DÄMONENHASS
Wamphyri, deren wandelbares Fleisch die meisten Krankheiten der Szgany mit Leichtigkeit abschüttelte, waren für Lepra anfällig. Sie zeigte sich in mehreren Erscheinungsformen und war wenig erforscht. Aber man glaubte, dass zumindest eine Art vererbt und durch das Ei weitergegeben wurde. Sie konnte eine oder zwei Generationen überspringen, doch früher oder später trat sie in der Linie wieder auf. Im Falle des Lords von Vormspitze hatte sie nur eine Generation übersprungen: seine eigene.
Als nach einigen Jahren das Fleisch seiner Geliebten eine krankhafte Färbung annahm und zu zerfallen begann, da erst fiel Vormulac das rasche Siechtum und Sterben seines früheren Herrn wieder ein. Er öffnete Engors Mausoleum, um festzustellen, ob er dort irgendeinen Hinweis entdecken konnte. Darin lag Engors Leiche in zahlreiche verrottende Stücke zerfallen, und es war mehr als deutlich zu sehen, dass sich die elende Fäulnis noch nach seinem Tod von seinem Schmarotzer aus in sein verwesendes Fleisch ausgebreitet hatte!
Um ein schnelles Ende herbeizuführen, hatte Vormulac seine erschöpfte und gezeichnete Geliebte mit Kneblasch und Silber vergiftet und ihren Leichnam neben Engor zur Ruhe gebettet. Dann war die Gruft wie ein Feuerofen in Brand gesetzt und nach dem Abkühlen der Glut für immer versiegelt worden. Seit jenem Tag hatte Vormulac von ihrer Verbrennung geträumt und davon, wie sein eigenes Fleisch langsam zerfiel, bis er schwor, nicht mehr zu schlafen oder zu träumen. Wohlan, geschlafen hatte er seitdem nicht mehr, doch Maglore war der Meinung, dass er immer noch träume.
Die Geschichte erklärte den ersten seiner selbst erwählten Namen, Giftkeim, ebenso wie die trauervolle Atmosphäre, die ihn und Vormspitze wie ein Leichentuch umgab ...
Solcherlei Gedanken und Erinnerungen gingen Maglore durch den Kopf, als er zur Rechten Vormulacs am Kopfende des Tisches Platz nahm. Und während ihr Gastgeber die anderen Gäste benannte und förmlich vorstellte (was meist unnötig war, da sie einander gut kannten; es war lediglich eine Formalität, um die Zusammenkunft einzuleiten), sann der Magier von Runenstatt ebenfalls über sie nach: »Die Lady Zindevar von Greisenfried«, intonierte Vormulac mit knirschender Stimme. Und mit einer gewissen Galanterie fügte er hinzu: »Und in all ihren Jahren nie ... schöner als heute.«
»Hah!«, schnaubte sie. Dabei sprühten ihre Augen Flammen. »Und welche Jahre wären das, bitte?«
Vormulac zuckte die Achseln. »Eine Handvoll, Lady«, räumte er trocken ein. »Was sind schon ein paar Jahre für die Wamphyri? Wahrlich, Ihr seid doch kaum dem Mädchenalter entwachsen.«
Sehr zu Maglores Unbehagen saß Zindevar gleich zu seiner Rechten, und sie war eben kein Mädchen mehr, sondern ungefähr in seinem Alter. Als er damals aus den Sümpfen gekommen war (›niedrig geboren‹, wie man sagte, ein Mystiker der Szgany, der sich an die verbotenen Stätten zurückzog, um zu meditieren, eine Spore einatmete und als Wamphyri wieder herauskam), da war Zindevar bereits zur Herrin von Greisenfried aufgestiegen. Damals war sie jung gewesen, aber niemals schön!
Sie war untersetzt, haarig, lesbisch veranlagt, und all ihre reichlich aufgetragenen Parfüms vermochten die geradezu männliche Atmosphäre, die sie verströmte, nicht zu überdecken. Trotz der Zahl ihrer Jahre – die geringer war als diejenige Vormulacs, aber die von Maglore übertraf – wirkte sie jung oder höchstens in mittlerem Alter, was einiges über ihren Lebenswandel aussagte. Zindevar hielt nichts von ›Askese‹.
Mit rot gepuderten Wangen und stark geschminkt, die Ellbogen auf dem Tisch, während eine Hand an ihrem Kinn kratzte und die klauengleichen Finger der anderen einen Trommelwirbel auf die alte Eichenfläche schlugen, umgab sie eine überwältigend kampflustige Ausstrahlung, die von Ungeduld zeugte und einer großen Abneigung – hauptsächlich gegen Männer, wie Maglore vermutete. Kaum konnte er den Drang unterdrücken, seine Nasenlöcher zuzuklappen und vor der Berührung ihres langen, dicken Schenkels, der sich unter dem Tisch an den seinen drückte, zurückzuschrecken. Allein der Gedanke daran war ihm schon zuwider. Er sah davon ab, einen tieferen Blick in ihren Geist zu werfen, der voll war mit Bildern von Brüsten und Hinterteilen in verschiedenen Formen und Größen, von rot geränderten, klaffenden, zuckenden Öffnungen, und natürlich von Blut. Das Schlimmste daran war jedoch die Erkenntnis, dass er
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