Dämonenherz
unten im Keller warst. Er hat sich reizend nach mir erkundigt. Und dann erzählte er, dass das Baugewerbe wesentlich höhere Erträge bringt als der Einzelhandel.«
»Ja«, sagte Anna langsam. »Das klingt ganz nach ihm.«
»Erwollte wissen, ob ich vielleicht in ein neues Haus will.«
»Er hat versucht, dich zu bestechen.« Mit zornig zusammengekniffenen Augen verfolgte Anna den Mann mit der Schubkarre. Er hielt neben einem großen Haufen zerkleinerter Äste und Gartenabfall und begann gerade, alles mit einer Heugabel auf die Schubkarre zu verladen. »Und du hast ihm alles verkauft. Wie konntest du nur?«
Sie blinzelte und wischte sich mit der Hand über die Augen. Natürlich hatte ihr Vater dem Charme von Weller nicht standhalten können. Es musste ein Leichtes gewesen sein, den alten Mann um den Finger zu wickeln. Dafür hasse ich dich, Weller. Jetzt ist es endgültig aus zwischen uns.
»Aber nein! Ich habe ihm von dir erzählt. Von deiner Mutter. Davon, dass dieses Haus unsere Burg gewesen ist all die Jahre. Und wie du von der Schaukel gefallen bist und dir dabei den einen Schneidezahn ausgeschlagen hast.«
»Das hat ihm bestimmt gefallen.«
»Ja, das hat es.« Friedrich Sternberg musterte seine Tochter besorgt. »Das Haus bleibt stehen. Er lässt es nur ein bisschen in Ordnung bringen.«
»In Ordnung bringen?« Anna traute ihren Ohren nicht. »Das Haus bleibt stehen?«
»Ja. Aber er hat natürlich recht. So kann es nicht bleiben. Ich war in den letzten Jahren etwas nachlässig. In vielerlei Hinsicht. Vielleicht auch mit dir.«
»Mit mir?«
»Ich habe nicht gemerkt, wie schlecht es dir ging. Erst Herr Weller hat mir die Augen geöffnet.«
Mit aller Liebenswürdigkeit, die Anna noch zustande bringen konnte, lächelte sie ihren Vater an.
»Wir sollten das vielleicht nicht hier draußen besprechen. Nicht vor all diesen Leuten.«
Während sie vor ihm ins Haus ging, kochte sie vor Wut. Sie hatte nichts dagegen, dass Weller ihren Vater endlich in Ruhe ließ. Aber dass er sich erdreistete zu behaupten, es ginge ihr schlecht,war anmaßend. Und eine Gemeinheit. Mit Vätern hatte man nicht über Töchter zu reden. Schon gar nicht hinter deren Rücken.
In der Küche setzte sie sich an den Tisch.
»Lass uns reden«, sagte sie mit einer Stimme, die mehr nach einer Drohung als nach einer Einladung klang. »Warum geht es mir schlecht?«
Ihr Vater nahm ihr gegenüber Platz.
»Möchtest du vielleicht einen Tee?«
»Nein. Warum geht es mir schlecht?«
»Oder etwas zu essen? Du siehst ein bisschen dünn aus.«
»Papa!«
»Schon gut.« Er fuhr sich durch die Haare. »Herr Weller hat einige Dinge gesagt, die mich sehr nachdenklich gemacht haben. Du hast immer gearbeitet und nie gelebt. Du warst viel zu viel für andere da. Du hast nie an dich selbst gedacht. Und du bist schon so lange allein.«
»Sagt Herr Weller.«
»Ja. Sagt er.«
»Und woher will er das wissen?«
»Weil ich es ihm erzählt habe.«
Anna schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Ihr Vater zuckte zurück.
»Wie konntest du einem Wildfremden einfach Dinge über mich erzählen? Die außerdem gar nicht stimmen? Ich bin nicht allein! Und ich denke sehr viel an mich! Ich fühle mich großartig, verstehst du? Großartig!«
Wütend funkelte sie ihren Vater an. »Wunderbar! Ich habe mich selten so gut gefühlt!«
»Ja, natürlich.« Friedrich Sternberg nickte eifrig, auch wenn Anna in diesem Moment das genaue Gegenteil eines Menschen war, der absolut mit sich im Reinen zu sein schien.
»Ich habe einen tollen Job. Und phantastische Kollegen. Ich habe ein eigenes Büro und mache Dienstreisen durch ganz Europa. Ich fliege First Class und muss das nur noch vier Mal tun,dann habe ich genug Meilen für einen innerdeutschen Flug. Meine Kreditkarte hat ein unbegrenztes Limit. Ich bin heute im Privatjet meines Chefs geflogen. Ich war bei der Baronesse von Hohengarden zum Kaffee eingeladen. Ich war sogar im Saal des Zodiak in der Wiener Staatsoper. Verstehst du? Ist das nichts?«
Friedrich Sternberg schüttelte langsam den Kopf.
»Nein, ich verstehe gar nichts.«
Anna betonte jede Silbe. »Es geht mir gut.«
Ihr Vater nickte, sah sie aber immer noch an, als würde er gleich den Notarzt rufen.
»Du solltest nicht mit Herrn Weller über mich reden. Ich will das nicht. Hat er dich im Gegenzug zu dieser ganzen Aktion um irgendetwas gebeten? Eine Unterschrift vielleicht?«
»Nein.«
»Denk nach! Es ist wichtig!«
»Nein!« Ihr Vater öffnete mit
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