Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
gern vom schönen Schein leiten, anstatt den Dingen auf den Grund zu gehen.“
„Was würde passieren, wenn Heyder das Buch in die Hände fällt?“, fragte sie.
„Es wäre eine Katastrophe. Für euch, wie für uns.“
„Ganz so vollkommen scheint eure Welt auch nicht zu sein, wenn ein einzelner Machtbesessener sie ins Chaos stürzen kann.“
„Ich rede nicht von Heyder, denn er würde das Benutzen des Buches nicht überleben.“
„Wo liegt dann das Problem? Gebt ihm doch dieses verdammte Ding, er bringt sich damit um und die Sache ist erledigt.“
Alexander schüttelte den Kopf. „Genau genommen ist unser Problem nicht Heyder.“
„Wer oder was dann?“
Er lächelte geheimnisvoll. „Ich glaube, unser Gespräch dauert etwas länger. Willst du auch ein Glas Wein?“
Er stand auf und ging in die Küche.
„Ja, gern“, murmelte Doro nachdenklich.
Sie hörte das leise Geräusch, mit dem der Korken aus dem Flaschenhals gezogen wurde. Gleichzeitig wurde sie das Gefühl nicht los, dass er ihr in den nächsten Augenblicken Fakten offenbarte, vor denen sie ihren Verstand lieber verschlossen hielt.
Alexander kehrte zurück. Sein erster Blick galt dem Buch, das unberührt auf dem runden Intarsientischchen zwischen den Sesseln lag. Er schenkte tief dunkelroten Wein in die Gläser ein und reichte eines an Doro weiter.
„Danke“, sagte sie.
Er setzte sich in den freien Sessel, nippte an seinem Wein, betrachtete sie forschend und fragte: „Wo waren wir stehen geblieben?“
„Dass Heyder nicht euer Problem ist.“
„Nein. Du bist unser Problem.“
„Warum ausgerechnet ich ?“
„Weil du als Magische zu den wenigen Auserwählten gehörst, die das Buch gefahrlos benutzen können.“
Ihre Augen glitten zu dem Arcanum . Und da war er plötzlich, dieser unterschwellige Drang, das Buch zu berühren. Ihr Arm streckte sich in Richtung des Tischchens aus, um nach dem Buch der Geheimnisse zu greifen, doch Alexander kam ihr zuvor. Er nahm es an sich und steckte es zwischen Polster und Armlehne seines Sessels.
„Du traust mir wohl nicht?“
„Nein. Misstrauen ist eine meiner primären Aufgaben, schließlich bin ich der Hüter des Buches.“
„Warum hast du mich herbestellt? Ist das eine Art Test oder willst du mich einfach nur vorführen?“
„Nichts von alledem. Ich bitte dich einfach nur um deine Hilfe.“
Doro schlüpfte aus ihren derben Wanderschuhen, zog die Knie auf dem Polster an und umschlang sie mit ihren Armen. „Du musst zugeben, das ist eine äußerst seltsame Art, jemanden um Hilfe zu bitten“, entgegnete sie.
„Heyder wird nicht locker lassen, bis er das Buch endlich gefunden hat und danach wird er dich zwingen, es für ihn zu benutzen. Du kennst ihn gut genug, um zu wissen, dass er in seiner Vorgehensweise nicht zimperlich sein wird.“
Sie brauchte nicht weiter nachzufragen. Es war eindeutig, worauf Alexander anspielte. Eric war ein Verräter, sie dessen leibliche Tochter und ganz nebenbei hing das Leben ihres Vaters von Heyders Wohlwollen ab. Aus Alexanders Sicht war sie ein unkalkulierbarer Risikofaktor. Keine Basis, die dazu diente, uneingeschränktes Vertrauen aufzubauen.
„Was macht dieses Buch derart einzigartig?“, wollte sie wissen.
Alexander legte das Buch zurück auf das Tischchen. Er kam zu ihr herüber und setzte sich zu Füßen ihres Sessels. „Jedes andere Beschwörungsbuch wurde von Menschen verfasst, nicht aber das Arcanum Daemonum . Dieses Buch hat keinen menschlichen Ursprung, sondern wurde nach dem Entstehen der Zwischenwelt von den Zweiundsiebzig mit ihrem eigenen Blut geschrieben.“ Er öffnete das Buch an einer wahllosen Stelle und zeigte es Doro auf die Entfernung. Der Inhalt war rötlich braun und nahezu verblasst. Die fremdartigen Schriftzeichen verschwammen zu einer zähen Runensuppe, aus der sich keine lesbaren Buchstaben ableiten ließen. Sie kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich. Tatsächlich begannen die Zeichen sich zu verändern. Alexander klappte das Buch zu und deponierte es in seinem Schoß.
„Warum haben sie es mit Blut geschrieben?“
„Unser Blut ist unser wertvollster Besitz, denn es besteht aus den puren Emotionen, die wir unseren Opfern entziehen, um uns davon zu ernähren. Nichts ist für einen Dämon schlimmer, als der Verlust seines Blutes. Die Menge spielt dabei keine Rolle. Wir können nicht wie Menschen verbluten, aber jeder einzelne Tropfen, den wir verlieren, bedeutet ungeahnte Schmerzen. Die Zweiundsiebzig
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