DÄMONENHASS
Offizier ... Das war ein Fehler.
Denn Turgo war auf vielfältige Weise stark, und etwas in seinem Wesen machte ihm jedwede Knechtschaft, welcher Art auch immer, unmöglich. Sollte Lord Shaitan ihn nach Belieben aussaugen, bis ihm sein Lebenssaft zur Neige ging, aber solange er lebte, wollte er sein eigener Herr sein. Doch diese Gefühle behielt er streng für sich, ebenso die Tatsache, dass er auf der Sonnseite ein gewaltiger Vampirjäger gewesen war, der in zwanzig Jahren viel über die Gefahr aus den Sümpfen erfahren hatte. Zum Beispiel gab es da ein weißes Metall und die Wurzel einer bestimmten Pflanze; beides kam auf der Sonnseite häufig vor und war das reinste Gift für Vampire. Vielleicht auch für Shaitan ...
Turgo kam dem Wamphyri-Lord Shaitan nahe, der sein Vertrauen in ihn setzte. Wenn Shaitan jemanden seinen Bruder nennen konnte, dann womöglich Turgo Zolte. Nur ... dürstete es Turgo nicht nach Blut. Oder falls doch, war dieser Durst besonderer Art und tief verborgen.
Schließlich nahm Turgo Ilya Sul beiseite und besprach sich mit ihm. Und weil Turgo stark war, lauschte Ilya seinen verräterischen Worten – dass sie Shaitan auf altbewährte Weise töten, dabei jedoch die neuen Künste zu Hilfe nehmen sollten, die Turgo sich angeeignet hatte. »Ich habe ein langes Messer aus Silber geschmiedet«, erklärte er Ilya, »mit dem ich ihm den Kopf nehmen werde! Und ich kann einen Speer aus Hartholz mit einer Widerhakenklinge aus Silber machen. Silber bannt Shaitan, während ich ihn mit dem Öl der Kneblaschwurzel einreibe, die ihm das Fleisch vergiftet. Dann werden wir ihn verbrennen.«
»Und Shaitanshöhe wird mir gehören?«, gierte Sul.
»Natürlich«, sagte Turgo achselzuckend, »du verdienst sie doch.« Er hatte allerdings nicht vor, diese Zusage zu halten; denn Sul war verderbt und sein Blut verwandelt, und letztlich musste er seinem Meister auf dem letzten Weg folgen.
Danach suchte Turgo Vidra auf und sagte ihm in etwa die gleichen Dinge, auf die dieser auch bereitwillig einging. Doch kaum hatte Turgo sich abgewandt, lief der Verräter sofort zu Shaitan ... Der hörte ihn an, lächelte grimmig, nickte und tat nichts ... außer zu warten.
In seiner Werkstatt, die nunmehr allen verboten war, formte er mit finsterem Eifer das Fleisch von Trogs und Menschen um und erschuf sich eine gewaltige Abscheulichkeit. Denn wo Shaitans Knorpelgeschöpfe der Bereitstellung nützlicher Dinge dienten und seine Flieger dem Erkunden und Ausspähen des Landes, während ihm also all seine Schöpfungen in der einen oder anderen Weise von Nutzen waren – selbst seine schlaffledrigen Leitungswarte und die schnaufenden Gastiere – war dieses neue Ungeheuer, das sich in seinem Bottich wand, doch ein Ding ganz anderer Art. In der Tat schien es nichts anderes zu sein als eine Vernichtungsmaschine.
Genau das war es auch – ein Werkzeug des Todes. Aus Furcht vor dem Verrat seiner Knechte hatte Shaitan die erste Kampfkreatur der Wamphyri geschaffen! Und da sie teilweise seinem eigenen wandelbaren Fleisch entstammte, gehörte ihm das Wesen zur Gänze in Körper und Geist. Als Turgo und die anderen ihn nun suchten, um ihn zu vernichten, war dies der Albtraum, den er auf sie herabbeschwor. Niemand – nicht einmal ein Dutzend Turgo Zoltes – konnte sich dagegen behaupten. Weder sein Messer noch sein Speer oder sein Kneblaschöl nützten ihm etwas.
Danach wandte Vidra Gogosita sich an Shaitan und erinnerte ihn daran, dass er es gewesen war, der ihn gewarnt hatte. Doch Shaitan erinnerte ihn seinerseits daran, dass auch er ihn gewarnt hatte, und erklärte ihm, dass dies nun sein dritter und letzter großer Verrat war.
Vidra stand starr vor Erstaunen! Worin bestand denn sein Vergehen?
Es lag nicht in der Richtung seines Verrats, sondern darin, dass sein ganzes Wesen verräterisch war. Außerdem war es ein Vergehen, dass er ihn, Shaitan, vor dem geplanten Aufstand des Turgo Zolte gewarnt hatte – jenes Turgo, dem er seine Freundschaft geschenkt hatte. Das hinterließ einen bitteren Nachgeschmack auf Shaitans gespaltener Zunge, und dafür war Vidra verantwortlich.
Ohne weitere Umschweife wurde er zum Tor geschafft und jaulend in den gleißenden Glanz geschleudert. Er verschwand darin, bis zuletzt seine Unschuld beteuernd ...
Was Ilya Sul betraf, so beraubte Shaitan ihn seines Lebenssaftes, bis er bleich und tot dalag, und trug ihn dann auf die Felsebene, wo das Heer seiner Trogs ein tiefes Grab aus dem steinigen Boden hob.
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