Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
das Zimmer. Aber auch bei ihrer zweiten kritischen Inspektion änderte sich nichts an der Tatsache, dass es wunderschön war. Die hohe Decke und die knarrenden alten Bodendielen übten einen Charme aus, dem sie sich nicht entziehen konnte. Zwei Flügeltüren gingen auf einen kleinen Balkon hinaus, der einen Ausblick auf den Hinterhof bot.
„Kann ich es haben?“ Die Frage war an Michelle gerichtet. Die Vermieterin und Mitbewohnerin.
„Es gehört dir.“ Die Französin, deren rabenschwarze Haare wie Samt glänzten, lächelte. Sie streckte ihre Hand aus.
Sariel schlug ein.
Mit einem tiefen Atemzug sog Alexander die Luft ein und versuchte, sich mit geschlossenen Augen auf das Nichts zu konzentrieren. Auf schwarze Leere, die es ihm erlaubte, in Meditation zu versinken. Seinen Geist zur Ruhe zu bringen. Die Gedanken zum Schweigen.
Es gelang ihm nicht.
Nach einer halben Stunde brach er frustriert ab. Gedanken an Sariel lenkten ihn ab. Trotz der Ruhe und der Stille der Sahara schaffte er es nicht, sich zu entspannen. Mit einer Grimasse schüttelte er den Kopf.
Eine Stunde später war er noch immer nervös. Anstatt die Abgeschiedenheit Tisavars, seines Domizils in der Sahara, zu genießen, lief er auf und ab. Das Plätschern des Wassers, das jeden seiner Schritte zu begleiten schien, machte ihn verrückt. Aber, was schlimmer war, seine Gedanken kreisten mittlerweile um einen anderen Namen.
Torsten Halder.
Er hätte ihn töten sollen. Ein Ifrit, der den Auftrag erhielt, einen Mord zu sühnen, war ein tödliches Instrument, denn er ruhte nicht, bis er seine Mission erfüllt hatte. Er handelte aus einem inneren Drang heraus, der nicht gestoppt werden konnte. Alexander spürte, wie dieser Trieb stärker wurde. Es würde von Tag zu Tag schlimmer werden, solange bis er es nicht mehr aushalten und seine Aufgabe erfüllen würde. Dann wäre Sariel allein auf dieser Welt. Und nicht nur das, sie würde ihn hassen.
Er musste den Ältestenrat aufsuchen. Bald. Aber zuvor gab es etwas anderes zu erledigen.
Lautlos bewegte er sich durch die weitläufigen Gänge der Halderschen Villa. Er wollte herausfinden, wie Halder die letzte Nacht überstanden hatte.
Die Energiefäden waren verschwunden. Mit seinem Angriff auf Halders Machtzentrum hatte er sie zerstört. Jetzt lag das Haus ungeschützt vor ihm. Nur von den Hunden und Menschen in Halders Diensten bewacht. Gegen einen Ifrit vermochten sie nichts zu bewirken. Trotzdem materialisierte er sich nicht. Eines war ihm bewusst geworden: Den Banker zu unterschätzen, konnte ein tödlicher Fehler sein.
Endlich erreichte er sein Ziel. Das Schlafzimmer, in das sich Halder zurückgezogen hatte. Ohne die Tür zu öffnen oder auch nur eine schwache Brise in der Luft zu verursachen, glitt Alexander in den Raum. Dort in den Kissen lag der Banker. Sein Gesicht gezeichnet wie von einer schweren Krankheit.
Mit einem sanften, vorsichtigen Tasten, erfasste der Ifrit das Energiefeld seines Gegners. Es sah nicht gut aus. Viel hätte nicht gefehlt, und sein Widersacher hätte statt der Unsterblichkeit den Tod gefunden. Auch so würde es für ihn nicht einfach werden. In seinem Körper und vor allem in seiner Aura vollzogen sich Prozesse, die ihm Kraft raubten.
„Ich werde dich töten, Ifrit.“
Ohne seine Augen zu öffnen, murmelte Halder diese Worte.
Anstelle einer Antwort materialisierte Alexander die Feder, die er mitgenommen hatte. Dieses Mal war sie gerade groß genug, um von einem Menschen wahrgenommen zu werden. Sie schwebte lautlos, drehte sich in einem Luftwirbel und sank langsam zu Boden.
15
„Schön, dich zu sehen!“, stellte Tim Buchanan mit einem Grinsen fest. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch erleben würde“, setzte der Mann hinzu, der Alexanders einziger Freund war. Tim musste jetzt etwa sechzig Jahre alt sein. Als der Ifrit ihn das letzte Mal gesehen hatte …
Alexander schüttelte den Kopf. Unfassbar, es war tatsächlich zwanzig Jahre her, seit er seinem Freund den letzten Besuch abgestattet hatte.
„Ich muss mich entschuldigen.“ Alexander ergriff Tims ausgestreckte Hand und erwiderte den Händedruck. „Es war mir nicht bewusst, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist.“
„Anstatt die russischen Geheimlager nach Kunstschätzen zu durchstreifen, hättest du mich lieber besuchen sollen. Wir Menschen sind nicht für die Ewigkeit gemacht“, rügte Tim.
„Ich weiß, aber manchmal vergesse ich diese
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