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DÄMONENHASS

DÄMONENHASS

Titel: DÄMONENHASS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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herabbaumeln. Das war nur billig, denn was war ein Lord der Wamphyri schon ohne seinen Handschuh?
    Die Sonnseite wies mittlerweile grüne und graue Farben auf, aus den dunklen Wäldern stieg Nebel in die Höhe, von fernen Lagern und Siedlungen erhob sich blauer Rauch, und die Vögel erwachten und stimmten ihren morgendlichen Gesang an. In der Mitte des südlichen Horizontes drohte ein goldenes Leuchten jederzeit zu einem goldenen Glutofen zu werden.
    Nestor stieß seinem Reittier die Fersen in den Ansatz des sich wiegenden Halses und zerrte zaghaft an den Zügeln. »Hoch mit dir«, stieß er hervor. »Wir müssen los.«
    Die Kreatur wandte den langen Hals, sah ihn neugierig an, breitete die rochenähnlichen Schwingen aus – und rührte sich nicht. Nestor verpasste ihr einen Klaps auf den Hals, das graue Fleisch zuckte ein wenig – das war alles. »Auf!«, schrie er und trieb ihr die Fersen heftiger in die Haut, wo Vasagis gespornte Stiefel tiefe Furchen hinterlassen hatten. Das Tier schnaubte und bebte leicht, verharrte jedoch am Boden. Die Antwort lag in Nestors Kopf vergraben, und schließlich fand er sie auch.
    Ich will, dass du fliegst!, befahl er dem Wesen. Auf jetzt, hoch in den Himmel und zurück zur Sternseite. Oder willst du lieber schmelzen, wenn die Sonne aufgeht? Da schwollen verwandlungsfähige Muskeln an, und die Sprungbeine des Fliegers krümmten sich wie gespannte Stahlfedern. Aber immer noch wollte – und konnte – die Bestie ihm nicht gehorchen. Doch plötzlich gesellte sich Vasagis erschöpfte ›Stimme‹ zu derjenigen Nestors:
    Oh ja, du warst stets ein getreues Tier. Als ich dir befahl, dortzubleiben, bliebst du auch dort. Aber jetzt gehörst du ihm. Es gefällt mir, dich ihm zu schenken ... jedenfalls für eine gewisse Zeit. Also flieg – flieg!
    Die Schwingen der Bestie streckten sich, als hohle Knochen, Flughäute und Muskeln sich im Fluss der Verwandlung reckten und in neue Gestalt flossen. Sodann beugte sich das Wesen über den Klippenrand. Nestor drückte die Knie zusammen und packte die Zügel fester. Die Sprungbeine des Fliegers stießen ihn in die Höhe und nach vorn ... und dann flog er!
    Der Wind peitschte Nestor ins Gesicht, als sein unheimliches Reittier über die Sonnseite glitt und allmählich an Höhe gewann. Doch die Sonnseite war nicht sein Ziel. »Zur Sternseite!«, schrie er mit Stimme und Geist. »Zur Sternseite!« Bis der Flieger seine Rochenschwingen in riesige Krümmungen legte, in denen sich die Luft fing, eine Aufwindsäule nutzte und zu den Gipfeln emporstieg.
    Und in den nebelverhangenen Tälern und Wäldern blieb all das zurück, was Nestor gewesen war und getan hatte – alles, was er gekannt und nunmehr vergessen und aufgegeben hatte ...
    Nathan folgte dem Lauf des Großen Finsterflusses und besuchte nacheinander Spalte-im-Fels, Viele-Höhlen, die Zwillingskolonien See-des-Lichts und See-der-Sterne sowie Stätte-der-Tierknochen. Meistens nahm er den Flussweg tief unter der Wüste. Ab und zu musste er, wenn der Fluss ohne einen Pfad in einem Loch verschwand, ein Fährboot durch die schwarzen Gedärme der Erde benutzen. Manchmal wanderte er auch an der Oberfläche von Oase zu Oase, wo Brunnen oder Wasserlöcher den herbeigewehten Sand mit den unterirdischen Ablagerungen des Flusses verbanden.
    Es gab viele Thyre-Kolonien, obgleich nur wenige davon mehr als etwa einhundert Personen beherbergten. Selbst Zum-Himmel-offen, die größte, die er bisher besucht hatte, bot nur etwa zweihundertsechzig Bewohnern Platz. Atwei zufolge gab es alles in allem nicht mehr als fünftausend Thyre. Wurde diese Zahl überschritten, drohte eine Verschlechterung der Lebensbedingungen in den begrenzten Wohnräumen.
    Nathan gab Kenntnisse weiter, lernte, was er lernen konnte, und erwarb sich einen Ruf als Freund der Thyre. Dabei vergaß er nie die Bescheidenheit, die das Wüstenvolk und seine Toten so sehr an ihm schätzten. Und während er lehrte, lernte Nathan zugleich.
    Er begegnete noch anderen, die ›sich mit Zahlen auskannten‹, traf aber auf keinen, dessen Kenntnisse das rudimentäre Verständnis des Ältesten Ethloi übertrafen. Er studierte, was Ethloi ihm gezeigt hatte, nahm sich sein ›Zehner-System‹ vor, erforschte Division, Multiplikation, sogar Dezimalstellen – all das tat er, ohne den Zweck dahinter zu kennen oder auch nur zu ahnen, ob es überhaupt einen Zweck über die Information hinaus gab. Alles, was er wusste, war, dass dies für ihn wichtig war. Und manchmal

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