Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Position vor dem Kamin, als sie Alexanders Schritte über die Holzdielen auf dem Flur hallen hörte. Er war genau so plötzlich aufgetaucht, wie er zuvor verschwunden war. Sie stand auf. Mit zitternden Fingern strich sie ihre Bluse glatt. Nur noch wenige Schritte trennten sie, dann standen sie voreinander. Die flackernden Kerzen im Kamin erfüllten den Raum mit spärlichem Licht, das dennoch ausreichte, um die Feinheiten in seinen Gesichtszügen zu erkennen. Als er sie vorhin verlassen hatte, erschien er eingefallen und blass. Jetzt war sein Gesicht rosig, sein Körper wirkte athletisch und in seinen Augen lag ein geheimnisvoller Glanz, der erahnen ließ, womit er sich die Zeit vertrieben hatte. Er hatte gejagt und er war erfolgreich gewesen.
Alexander umfasste ihre Schultern, wobei er sorgfältig darauf achtete, den nötigen Abstand zu ihr zu wahren. Sein Gesicht senkte sich zu ihrem herunter. „Bist du zu einer Entscheidung gekommen?“
Doro nickte stumm.
„Und wie lautet sie?“ Seine Stimme schwankte kaum hörbar in ihrer Festigkeit.
„Ich stehe auf deiner Seite“, sagte sie leise, aber bestimmt.
„Heißt das, du bist bereit mir zu folgen?“
„Das heißt, ich werde euren Kampf gegen Heyder mit allen, mir zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen…“
Alexanders Augen begannen zornig zu funkeln. „Hör auf mich zum Narren zu halten. Du hast die Geduld der Zweiundsiebzig bereits auf eine harte Probe gestellt und meine nebenbei bemerkt auch.“
„Und danach werde ich mein vorbestimmtes Schicksal annehmen“, flüsterte sie.
Alexander sah sie verblüfft an, mit dieser Antwort hatte er offenbar nicht mehr gerechnet. „Ist das dein Ernst?“
Doro nickte. „Ja. Und anstatt hier noch länger untätig rumzustehen, sollten wir uns überlegen, wie wir das Buch vor Heyder in Sicherheit bringen. Denn ich bin mir sicher, er wird zurückkommen.“
Alexander schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln.
„Darf ich das Buch einmal anfassen?“, fragte sie.
Zögernd nahm er das Arcanum aus dem Hosenbund in seinem Rücken und streckte es ihr entgegen. „Aber…“
„Keine Angst. Ich schlage es nicht auf. Ich will es einfach nur mal berühren.“
Er ließ das Buch los. Jetzt hielt sie das Arcanum vollständig in ihren Händen. Ihre Fingerkuppen glitten über den abgegriffenen ledernen Einband und in ihrer Handfläche kratzte der aufgebrochene Buchrücken. Etwas schien sich zu verändern. Das Arcanum fühlte sich plötzlich warm und… lebendig an. Sie betrachtete es nachdenklich, denn auch seine Form nahm andere Konturen an. Die Seitenzahl wuchs unter einem leisen Rascheln, der Buchrücken streckte sich in die Länge und das Leder wurde wieder geschmeidig. Mittlerweile lag ein stattliches, antikes Buch in ihren Händen. Es war zwar immer noch nicht über die Maßen auffällig, aber es entsprach schon eher ihrer Vorstellung, wie ein mächtiges Beschwörungsbuch auszusehen hatte.
„Beeindruckend“, sagte sie und gab Alexander das Buch zurück,
„Was passiert, wenn Heyder es in die Hand nimmt?“
„Nichts.“
„Und wenn er es aufschlägt?“ Sie setzte sich wieder auf den Sessel vor dem Kamin. Alexander folgte ihr und nahm auf dem anderen Sessel Platz.
„Du hast gesehen, das Buch kann unterscheiden, wer es anfasst. Und zudem ist es mit dem Fluch belegt, jeden, der es unerlaubt benutzt, in die Irre zu führen“, er grinste hinterlistig, „ Irre heißt in diesem Fall, es bringt den Unglücklichen direkt in die Zwischenwelt. Nicht gerade ein Vergnügen für einen Normalsterblichen.“
Doro blickte ihn fragend an. „Ich verstehe nicht…“
„Stell dir vor, du schickst einen Menschen mit all seinen Gefühlen in die Welt der Dämonen, genauso gut könntest du einen Säugling in eine Löwengrube werfen. Er hat den Geschöpfen nichts entgegenzusetzen, sobald er aufgespürt wird, ist er Freiwild.“
„Wie muss ich mir die Zwischenwelt vorstellen?“
„Zunächst würdest du keine Veränderung bemerken, denn du findest dieselbe Welt vor, die du verlassen hast. Genau das ist das Trügerische. Bis du begreifst, dass sich doch etwas verändert hat, ist es schon zu spät.“
„Meinst du, Heyder weiß wie das Buch wirkt ?“
Alexander zuckte ratlos die Schultern. „Keine Ahnung? Worauf willst du hinaus?“
„Ganz einfach. Wenn es keinen offensichtlichen Unterschied zwischen dem Diesseits“, sie zeigte mit dem Finger auf den Boden, „und dem Drüben gibt, dann würde es Heyder vielleicht nicht
Weitere Kostenlose Bücher