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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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gewaltige Kuppel erkennen. Schließlich schwenkte die Maschine ab und setzte zur Landung an. Die Küste Siziliens kam näher. Anna reckte den Hals und erkannte weit hinten im Land einen drohenden Schatten, den höchsten und zugleich geheimnisvollsten Berg – den Ätna.
    Sie sank zurück in die Lederpolster ihres Sitzes. Die Stewardess ging gerade die Reihen entlang und prüfte, ob alle Passagiere sich auch angeschnallt hatten. Die Lichter wurden gedimmt, nur noch einige kleine Leselampen über den Sitzen leuchteten. Es war zu spät, um sich darüber Gedanken zu machen, was Anna erwarten würde. Den ganzen Flug über hatte sie an nichts anderes gedacht. Was bedeutete es, in einen Vulkan zu gehen? War das nur eine Redensart? Oder vielleicht auch nur der Name eines sizilianischen Restaurants … Sinnlos. Es gab kein Zurück mehr. Wie immer, wenn Anna der Mut verlassen wollte, strich sie mit der Hand über den Ledereinband der Dokumentenmappe. Sie hatte sie aus dem Tresor geholt und war gleich da nachzum Flughafen weitergefahren. In der Mappe befand sich Wellers Leben. Ein komisches Gefühl, es einfach so neben sich liegen zu haben. Sie spürte, wie eine Welle Machtgefühl in ihr hochschwappte. Sie hatte ihn in der Hand. Sie konnte entscheiden, wie es mit ihm weitergehen sollte. Sie schätzte, dass er eine Menge dafür tun würde, wenn sie ihm diesen Gang abnähme. Sie könnte Geld verlangen. Oder noch eine weitere heiße Nacht mit ihm. Sie könnte sein Imperium verlangen … Anna griff an den Kieselstein und spürte, wie das Verlangen schlagartig nachließ. Die Dokumente schienen ihr Gift sogar durch die geschlossene Mappe hindurch zu verströmen. Sie atmete tief durch.
    Wenig später hatte Anna den Ankunftsbereich des Flughafens verlassen und wurde draußen vor der Tür von Jean-Baptiste erwartet.
    »Hatten Sie einen guten Flug?«
    Er war höflich wie immer. Und seinem Herrn gegenüber vermutlich ebenso loyal. Dennoch konnte sich Anna eine kleine Spitze nicht verkneifen. Sie hatte im Fond des Wagens Platz genommen und genoss die Fahrt entlang der Küste.
    »Ich habe Sie in Wien vermisst«, sagte sie.
    Anna sah, wie er ihr durch den Rückspiegel einen kurzen Blick zuwarf.
    »Kennen Sie eigentlich auch den Fahrer von Sandrine Beaufort?«
    »Nein.«
    »Merkwürdig. Ich dachte, Kollegen begegnen sich zumindest ab und zu.«
    »In meinem Beruf gibt es keine Kollegen.«
    Jean-Baptiste beendete das Gespräch. Er verstellte den Rückspiegel so, dass Anna ihn nicht mehr ansehen konnte. Auch gut, dachte sie. Immerhin war sie Zeugin geworden, wie er Guyot vernichtet hatte. Vermutlich war man als Ghul besser beraten, sich nicht zu sehr auf andere Artgenossen einzulassen. Das ersparte Gewissensbisse, wenn man mit Löscheimern anrücken musste.
    »Hatman in Ihrer Position eigentlich ein Gewissen?«
    Jean-Baptiste antwortete nicht. Stattdessen ließ er die Zwischenscheibe hochfahren und schien sich nur noch auf die Serpentinen zu konzentrieren, die sich hoch über der Küste nach Palermo schlängelten.
    War das jetzt ein Ja oder ein Nein? Anna gab es auf, von Jean-Baptiste Genaueres zu erfahren. Er würde nichts tun, was Weller ihm nicht aufgetragen hatte. Anna fragte sich, womit man eine solche Loyalität erkaufen konnte. Jean-Baptiste sah weder reich noch übertrieben ehrgeizig aus. Wenn sie sich an ihre gemeinsame Albtraum-Nacht erinnerte, dann kam ihr zuallererst seine Umsicht in den Sinn, mit der er sie gerettet hatte. Gleich darauf folgte seine aufrichtige Sorge um das Wohlergehen seines Herrn.
    Grundsätzlich also kein ganz schlechter Mensch.
    Aber war er überhaupt ein Mensch? Erst jetzt fiel ihr auf, dass das Auto ohne Licht fuhr. Jean-Baptiste schien den Weg im Schlaf zu kennen. Mühelos folgte er den Kurven der Straße, und das in einer Dunkelheit, in der Anna noch nicht einmal die Hand vor den Augen erkennen würde. Sie fragte sich, warum Weller sich nicht meldete wie beim letzten Mal. Dann fiel ihr auf, dass dieser Wagen ein anderes Modell war. Sie seufzte. Kein Bildschirm. Also kein Champagner im Türfach.
    Wenig später erreichten sie die Ausläufer der Stadt. Jean-Baptiste verließ die Hauptstraße und folgte einem Küstenweg, an dessen Ende sie ein großer Garten erwartete. Inmitten dieses Gartens stand, hellerleuchtet, eine römische Villa. Der Wagen hielt auf dem Kies der Auffahrt, der unter den Reifen leise knirschte. Zwei Angestellte, ein Mann und eine Frau, standen auf der Treppe und waren wohl das

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