie war übernächtigt, ungeschminkt und durchnässt; sie musste furchtbar aussehen.
Alexander schmunzelte. „Nein, du siehst sehr hübsch aus“, entgegnete er, „Ganz gleich, ob du Schlamm verspritzt in Jeans und Turnschuhen vor meiner Haustüre steht oderob du mir im Abendkleid gegenüber trittst oder mir völlig durchweicht beim Bäcker begegnest, du bleibst für mich begehrenswert.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung der Fensterfront am Eingang zur Bäckerei. „Es regnet immer noch. Hast du etwas dagegen, wenn ich dich nach Hause bringe?“
Die gemeinsame Zeit mit ihm begann vor ihrem geistigen Auge wie ein Film abzulaufen. Noch während sie die angenehmen Bilder in ihrem Kopf betrachtete, hörte sie sich „Ja“ sagen, obwohl sie eigentlich „Nein“ meinte.
Alexanders dunkelroter Geländewagen parkte direkt vor dem
Weitere Kostenlose Bücher