DÄMONENHASS
Die Zeit verstrich, und als die ersten Sonnenstrahlen durch den großen Pass fielen und Sul aufschrie und sich nackt und untot erheben wollte, sagte Shaitan: »Ich habe dich zu einem Vampir gemacht. Die Sonne ist der Beweis. Sie verbrennt dich ebenso, wie sie mich verbrennt. Aber du brauchst sie nicht zu fürchten, denn du sollst ihre Strahlen nie mehr spüren. Du hast danach getrachtet, mir großes Leid anzutun, Ilya! Doch ich bin ein gütiger Herr und werde dir nicht das Geringste zuleide tun. Ich verbanne dich lediglich aus meinem Blickfeld.«
Auf sein Geheiß wurde Sul schreiend in das Loch geworfen, das die Trogs mit Felsen und Erde füllten. »Dort soll er auf ewig liegen«, sagte Shaitan düster. Sein Mantel aus Fledermauspelz schützte ihn vor der aufgehenden Sonne. »Bis er zu Stein wird. So sei es!«
Danach wandte er sich Turgo Zolte zu, der bleich, gefesselt und schwitzend vor ihm stand, und sagte: »Du ... bist ein Fall ganz eigener Art. Denn du warst nur ein Mensch, und ich habe dich gemocht. Oh, in meiner Obhut hast du ein paar kleinere Quälereien erlitten, aber ich habe nicht von deinem Blut getrunken. Weil ich bin, wie ich bin, habe ich dir gestattet, zu sein, wie du sein willst, um zu sehen, ob du dich mit der Zeit meiner Sache zuwendest. Es hat mir gefallen, einen Menschen – keinen Vampir, keinen Knecht, nur einen einfachen Menschen – unter den meinen zu haben. Nun gefällt es mir nicht mehr. Mein Gefallen an dir ... hat ein Ende.«
Sie kehrten zurück zur Shaitanshöhe, wo Turgo in ein Verlies geworfen wurde, um dort eine Weile zu büßen. Eine sehr kurze Weile.
Dann trat der Meister der Felsenburg zu ihm und sagte: »Vidra Gogosita ist in unbekannte Regionen entschwunden, in ein Land jenseits unserer Welt. Nenne es meinethalben die Hölle. Ilya Sul kreischt aus der dunklen Erde herauf, und manchmal gefällt es mir, ihm zu lauschen. Doch ich habe einst drei Strafen verkündet. Eine davon ist noch unerprobt. Du bist ein harter Mann, Turgo Zolte, aber trotz allem doch nur ein Mann. Wenn ich dich als Mann nach Norden schicke, wirst du sterben – allerdings viel zu schnell! Also werde ich dich zuerst zu einem Vampir machen.«
Turgo war an die Wand gefesselt, seine Füße baumelten einige Zoll über dem steinernen Boden. Shaitan griff hinauf und schnitt ihn herunter, sodass er kraftlos und unter Qualen zusammenbrach. Dann ließ Shaitan sich neben ihm auf die Knie nieder und starrte ihn düster aus seinen blutroten Augen an. Sein Zorn war gewaltig. »Ich habe dich behandelt wie meinen Bruder, ja wie meinen Sohn«, sagte er. »Und du wolltest es mir vergelten, indem du mich tötest! Es wäre nur gerecht, wenn ich dich nun töten würde, aber ich will, dass du im Eis erstarrst und dort deine Untaten bereust.«
Turgo sah ihn an und erkannte, dass seine Zeit als Mensch abgelaufen war. Doch solange er noch ein Mensch war, wollte er sich Shaitan nicht beugen. »Ich, dein Sohn?«, sagte er. »Du könntest niemals einen Sohn zeugen, du Sumpfding! Du siehst doch nur wie ein Mensch aus, aber deine Zunge ist die einer Schlange, und dein Blut ist das Blut von Trogs, Narren und Knechten. Deine Vertrauten sind verlauste Fledermäuse, und das reine Sonnenlicht zerkocht dir das Fleisch wie das einer Schnecke in ihrem Gehäuse. Hah! Ich, Turgo Zolte, Shaitans Sohn? Nein, denn ich bin der Sohn eines Mannes!«
Shaitan vermochte seinen Zorn nicht länger zu beherrschen, und sein Schmarotzer verstärkte seine Leidenschaft nur. Seine Kiefer brachen auf, und Blut spritzte aus dem aufgerissenen Zahnfleisch, als Zähne wie knöcherne Sicheln daraus hervorwuchsen. Im einen Augenblick noch gut aussehend – selbst mit den blutroten Augen –, war er im nächsten die Verkörperung des Grauens. Und seine Leidenschaft entfachte die des Wesens in ihm, das nun er selbst war.
Er kniete sich neben sein Opfer, riss ihm mit rot triefenden Klauen die Brust auf und legte die messerscharfen Nägel an die kräftigen Adern von Turgos schlagendem Herzen. Das bedeutete Turgo nichts mehr, denn er befand sich bereits im Abgrund des Vergessens. Aber als Shaitan seine Innereien erblickte, sein Blut, das Röhrenwerk seines Lebens ... Da geschah etwas Neues.
Die Kreatur in ihm verfiel in Zuckungen. Sie umklammerte sein Rückgrat, stach ihm Saugnadeln in die Adern und in seine Organe und schwelgte in seiner, ihrer beider Leidenschaft. Shaitan hustete, röchelte, spürte, wie ihm etwas in die Kehle stieg und durch die verkrampfte
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