Dämonenfalle Rom
beschreiben. Inmitten dieser Idylle hatte das Schicksal grauenhaft zugeschlagen. Ein Schicksal, für das es keine Erklärung oder Entschuldigung gab.
Glenda schluchzte. Aus ihren Augen rannen Tränen, der Körper bebte, sie hielt den Kopf gesenkt, die Stirn war gegen Mrs. Goldwyns Schulter gepreßt.
»Okay, Kindchen, beruhige dich. Ich weiß, es ist schlimm, aber du mußt erst einmal nicht daran denken.« Sie redete noch weiter, obwohl sie annahm, von Glenda kaum verstanden zu werden.
Uber deren Schulter konnte Lady Sarah hinwegschauen. Die Menschen hatten sich weit zurückgezogen, niemand wollte so recht am Ort des schaurigen Geschehens bleiben. Sarah Goldwyn und Glenda Perkins waren die einzigen, die noch an dieser Seite des Brunnens standen. Vielleicht zwei Minuten waren seit der schrecklichen Entdeckung vergangen, als die Horror-Oma die ersten Uniformierten sah, die über den Vorplatz rannten.
Zwei Carabinieri waren inzwischen alarmiert worden. Mit hochroten Gesichtern blieben sie neben den beiden Frauen stehen und sprachen auf sie ein, während die Horror-Oma nur auf den Brunnen deutete. Jetzt sahen auch die Polizisten den Kopf.
Das Blut wich aus ihren Gesichtern. Sie traten zurück und bekreuzigten sich beide. So etwas Grauenvolles hatten sie in ihrem Leben noch nie gesehen.
Einer blieb bei den Frauen, während der zweite so rasch wie möglich wegrannte, um wahrscheinlich die Mordkommission zu alarmieren. Der Zurückgebliebene war sprach-und fassungslos. Er stand da, schaute zu Boden und bekam kein Wort über die Lippen.
Italiens Polizisten waren durch den politischen und auch den Mafia-Terror viel gewohnt, aber dieser grausame Fund schlug selbst dem Carabinieri auf den Magen.
Glenda beruhigte sich nur schwer. Immer wieder schluchzte sie auf. Sie hatte einen Schock bekommen, und Lady Sarah versuchte sie so gut wie möglich zu trösten.
Schließlich vernahmen sie die Sirenen. Wenig später jagte mit kreischenden Reifen ein Wagen der Polizei auf den Vorplatz, gefolgt von zwei anderen Fahrzeugen, die ebenfalls ruckartig gebremst wurden und die Männer der Mordkommission entließen.
Im Nu gab es das große Chaos. Lady Sarah und Glenda wurden zur Seite gedrückt, die Experten der Spurensicherung begannen mit ihrer Arbeit, und der Chef der Mordkommission bat die beiden, auf keinen Fall wegzulaufen.
»Das hatten wir auch nicht vor«, erklärte die Horror-Oma in ihrer Heimatsprache.
Als der Kommissar auf deutsch antwortete, nickte sie zufrieden. Dann brauchte sie nicht ihre mageren Italienisch-Kenntnisse aus der Kiste zu kramen.
Dafür beobachtete sie den Kommissar.
Er war ein Gummiball-Typ. So springlebendig wirbelte er herum und scheuchte auch seine Leute durcheinander, damit niemand herum-oder im Wege stand. Am markantesten war der Schnäuzer des Mannes. Ein richtiger Busch wuchs auf der Oberlippe, dafür waren ihm die Haare ausgefallen, so daß man ihn als einen italienischen Kojak ohne Lolli bezeichnen konnte.
Der Kommissar trug einen grünen Anzug, sein Hemd zeigte Flecken, und die Krawatte, breit wie eine Hand, gehörte auch nicht zu den modernsten. Mit der Spitze steckte sie im Hosenbund. Nach einigen Minuten und nachdem er sich den Kopf angeschaut hatte, wandte er sich an die beiden Frauen. Nickend blieb er vor ihnen stehen.
»So«, sagte er, »darf ich Sie dann in meinen Wagen bitten! Ihre Aussagen sind natürlich sehr wichtig.«
»Das können Sie laut sagen, Kommissar«, erwiderte Lady Sarah. Der Dienstwagen entpuppte sich als geräumiger Fiat, in dem alle Platz fanden. Die beiden Besucher aus England saßen auf dem Rücksitz, während der Kommissar vorn hockte und sich während des Gesprächs umdrehte.
Er stellte sich als Paolo Rossini vor.
»Verwandt mit dem Komponisten?« fragte Lady Sarah.
»Leider neia Dann wäre ich nicht bei der Polizei und würde statt dessen von den Tantiemen leben.«
»Man kann nie wissen.«
»Kommen wir zum Fall!« Rossini wischte über seine Glatze. »Wenn Sie mir zuerst Ihre Namen sagen könnten und woher Sie kommen. Es ist eine Formalität, die leider immer durchgeführt werden muß, wenn Sie verstehen.«
»Sicher«, antwortete Lady Sarah. »Ich habe selbst genug mit der Polizei zu tun.«
»Ach ja?«
»Nicht wie Sie denken. Die Polizei in London gehört zu meinen Freunden, aber ich habe den Kopf nicht gefunden, sondern Signorina Perkins. An sie müssen Sie sich wenden.«
»Natürlich.«
Glenda hob den Kopf. In ihren Augen stand nach wie vor die Angst.
Weitere Kostenlose Bücher