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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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dass er in jeder Hinsicht perfekt wäre. Genau wie Sandrine. Es war einschüchternd, an einem Tag gleich zwei solchen Überwesen zu begegnen. Da konnte man ja gar nicht anders, als mit Komplexen zu reagieren.
    Halt, dachte Anna. Sandrine brauchte sie, und Weller brauchte sie auch. So schlecht konnte Anna dann wohl doch nicht ankommen. Manchmal war es eben das Unperfekte, mit dem man punkten konnte. Anna musste es sich nur lange genug einreden, dann würde sie eines Tages auch wirklich daran glauben.
    AmNachmittag des gleichen Tages stand Anna am Empfang der Tageszeitung und wartete darauf, dass endlich jemand von ihr Notiz nehmen würde. Sie hatte sich umgezogen und trug nun eine enganliegende Jeans und einen weichen Kaschmirpullunder, der ihre nackten Arme freiließ und dennoch genug Wärme spendete, um nicht zu frieren. Die Sneaker hatte sie angelassen. Ihr Gang hatte sich dadurch verändert, sie lief schneller und sicherer, und diesen anstrengenden Fußmarsch durch die halbe Stadt hatte sie auch gebraucht, um ihre aufgewühlten Gefühle wieder einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen.
    Journalisten kannte sie nur zu gut. Sie hatte selbst oft genug Pressekonferenzen ausgerichtet, um zu wissen, worauf es bei ihnen ankam. Sie wollten immer das Gefühl haben, als Erste alle Informationen zu haben. Der Fotograf bildete keine Ausnahme. Er war ohne zu fragen auf Weller zugestürmt und hatte sich eine eisige Abfuhr geholt. Und, was noch schlimmer war, als er mit der Macht seiner Zeitung gedroht hatte, hatte das bei Weller nicht den geringsten Eindruck hinterlassen. Beides musste die Eitelkeit des Fotografen verletzt haben. Genau dort musste sie ansetzen. Sie wusste nur noch nicht wie, aber im entscheidenden Moment würde ihr schon noch das Passende einfallen.
    Der Portier hatte nun endlich sein Telefongespräch beendet.
    »Zu wem wollen Sie denn?«
    Anna reichte ihm die Visitenkarte des Fotografen. »Zu Herrn Guyot. Martin Guyot. Er arbeitet als Fotograf für Ihre Zeitung.«
    Guyot war offenbar ein Elsässer, zumindest wiesen der deutsche Vor- und der französische Nachname darauf hin. Womit konnte man so einen Mann bestechen? Flammkuchen vielleicht? Würstchen mit Sauerkraut? Plötzlich begann Annas Magen zu knurren. Sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.
    Der Portier nahm die Karte und inspizierte sie aufs Genaueste. Dann musterte er Anna über den Rand seiner Brille mit einem scharfen Blick.
    »Der Herr soll hier arbeiten?«
    »Das nehme ich doch an, wenn er mir diese Karte überreicht.«
    Erbrummelte in sich hinein und griff zum Telefonhörer.
    »Herr Guyot? Hier unten steht eine junge Dame und möchte Sie sprechen. Ja, gleich. Ich glaube, sie hat es eilig.«
    Er legte auf. »Wenn Sie so lange Platz nehmen würden?«
    Er wies auf eine moderne Sitzgruppe aus schwarzen Lederwürfeln, um die einige Grünpflanzen arrangiert waren, denen die Sonne aus den bodentiefen Fenstern sichtlich guttat. Anna schlenderte hinüber und nahm Platz. Auf einem Glastisch lagen die Druckerzeugnisse des Hauses. Die Klatschzeitschrift, die Vicky am Mittag bei sich gehabt hatte, war auch darunter. Gelangweilt nahm Anna eine Zeitung und schlug die Titelseite auf.
    Internationaler Wirtschaftsgipfel in Wiesbaden. Die führenden Exportnationen setzen auf nachhaltige Energien. Prominentester Teilnehmer wird der stellvertretende russische Außenminister sein.
    Hastig überflog sie den Artikel. Er war in der klassischen Sprache des Wirtschaftsjournalismus geschrieben und hätte sie niemals interessiert, wenn sie nicht auf der Suche nach einem ganz bestimmten Namen gewesen wäre. Aber Carl Weller wurde nicht erwähnt. Also war es ihm gelungen, seine Teilnahme bis jetzt geheim zu halten.
    Allein der Gedanke an ihn versetzte sie in eine nervöse Unruhe.
    Ich brauche dich.
    Wie peinlich! Wie hatte sie nur so etwas denken können! Sie brauchte niemanden. Und erst recht keinen Mann wie Weller. Das waren Typen, die immer zuerst an sich dachten und dann noch lange nicht an andere. Wahrscheinlich kam sie jetzt in das Alter, in dem man sich mangels realer Anwärter auf die Unerreichbaren konzentrierte. Sie müsste sich ein bisschen mehr im Auge behalten. Sport treiben. Endlich den Pilates-Kurs besuchen. Töpfern. Malen. Wasserbüffel züchten. Erfüllung im Bereich des Möglichen finden. Und nicht verrückt spielen, sobald ein Mann ihren Unterarm berührte.
    Die Aufzugstüren öffneten sich beinahe geräuschlos, und ein großer Putzwagen mit

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