Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
haftete weiterhin zäh und klebrig wie Baumharz an ihr.
„Nein. Das wird uns eingeredet, um die Masse Mensch zu schützen, weil sie schwach ist. Die meisten sind doch gar nicht in der Lage, über den sprichwörtlichen Tellerrand zu schauen. Sie sind ideenlos, faul und aus eigener Kraft nicht dauerhaft überlebensfähig. Zumindest nicht in einer Welt, in der sich jeder Einzelne behaupten muss, in der es keine sozialen oder religiösen Rettungsanker gibt. Jedes Individuum ist für sein eigenes Handeln in vollem Umfang verantwortlich. Im Guten wie im Schlechten. Ist er erfolgreich, wird er Mitstreiter finden.“
„Und wenn er versagt?“
„Dann geht er unter. Das entspricht dem Grundprinzip der Evolution. Nur die Starken überleben, so haben sich die verschiedenen Arten auf unserem Planeten entwickelt. Und du wirst mir jetzt nicht ernsthaft widersprechen wollen, dass unsere Welt vielfältig und schön ist.“
„Trotzdem sind Arten bedroht. Willst du behaupten, sie sind alle schwach.“
Heyder nahm einen langen Zug aus seinem Weinglas. „Nein. Viele von ihnen sind Opfer einer Tierart, die sich bislang zu oft erlaubt hat, sich über alle anderen Geschöpfe zu erheben.“
„Der Mensch?“
Heyder bejahte ihre Frage mit einem Kopfnicken.
„Du hältst Menschen für Tiere?“
„Wir sind nichts anderes. Wir sind Tiere unter anderen Tieren. Doch leider muss ich gestehen, dass wir allein aufgrund unserer geistigen Fähigkeiten, zum bösartigsten aller Geschöpfe geworden sind. Evolutionstechnisch gesehen sind wir ein absoluter GAU. Und leider gibt es auch viel zu viele von uns.“
„Und wie soll deiner Meinung nach die Lösung aussehen?“
„Das ist denkbar einfach. Ich setze auf die Selbstregulierung. Sobald wir aufhören die Schwachen und Inkompetenten auf dem Grundsatz des Rechtes von Gleichheit zu unterstützen, hätten wir das Problem sehr schnell im Griff. Es verhält sich wie mit jedem anderen Geschöpf, wenn du ihm keine Nahrung mehr gibst. Es wird früher oder später zu Grunde gehen, falls es keine vernünftige Überlebensstrategie entwickelt. Im Bezug auf den Menschen bedeutet das, falls er keine Eigenverantwortung für sein Handeln übernimmt.“
Heyders Worte überzogen Doros Rücken mit einer feinen Gänsehaut. Was sie da hörte, war absolut verrückt. Spätestens jetzt war der Punkt erreicht, an dem sie aufstehen und gehen sollte, doch trotz allem Widerwillen, den sie empfand, zwang sie etwas dazu, die nächste Runde dieses abartigen Spiels einzuläuten. „Bis jetzt kann ich dir folgen. Aber wie willst du die Starken von den Schwachen zuverlässig trennen?“, wollte sie wissen.
Heyder verschränkte die Hände im Nacken und lehnte sich auf der Couch zurück. „Dazu habe ich meine ganz eigene Vorstellung. Ich denke, die effizienteste Trennung basiert auf beobachten und manipulieren.“
„Deshalb führst du diese Listen. Du beobachtest die Menschen und willst herausfinden, ob sie…“
„Lass es uns von Anfang an richtig ausdrücken: …In welche Kategorie sie gehören. Ich analysiere ihre Stärken wie auch ihre Schwächen, dann entscheide ich mich.“
Doro verkniff sich die Frage, was mit denen geschah, die bei dieser Prüfung durch Heyders Raster fielen. Mit Sicherheit wurden sie nicht wohlbehütet von seiner schützenden Hand in ihr weiteres Daseins entlassen. Stattdessen fragte sie: „Warum hast du dir für deine Studien Kirchbronn ausgesucht?“
Heyder geriet ins Schwärmen. „Die Grundvoraussetzungen sind vielversprechend. Ein gottverlassenes, völlig unbedeutendes Kaff im Nirgendwo, das kaum einer kennt, es sei denn, er verirrt sich zufällig dorthin. Und obendrein auch noch mit einer maroden Wirtschaft und allen damit verbundenen sozialen Problemen ausgestattet. Das ist ein guter Nährboden, der Eigendynamik in der Entwicklung zulässt und damit geradezu ideal für mein Experiment ist. Ich kann in aller Ruhe meine Studien betreiben und beobachten, wie die Bevölkerung auf die jeweiligen Veränderungen ihrer Lebensbedingungen reagiert. Glaube mir, ich habe mir viele Dörfer und Städte in Deutschland angesehen. Die Suche hat mich Jahre gekostet und es war alles andere als leicht, den perfekten Ort zu finden. Mal war die Bevölkerung überaltert. Mal war es die Umgebung. Mal war es irgendein anderer suboptimaler Grund, der das Projekt scheitern ließ.“ Heyder war völlig in seinem Element. Er stand wirklich hinter dem, was er ihr erzählte.
„Du siehst Kirchbronn als
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