DÄMONENHASS
Shaithis und sogar Shaitan der Ungeborene, der ihr Vater war – mitsamt ihren Ungeheuern vernichtet. Ebenso Lady Karen – verbrannt unter einem einzigen Höllenhauch, in einem sengenden Feuer, das abscheulicher war als sie alle zusammen! Alle verschwunden, diese Ausgeburten des Bösen. Und möglicherweise auch einige, die ... gut waren, selbst wenn sie die Saat des Bösen in sich trugen.«
»Einige, die ›gut‹ waren, sagst du?« Neben Lardis stand ein alter, vertrauter Freund und Gefährte: Andrei Romani. »Ach ja? Die Wamphyri meinst du? Dann wärst du vielleicht so freundlich, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, denn ich will verdammt sein, wenn mir welche einfallen, die gut gewesen sein sollen!«
Lardis warf ihm einen kurzen Blick zu und nickte leicht. »Oh doch, du kennst sie sehr wohl. Du willst es bloß nicht wahrhaben, das ist alles. Was ist mit Harry Höllenländer, genannt Herrenzeuger, der aus der Welt jenseits des Tores kam, um in der Schlacht um den Garten an der Seite seines Sohnes zu kämpfen? Was ist mit dem Herrn des Gartens, der mit seinem Vater die Felstürme der Wamphyri auf der Ebene einriss? Oh ja, und sogar Lady Karen, die ihnen zur Seite stand und sich gegen ihr eigenes Volk wandte.«
Andrei sah ihn erstaunt an. »Ihr eigenes Volk? Mit ›ihr‹ meinst du sie doch alle, oder! Sie waren doch alle selbst Wamphyri! Harry Höllenländer, der binnen eines Lidschlags kommen und gehen und mit den Toten sprechen konnte: Er war ein Wamphyri, wie du sehr wohl weißt. Ebenso sein Sohn, den man den Herrn nannte. Später wurde aus ihm ein Wolf – eine Ausgeburt der Hölle! Und was Karen betrifft: Du vergisst, Lardis, dass ich damals im Garten dabei war, als sie Lesk dem Vielfraß bei lebendigem Leib das Herz herausriss und dabei lachte, als sein Blut sie überströmte! Sie war ohne jeden Zweifel eine Wamphyri! Oh ja, die Pest hatte sich in ihnen allen festgefressen. Erzähl mir also nicht, was böse ist und was nicht! Ich für mein Teil sage, dass es irgendwo einen Gott gibt und dass er endlich genug von ihnen hatte. Also hat er sie in jener Nacht allesamt fortgefegt und uns zurückgelassen, damit wir den Frieden bewahren!«
Lardis und Andrei waren älter geworden, ihre Gelenke etwas steifer, das Haar fast zur Gänze grau und die Augen nicht mehr ganz so scharf wie ehedem. Aber ihr Gedächtnis war immer noch klar. Vierzehn Jahre sind schließlich keine sonderlich lange Zeit für Erinnerungen, wie sie sie besaßen. Auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren, wusste der eine doch, dass der andere irgendwie recht hatte; dadurch glich sich alles wieder aus.
»Du hast recht«, knurrte Lardis schließlich, »Es ist sicher zum Besten, dass sie alle fort sind. Aber ich frage mich trotzdem: Falls Harry, der Herr und Karen nicht gewesen wären ... Was wäre dann aus uns geworden? Was wären wir heute?«
»Vermutlich Staub«, gab Andrei zur Antwort, »dann wäre ohnehin alles egal.«
»Und unsere Kinder?«
Statt zu antworten, fröstelte Andrei und stampfte mit den Füßen auf. Dann wechselte er das Thema. »Worauf warten wir eigentlich, verdammt noch mal?«, wollte er mit lauter Stimme wissen. »Wo zum Teufel steckt Nana Kiklus missratener Bengel?«
»Was denn, ich und missraten?«, erklang eine laute, lachende Frage aus den Schatten an der Mündung des Passes. Wo Nestor Kiklu und Lardis’ Sohn Jason vorausgegangen waren, bewegte sich etwas. Sie traten aus den Schatten, sodass sie nunmehr deutlich zu sehen waren, und abermals wollte Nestor wissen: »Nimmt hier jemand unnütz meinen Namen in den Mund?«
»Nein, nicht den deinen, aber den deines schwachköpfigen Bruders Nathan«, rief Andrei zurück. »Er lässt uns immer nur warten!«
Ihre Rufe klangen hallend durch den Pass zu den Bergen, wurden zurückgeworfen und hallten über die Ebene der Sternseite. Lardis gefiel das nicht besonders. Seine Nackenhaare richteten sich auf, und sein Atem drang in schnellerer Folge an die kalte Luft. Außerdem mochte er es nicht, wenn man Nathan Kiklu verspottete, nicht einmal in unüberlegtem Scherz, auch nicht, wenn er von Andrei kam. Es stimmte ja: Nathan war nicht der Hellste, aber an dem Jungen war doch weit mehr dran, als man auf den ersten Blick annahm. »Ruhig!«, mahnte Lardis. »Die Sternseite mag zwar leer sein, aber sie ist dennoch kein guter Ort zum Herumschreien ...«
Und zumindest einer hatte sie gehört.
Unten, am Rand des niedrigen Kraters, in dem das Tor lag, erwachte Nestor Kiklus
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