Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Arcanum aushändigen musste, rückte mit jeder Sekunde näher.
Zeit war etwas Unbarmherziges, denn sie nahm keine Rücksicht. Wünsche oder Gefühle spielten keine Rolle. Die Zeit folgte ihrem eigenen Rhythmus und verging.
„Eine heiße Dusche wird mir bestimmt gut tun“, sagte Doro und ging in Richtung der Schlafzimmertür. Das fahle Mondlicht reichte aus, um Konturen zu erkennen und sicher aus dem Raum zu finden.
„Möchtest du Kaffee?“, hörte sie Alexander hinter sich fragen.
Sie drehte sich zu ihm um. Sein Gesicht lag im Dunkeln, aber seine ganze Haltung verriet seine innere Müdigkeit und Erschöpfung. Er hatte diese Nacht nicht wie gewöhnlich zur Nahrungsaufnahme genutzt, sondern hatte an ihrer Seite gewacht. Und mit seinen Berührungen war ein Teil seiner Kraft auf sie übergegangen; das hatte sie deutlich gespürt. In dem Maße, in dem sie Energie und Besonnenheit zurückgewonnen hatte, büßte er an Stärke ein. Sie seufzte stumm, nicht nur für sie brachte der heutige Tag eine Schicksalsentscheidung.
„Kaffee ist perfekt“, antwortete sie lächelnd. Dann ging sie den Flur entlang.
Alexanders Bad war mindestens doppelt so groß wie das in ihrer Zweizimmerwohnung. In einer Ecke stand ein alter Armlehnstuhl. Dort hing bereits ihre Kleidung für den heutigen Tag über der Rückenlehne, die aus Jeans, Bluse und Unterhemd bestand. Ihre Unterwäsche lag oben auf. Das leise Klappern von Geschirr drang an ihre Ohren und der Duft von frisch gebrühtem Kaffee stieg in ihre Nase. Warum wirkte nur alles um sie herum so entsetzlich vertraut und friedlich? Nichts gab den leisesten Hinweis darauf, dass ihre Welt kurz davor stand, aus den Fugen zu geraten.
Doro ließ den Morgenmantel fallen und stieg in die Dusche. Sekunden später rann wohltemperiertes Wasser über ihren Körper. Sie blieb einfach nur ruhig stehen, während der leichte Regen auf ihren Kopf prasselte, ihr Haar durchnässte und dann weiter über ihren nackten Körper lief. Die sanfte Wärme auf ihrer Haut war eine Wohltat und für einen kurzen Moment spülte das Wasser sogar ihre Anspannung hinfort, doch es nahm leider nicht auch ihre Furcht mit sich. Was geschah, wenn Heyder ihren Schwindel zu früh bemerkte? Auf die Schnelle offenbarte sich ihr keine vernünftige Antwort, so grübelte sie weiter, während sie sich mechanisch wusch. Dann stellte sie das Wasser ab und stieg aus der Duschkabine. Sie wickelte das vorgewärmte, weiche Handtuch um ihren Körper, das sie über den Badheizkörper gehängt hatte, dabei fiel ihr Blick auf ihre Armbanduhr, die auf der Ablagefläche neben dem Waschbecken lag. 6.45 Uhr. Noch zwei Stunden und fünfzehn Minuten…
Weitere zwanzig Minuten später saß sie mit einem dampfenden Becher Kaffee in der Hand an dem langen hölzernen Esstisch in der Küche.
Sie nippte daran, bevor sie die Tasse auf dem Tisch abstellte. „Ich glaube, ich bin viel zu aufgeregt für Kaffee, vielleicht wäre ein Kamillentee besser gewesen“, murmelte sie und schob die Tasse von sich weg.
Alexander saß ihr gegenüber. Er beobachtete ihre Reaktion mit einem Schmunzeln. „Soll ich dir lieber einen Tee machen?“
„Nein, danke. Das würde auch nichts an meinem Zustand ändern“, seufzte Doro.
„Soll ich dich zu Heyder begleiten?“, fragte er unvermittelt.
„Besser nicht“, antwortete sie, obwohl sie sich seine Nähe im Moment sehnlich wünschte, „Erstens würde Heyder misstrauisch, wenn wir zu zweit aufkreuzen und zweitens, falls irgendetwas schief geht, kannst du immer noch reagieren und das Arcanum in Sicherheit bringen. Wenn du mich begleitetest ist niemand mehr hier, der das Buch schützen kann.“
„Vielleicht hast du recht“, stimmte ihr Alexander zu.
„Ich traue Heyder einfach nicht“, sagte sie leise, „Er ist derart besessen von dem Buch, dass er zu allem fähig ist, um es endgültig in seinen Besitz zu bringen.“ Ihre Augen wanderten zu der nostalgisch wirkenden Wanduhr neben der Küchentür. 7.38 Uhr. Sie brauchte zwar nicht länger als eine Viertelstunde von der Mühle ins Büro, trotzdem wurde sie von Minute zu Minute nervöser. Es machte keinen Sinn, noch länger hier herumzusitzen und zuzusehen, wie die Zeit verstrich.
Alexander schien zu spüren, was in ihr vorging. „Du willst los?“, fragte er.
„Ja. Je eher ich im Büro bin, umso schneller habe ich die ganze Sache hinter mir. Es ist völlig egal, wann ich ihm das Buch aushändige. Vielleicht besänftigt es ihn, wenn er es früher in
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