Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
ihre Tante kümmern musste.
Hastig packte sie ihre Sachen zusammen. Auf dem Schreibtisch steckten in einer weinroten Ledermappe einige Hotelbriefbögen. Sie verfasste eine kurze Nachricht, in der sie sich bei Heyder bedankte und ihm mitteilte, dass sie in einer dringenden Familienangelegenheit nach Stuttgart müsse. Besonders originell war ihre Ausrede zwar nicht, aber hoffentlich halbwegs glaubwürdig. Sie eilte zur Rezeption hinunter, hinterlegte die Nachricht in Heyders Postfach und bat den jungen Mann am Empfang, ihr ein Taxi zu rufen.
Als Doro ihre Wohnungstür aufschloss war es kurz vor 2.30 Uhr. Sie fühlte sich matt und erschöpft und ihre letzten Wünsche für diese Nacht galten einer warmen Dusche und ihrem Bett. Sie stellte ihre Reisetasche im Flur ab und tappte den nächtlich dunklen Flur in Richtung Wohnzimmer entlang. Nach knapp drei Jahren fand sie sich in den Räumen auch nahezu blind zurecht, zumal sie sich im Moment sogar zu ausgelaugt fühlte, um den Lichtschalter zu bedienen.
Zuerst war es nur vage Eingebung. Vielleicht täuschten sie nach diesem verrückten Tag auch bloß einmal mehr ihre Sinne. Nein. Jetzt konnte sie es deutlich riechen. Der vertraute Duft seines Parfums lag in der Luft. Nicht aufdringlich, sondern hauchzart und trügerisch leicht breitete er sich auf ihren Geruchsrezeptoren aus.
Er war hier, in ihrer Wohnung.
Doro legte sich eine Hand vor den Mund, um einen hysterischen Aufschrei zu unterdrücken. Tränen schossen in ihre Augen. In was war sie da hineingeraten?
„Komm rein, Liebes“, hörte sie seine Stimme aus dem Wohnzimmer.
„Alex?“, fragte sie leise und ging vorsichtig auf die Türöffnung zu, die spärliches Licht in Form eines steingrauen Vierecks auf den Teppichboden fallen ließ.
„Ja. Hast du jemand anderes erwartet?“
Sie hatte heute Nacht überhaupt niemanden erwartet. Einige Zentimeter vor dem Türrahmen blieb sie stehen. „Was tust du hier?“
„Auf dich warten, meine Schöne“, gab er mit seidenweicher Stimme zurück. Sie konnte hören, dass sich der Abstand zwischen ihnen verringert hatte.
„Wie bist du hier reingekommen? Die Tür war abgeschlossen.“
„Die meisten Schlösser sind für mich kein Problem.“
„Und woher hast du gewusst, dass ich heute Nacht zurückkomme?“
„Oh, ich glaube, es gibt fast nichts, was du vor mir geheim halten kannst.“ Seine Stimme klang jetzt gefährlich nah.
Doro wurde schlagartig bewusst, dass er auf der anderen Seite des Türrahmens stand. Völlig lautlos hatte er sich auf sie zu bewegt.
„Schon gar nicht, wenn…“ Sie spürte, wie er ihren Arm packte und sie ins Wohnzimmer zog. „…es deine Gefühlswelt derart in Wallung bringt“, zischte er, „Liebste, hast du schon vergessen, dass ich in dir lesen kann wie in einem offenen Buch.“
Sie war starr vor Angst und konnte ihn nur schemenhaft erkennen. Es war genauso, wie in der Nacht in seinem Arbeitszimmer. Die Stimme gehörte eindeutig Alexander, aber alles an ihm erschien imposanter, mächtiger und bedrohlicher. Und trotzdem glimmte in ihr ein leiser Funken Freude, ihn zu sehen, der stärker war als ihre augenblickliche Furcht.
„Was willst von mir?“, flüsterte sie.
Er hielt sie immer noch fest. Seine grüngoldenen Augen leuchteten in der Dunkelheit und schienen bis tief in ihre Seele hineinzuschauen.
„Ich möchte mit dir reden“, sagte er.
Die ganze Szene glich einem grotesken Traum. „Über was?“
„Über dich und was du getan hast.“ Er ließ sie los.
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
Ein Auto fuhr die Straße entlang und warf für einige Sekunden Scheinwerferlicht in die Dunkelheit des Wohnzimmers und auf Alexanders versteinertes Gesicht.
„Was soll ich bloß mit dir machen?“ Seine Hand strich ihren Hals entlang. „Du weißt, ich begehre dich, aber du kannst dich nicht ständig gegen mich auflehnen.“
Sie konnte schwören, seine Lippen hatten sich nicht bewegt. Doch jedes einzelne Wort von ihm, kam laut und deutlich in ihrem Ohren an. Doro glitt einen Schritt zurück. Er folgte ihr mit spielerischer Leichtigkeit. Trotz der Dunkelheit im Raum, war er offensichtlich in der Lage, sie genau zu beobachten. „Du fragst dich, wie das sein kann?“
„Ja“, gab sie leise zurück.
„Ich sehe die Bilder in deinem Kopf. Sequenz für Sequenz laufen sie wie ein Film auf einer Kinoleinwand ab. Ich muss mich nur zurücklehnen und ihn genießen. Gerade hast du Angst, aber du empfindest auch Faszination und
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