Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Daunendecke liegen. Sie fühlte sich zerschlagen und entkräftet und nicht nur ihr Bein, sondern ihr ganzer Körper schien lediglich noch aus einer leeren Hülle zu bestehen. Ein Knochengerüst mit etwas Fleisch und Haut darüber, sonst nichts. Behutsam unternahm sie einen erneuten Versuch aufzustehen, diesmal war sie erfolgreich. Mit vorsichtigen, kleinenSchritten hinkte sie zur Schlafzimmertür, weiter in den Flur hinaus und in die Küche. Sie brauchte etwas, das die dunklen Gedanken aus ihrem Kopf vertrieb. Eine heiße Milch mit Honig wärmte von innen und würde ihr gut tun.
Das grüne Zifferblatt der Digitaluhr am Herd zeigte 4.27 Uhr. Ihr blieben etwa vier Stunden Zeit über dasnachzudenken, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Und irgendetwas musste geschehen sein. Die Konsequenzen spürte sie deutlich spürbar am eigenen Leib. Doro nahm die Milch vom Herd und rührte einen Esslöffel Honig hinein. Sie trank den ersten kleinen Schluck. Die Süße des Honigs legte sich wie Balsam auf die wunden Stellen ihrer Seele und sie betäubte ein wenig das dumpfe Gefühl in ihr.
Lille saß bereits hinter ihrem futuristisch wirkenden Empfangstresen, als Doro das Bürogebäude betrat.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie leise. Das Entsetzen stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Wieso?“
„Du siehst furchtbar aus.“
„Das hatte ich beim Blick in den Spiegel auch schon befürchtet. Ist es wirklich so schlimm?“
Lille presste die Lippen aufeinander und nickte.
„Ist Heyder schon da?“, wollte Doro wissen.
„Nein. Der kommt erst gegen 9.30 Uhr. Wir haben also noch ein bisschen Zeit. Willst du einen Kaffee?“
„Gern.“
Zum Glück gab es noch Dinge, die Beständigkeit hatten. Und dazu gehörte Lilles unerschütterliche Freundschaft, ihr Kaffee und eine kleine Spülküche hinter den Kulissen.
Lille nahm zwei große Kaffeepötte aus dem Schrank über der Edelstahlspüle, füllte sie und reichte einen der Becher reichte. „Milch und Zucker nimmst du dir selber? Beides steht links auf dem Tablett neben dem Kühlschrank.“
„Danke“, sagte Doro. Sie bediente sich und lehnte sich anschließend mit dem Rücken gegen die Arbeitsplatte.
Lille stellte sich neben sie und blickte sie forschend an. „Was ist mit dir passiert? Ist es wegen deinem Gespräch mit Heyder?“
„Nein. Mit Heyder hat es nur bedingt zu tun.“ Doro nippte an ihrem Kaffee. Er war nicht nur verdammt stark, sondern auch höllisch heiß. Sie verzog das Gesicht. „Wenn ich ehrlich bin, kann ich dir nicht einmal genau sagen, was überhaupt geschehen ist. Ich weiß nur, es war furchtbar. Ich habe so etwas noch nie erlebt.“ Ihre Hand glitt über die kalte Kunststoffoberfläche und suchte nach der von Lille. „Es hat ganz harmlos angefangen. Ich habe von Alexander geträumt.“ Sie versuchte erfolglos zu lächeln. „Wir waren zusammen und es war wunderschön. Die Abendluft war warm und duftete nach Sommer. Grillen zirpten. Das komplette Romantikprogramm eben. Was ich jetzt sage, hört sich ziemlich kitschig an, aber in diesem Traum erlebte ich so etwas wie den Moment perfekten Glücks.“
Lille hob die Schultern. „Auf jeden Fall hört es sich bis jetzt nicht nach Alptraum an.“ Sie machte den Oberkörper lang und blickte angestrengt zur Küchentür.
„Was ist?“, fragte Doro.
„Nichts. Nur wieder dieser Andress aus der Buchhaltung. Seit einiger Zeit begegnete er mir auf Schritt und Tritt. Mittlerweile finde ich das richtig gruselig. Aber erzähl weiter.“
Doro wusste, was ihre Freundin meinte, denn auch sie wurde das Gefühl nicht los, dass Heyder sie beschatten ließ. Doch im Gegensatz zu Lille, konnte sie ihrer dunklen Ahnung kein bestimmtes Gesicht zuordnen. „Es war so ein Augenblick, an dem man am liebsten die Zeit anhalten möchte, damit er nicht vergeht, aber es ist mir leider nicht gelungen. Die Wandlung kam schleichend. Ich habe es anfangs kaum bemerkt, als sich mein schöner Traum in eine wahre Hölle kehrte. Plötzlich stand ich an einem bodenlosen Abgrund. Alles um mich herum begann zu zerfallen. Der Sommerabend, das Zirpen der Grillen, Alexander, mein Glück. Die Idylle zersprang in tausend winzig kleine Bruchstücke. Ich war allein mit Etwas, das ich nicht beschreiben kann. Ich weiß nur, es gab keine Möglichkeit, ihm zu entkommen. Es war überall um mich herum. Egal in welche Richtung ich zu fliehen versuchte. Es umwickelte mich wie ein Leichentuch und schnürte sich immer enger um mich
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