DÄMONENHASS
ihrem Führer ein Lebewohl. Er behielt sie seinerseits im Auge, bis sie nicht mehr zu erkennen waren, dann winselte er leise tief in der Kehle, schlug sie sich schließlich aus dem Kopf und trottete weiter gen Osten ...
Lardis und seine Gefährten brauchten eine Stunde, um die flachen Hochebenen zu erklimmen, und noch etwas länger, um sich von ihren Anstrengungen zu erholen. Dann schlugen sie wieder die Richtung zum Großen Pass ein. Das Gelände war ihnen unbekannt, aber sie kamen gut voran. Während der seltenen Gelegenheiten, bei denen sie zwischen den Gipfeln hindurch einen Blick auf den südlichen Horizont erhaschten, stellte er sich ihnen als amethystfarbener, silberdurchzogener Streifen dar. Noch drei Stunden, dann würde das Silber zu Gold geworden sein.
Nicht mehr lange bis Sonnauf. Lardis hätte sich bei dem Gedanken wohler fühlen sollen. Doch das war nicht der Fall. Das Blut seines unbekannten seherischen Vorfahren kreiste in seinen Adern und warnte ihn vor bösen Zeiten, die ihnen bevorstanden ...
Drei Stunden später begann es zu regnen, und bald wurde der Weg rutschig und trügerisch. Lardis hielt es für zu gefährlich, weiterzugehen. Nach ihrem langen Marsch hatten sie eine Stelle etwa vier bis fünf Meilen südwestlich des Tores erreicht und spähten nun von einem Aussichtspunkt im oberen Felsgewirr darauf herab. Hinter ihnen wand sich ein vielversprechender Pfad zwischen den Gipfeln, vermutlich zur Sonnseite hinunter. Und der Himmel im Süden wurde von Minute zu Minute um ein Winziges heller.
Lardis und seine drei Freunde kauerten sich unter den peitschenden Zweigen eines windzerzausten, grotesk missgebildeten Baumes, bis der Regen aufhörte. Danach hatten sie eine wesentlich klarere Sicht auf die Sternseite und das gleißende Tor zu den Höllenlanden. Ein paar Meilen östlich lagen die seltsamen Stümpfe und Überreste der zerfallenen Wamphyri-Festen – Wenshöhe, die einst Volse Pinescu gehört hatte; die zerschmetterte Vielfraßhöhe des wahnsinnigen Lord Lesk; die ausgedehnten, großbuckeligen Flügel von Shaithishöhe; die explodierte Scheußlichhöhe des riesenwüchsigen Fess Ferenc; die Quetschhöhe des rangniedrigeren Lord Grigis; Lascula Langzahns Fanghöhe und noch einige mehr. Tatsächlich lagen dort sämtliche großen Horste der Wamphyri in Trümmern auf der Ebene.
Mit einer Ausnahme: Karenhöhe.
Aber in den kilometerhoch gelegenen Fenstern von Karenhöhe brannte kein Licht, von ihren Schornsteinen stiegen keine Rauchschwaden auf. Nichts regte sich auf den düsteren Brüstungen oder Startrampen. Im Augenblick war sie .... reglos. Aber nicht ruhig.
Als Lardis hinsah, erschauerte er und spürte, wie das Blut seines Vorfahren sich in ihm regte. Gleichsam in einer Zukunftsvision sah er, wie die hohen Fenster sich erhellten, die Schornsteine Rauch ausstießen, wie Flieger in den Aufwinden über den Landebuchten kreisten und darauf warteten, dass ihnen Zugang gewährt wurde.
Dann verschwand die Vision ebenso rasch, wie sie gekommen war, und ließ Lardis bebend zurück. Er holte tief Luft und rief sich seinen Schwur wieder ins Gedächtnis ...
»Was ist denn jetzt los?«, grunzte Andrei Romani, doch seine Stimme klang erregt. Er starrte wie gebannt auf das Tor.
»Hmmm?« Lardis löste sich aus seinen Gedanken.
»Mehrere Feuer!«, japste Peder Szekarly. Seine jungen Augen waren um einiges schärfer. »Und etwas bewegt sich dort nahe beim Tor. Seht doch, im Auflodern wirft es Schatten. Aber etwas so Großes ... Dabei kann es sich nur um Krieger handeln!«
»Die Wamphyri haben dort ihr Lager aufgeschlagen.« Lardis’ Augen verengten sich unter den zusammengezogenen Brauen. »Die Lords, ihre Flieger und ihre Kämpfer. Aber warum rücken sie erst so spät aus? Sonnauf naht. Sie sollten schon auf dem Weg zur Karenhöhe sein, bevor die ersten Strahlen durch den großen Pass fallen. Was haben sie so dicht am Kuppeltor nur zu suchen?« Er kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und versuchte vergeblich, Einzelheiten auszumachen. Doch es war zu weit entfernt, und vielleicht war es auch eine Gnade, dass er nicht sah, was dort vorging.
»Seht doch!« Kirk Lisescus Stimme war in der zunehmend heller werdenden Luft kaum mehr als ein Beben. Sie erblickten, worauf er zeigte: Mehrere Hundert Fuß unterhalb ihres Aussichtspunktes war die Baumgrenze von Bewegung erfüllt, als das gesamte Wolfsrudel des Herrn in einer lautlosen Flut durch die Bäume heraufjagte! Sie strebten den Höhen zu, nach
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