Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
hinter ihrem Rücken zu und setzte sich auf die untersten Stufen. Regungslos verharrte sie halb wartend und halb hoffend. Die Stille im Treppenhaus war plötzlich unerträglich. Aber noch unerträglicher war das blubbernde Geräusch mit dem der Motor des Defenders ansprang. Sie hörte, wie sich der Wagen bergauf entfernte. Das Motorengeräusch verlor sich mit jedem Meter, den der Wagen sich von ihr entfernte.
Doro sank in sich zusammen. Sie fühlte nicht die Kälte, die von der Steintreppe ausging und langsam durch ihre feuchte Kleidung kroch; sie spürte nur den bohrenden Schmerz, der sie peinigte.
Sie war allein. Sie fühlte sich nackt, verletzt und traurig. Dann verschränkte sie die Arme über ihren Knien und weinte.
Er hatte wirklich alles unternommen, was in seiner Macht stand. Er hatte ihr einen perfekten Liebhaber geschickt. Er hatte ihre Gebrechen gelindert. Er hatte ihrem zweifelnden Geist Selbstvertrauen geben. Er hatte begonnen aus einem menschlichen Häuflein Elend ein Geschöpf zu formen, das der Einzigartigkeit, die es in sich trug, durch ihn endlich gerecht werden konnte, doch anstatt sich ihm verbunden zu zeigen, bestand ihre Dankbarkeit darin, ihn erneut zu hintergehen. Aber was konnte er von einer Kreatur, in deren Adern das Blut eines Verräters floss auch anderes erwarten. Gelal fletschte die Zähne. Wenn er sie tötete, gehörte ihm nicht einmal ihre Seele, selbst die hatte er ihr gelassen. Er konnte nicht sagen, was ihn zorniger stimmte, dass sich seine Braut als Abtrünnige erwies oder dass er selbst gegen fast alle dämonischen Regeln verstoßen hatte. Er durfte sie nicht am Leben lassen. Weder sie noch ihren Vater. Gegen Thomas Heyder war er machtlos, aber auch für ihn ließ sich eine Lösung finden, nachdem er seine Aufgabe erledigt hatte.
Gelal stand neben Doros Bett. Der bläuliche Glanz seiner dämonischen Erscheinung tauchte das Zimmer in eisiges Licht und warf geisterhafte Schatten an die nachtgrauen Wände. Er zögerte einen Moment, während er überlegte, ob er zur Erfüllung seiner Pflicht einen menschlichen Körper wählen sollte. Vielleicht den ihres Vaters oder den Thomas Heyders. Die Vorstellung entzückte ihn, doch im Grunde war es ohne Bedeutung. Wenn sie aufwachte und sich bei seinem Anblick zu Tode erschreckte, dann ging es wenigstens schnell.
Seine goldgrünen Augen ruhten auf ihrer schlafenden Gestalt. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. Ihre Geschichtszüge waren friedlich. Ihre Körperhaltung verriet Ruhe und Entspannung. Sie ahnte nicht, dass er neben ihr stand und sie ahnte auch nichts von seinen Plänen. Sie räkelte sich unter der weichen Decke. Eines ihrer schönen, porzellanfarbenen Beine kam zum Vorschein. Gelal seufzte. Gern hätte er jetzt in Gestalt Alexander Maars die Weichheit ihrer Haut gefühlt…
Er verbot sich diesen Wunsch, leider, denn er war hier, um sie zu töten.
Leider war ein Wort des Bedauerns. Es war menschlich und er war kein Mensch. Vor Jahrtausenden war er aus Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten erschaffen worden. Er war ein Dämon. Ein Geschöpf der Finsternis. Ein Verführer und Seelenbeschaffer. Aber er war keine Kreatur, die ein so unvollkommenes Wesen wie einen Mensch bedauerte. Gelal schüttelte unwillig den mächtigen Widderkopf, um die gedanklichen Plagegeister aus seinem Verstand zu vertreiben.
Er beugte sich zu Doro hinab. „Komm, meine Schöne. Lass mich dich noch einmal lieben, bevor du von mir gehst“, flüsterte er.
Kapitel 22 - Alpträume
Doro erwachte. Um sie herum herrschte das diffuse Dunkel der Nacht und instinktiv tastete sie nach dem Druckschalter ihrer Nachttischlampe. Erst als der Schein der Lampe den Raum mit sanftem, warmem Licht erfüllte, wagte sie es, die scheinbare Sicherheit ihres Bettes zu verlassen und sich aufzurichten. Ihre Augen wanderten rastlos durch das Zimmer. Erleichterte stellte sie fest, dass sie allein war. Vermutlich hatte sie nur schlecht geträumt. Obwohl ihre Anspannung zunehmend wich, wollte sie keine Minute länger in ihrem Bett bleiben. Vorsichtig angelte sie den Bademantel vom Fußende und streifte ihn über.
Beim Aufsetzen ihres rechten Beines war es nur eine vage Vermutung gewesen. Jetzt, wo sie es belastete, war es traurige Gewissheit. Der alte Schmerz war über Nacht zurückgekehrt. Die Heftigkeit, mit der er sich bemerkbar machte, ließ sie unter einem leisen Stöhnen zurückauf das Bett sinken. Eine Weile lang blieb sie reglos auf der weichen
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