DÄMONENHASS
fremd geblieben!«
»Aber ... wir kennen euch doch«, antwortete Septais und blinzelte.
»Ja«, sagte Nathan und nickte, »ihr kennt uns – jedenfalls wisst ihr etwas über uns –, aber die Szgany haben euch eigentlich nie gekannt. Und gewiss haben sie hiervon nichts gewusst!« Er breitete die Arme aus, als wolle er ganz Krater-See einschließen.
Der Ort trug seinen Namen zu Recht. Es handelte sich um einen gewaltigen Krater, der eine ganze Meile durchmaß und in dessen Inneren sich eine Caldera erhob. Der Fluss zog sich durch Höhlen am Fuße der Westwand und bildete einen großen blauen See, der durch ein Loch in der zentralen schroffen Aufschüttung in eine wirbelnde Sinkgrube abfloss. Danach floss der Große Finsterfluss wie zuvor unterirdisch weiter gen Osten. Die Kolonie war eine große, wunderschöne Oase.
»Du meinst unsere Oasen, unsere geheimen Stätten? Aber wenn ihr über sie Bescheid wüsstet, wären sie nicht länger geheim. Wenn ihr über sie Bescheid wüsstet ... wie lange würde es wohl dauern, bis auch die Wamphyri von ihnen erführen?« Septais zuckte die Achseln. »Ihr Szgany habt eure Stätten, eure Wälder und Hügel, und wir vom Wüstenvolk haben die unseren.«
»Ich kann es euch nicht verdenken, dass ihr sie nicht teilen wollt«, meinte Nathan.
»Vielleicht sollten Menschen von verschiedener Art miteinander leben«, gab Septais zur Antwort. »Aber nach unserer Erfahrung können sie das nicht. Einst fielen die Nekromanten des Ostens bei uns ein. Vom Aussehen ähnelten sie scheinbar uns Thyre – jedenfalls waren sie uns weit ähnlicher als ihr Szgany –, aber sie hatten nichts mit uns gemein. Zum einen beherrschten sie nicht unsere Telepathie. Dafür beherrschten sie ... andere Künste.«
»Darüber hat man mir berichtet«, sagte Nathan und nickte.
Wieder zuckte Septais die Achseln. »Wir handeln ein wenig mit den Szgany, damit sie wissen, dass wir ein friedliches Volk sind. Das ist genug.«
»Das verstehe ich«, sagte Nathan. »Aber ich kann immer noch nicht verstehen, warum wir nichts über euch wissen. So nahe und doch so unwissend. Und was eure Telepathie angeht: Ich habe gehört, dass gewisse Menschen unter den Szgany schon vor mir ähnliche Begabungen besessen haben. Hörten sie denn nie eure geistigen Gespräche? Forschten sie niemals nach?«
»Unsere Gedanken sind stets unter Kontrolle«, sagte Septais. »Von der Geburt bis zum Tode achten wir sehr darauf, wie wir diese Gabe einsetzen. Unter den Szgany tritt Telepathie selten auf. Aber unter den Wamphyri – ist sie keineswegs selten!«
Nathan nickte. »Das ergibt Sinn! Ich könnte den Gedanken, dass sie hierherkommen, nicht ertragen!« Er erschauerte unwillkürlich und schwieg einen Moment. Aber er war immer noch neugierig und ein wenig verwirrt. »Davon einmal abgesehen«, sagte er schließlich, »leben wir sehr nahe beieinander – ich meine landschaftlich gesehen –, ohne dass uns etwas so Gewaltiges wie das Grenzgebirge trennen würde. Es überrascht mich, dass einsame Szgany-Wanderer eure Oasen nicht zufällig entdeckt haben.«
»Tatsächlich?«, sagte Septais. »Das überrascht dich? Nun, deine Landschaftskunde mag auf die Sonnseite zutreffen, Nathan, aber hier in der Glutwüste lässt sie doch ein wenig zu wünschen übrig. Du fragst, warum Menschen nicht zufällig auf uns gestoßen sind?« Er zeigte nach Norden und leicht westlich. »Dort drüben, etwa sechzig Meilen entfernt, liegt der Ostrand des Grenzgebirges, wo die Berge zur Großen Roten Wüste hin abfallen.« Er ließ den erhobenen dünnen Arm ausgestreckt und drehte sich langsam um neunzig Grad gen Osten. »Das alles ist die Große Rote Wüste – über eine Weite von tausend Meilen. Dahinter liegt eine Fortsetzung der Sonnseite mit Bergen, Szgany und Wamphyri. Für euch ein unbekanntes oder sagenhaftes Land! Menschen, Szgany, haben die Große Rote Wüste noch nie durchquert. Wie hätten sie das tun können, wenn nicht einmal die Thyre den Weg über die Oberfläche geschafft haben? Von den Szgany wirst du der Erste sein, aber du wirst sie umgehen und unterqueren!«
Nathan blickte in die von Septais zuerst angezeigte Richtung. »Die Sonnseite – nur sechzig Meilen entfernt«, sagte er nachdenklich. »Und am flachen Horizont zeigt sich kein einziger Zacken, weil die Berge hinter der Krümmung der Welt liegen. Natürlich hast du recht, Septais. Warum sollte ein geistig gesunder Szgany sich hierher wagen? Die Wälder gehen in das Grasland über, das
Weitere Kostenlose Bücher