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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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sie. Alle, die sich einen Chauffeur leisten können, sitzen hinten.
    Sie klopfte an die Scheibe. Jean-Baptiste würdigte sie keines Blickes und setzte sich ans Steuer. Damit hatte er auch noch den letzten Rest von Sympathie bei ihr verspielt. Aber wenigstens fuhr er nicht los.
    »Herr Weller!«
    Vielleicht mochte er es ja, wenn sie jetzt zur Abwechslung ein wenig Unterwürfigkeit zeigte?
    »Könntest du bitte … Würden Sie bitte das Fenster herunterkurbeln?«
    Wahrscheinlich lachte er sich jetzt halbtot, weil man in so einer Kutsche höchstens noch mit dem Champagneröffner kurbelte.
    »Ich habe es mir überlegt. Es tut mir leid. Ich will für Sie arbeiten. Müssen wir das auf der Straße besprechen?«
    Der Wagen fuhr los. Anna, die sich zu dem Fenster herabgebeugt hatte, richtete sich auf und sah ihm fassungslos hinterher. Sie konnte nicht glauben, was sie sah, aber Weller rauschte, ohne sie noch einmal anzuhören, davon. Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen. Erst ganz langsam drang der Gedanke zu ihr durch, dass sie sich sein Verhalten ganz alleine selbst zuzuschreiben hatte.
    Du blöde, dämliche, eingebildete Kuh.
    Niemand sagte einem Weller mit derartigem Nachdruck »Ich will dich nicht«. Er hatte ihr ein Jobangebot gemacht. Er hatte ihre Schulden bezahlt. Er war freundlich zu ihrem Vater gewesen. Schließlich und endlich – er hatte sie vom Baum geholt, und siehatte sich noch nicht einmal dafür bedankt. Gut, er hatte eine merkwürdige Art, sie zu berühren. Aber wenn sie ganz ehrlich sein sollte, dann hatte sie sich diese Berührungen geradezu herbeigesehnt. Vielleicht wäre es möglich gewesen, für ihn zu arbeiten, ohne ihre kindischen Sehnsüchte ausgerechnet auf den größten Mistkerl zu projizieren, der unter dieser Sonne herumlief.
    Niedergeschlagen wollte sie sich gerade umdrehen und ins Haus zurück, als sie in der Ferne sah, wie der Wagen wendete.

9 .
    N och etwas Eintopf?«
    Jean-Baptiste starrte mit unergründlicher Miene auf seinen Teller, den er so gut wie gar nicht angerührt hatte. Weller hingegen, der gerade die letzten Reste seines Mahles mit einem Stück Brot aufgetunkt hatte, nickte erfreut.
    »Gerne. Es schmeckt großartig.«
    Anna versuchte, die beiden leeren Konservendosen in der Spüle zu ignorieren. Ihr Vater strahlte über das ganze Gesicht und teilte dem Gast noch eine Kelle des lauwarmen Gemisches aus, dem ein strenger Geruch nach gepökeltem Speck und weißen Bohnen entströmte. Angeblich sollten sich auch Steinpilze darin befinden.
    »Ihnen auch?«
    Jean-Baptiste schüttelte den Kopf. Schon die ganze Zeit war er unruhig auf dem Stuhl hin und her gerutscht, als wäre die ungewohnte Situation, mit seinem Herrn an einem Tisch zu sitzen, eine Qual für ihn. Mit stocksteifem Rücken legte er die Hände in den Schoß und räusperte sich leise. Weller roch noch einmal an dem frugalen Mahl, als habe ihm Annas Vater gerade ein Pfund Kaviar aufgehäuft.
    »Ja, Jean-Baptiste?«
    »Dürfte ich mich zurückziehen? Ich warte im Wagen auf Sie.«
    »Aber ich bitte Sie!« Friedrich Sternberg hob die Hände als Zeichen,dass er ein solches Ansinnen auf keinen Fall zulassen könnte.
    »Machen Sie es sich doch im Wohnzimmer bequem. Sobald wir fertig sind, koche ich Tee und bringe Ihnen den Nachtisch.«
    »Das ist sehr gütig von Ihnen«, sagte Jean-Baptiste, rückte den Küchenstuhl zurück und stand auf. »Aber wenn es nicht unhöflich ist, würde ich auf Tee und Nachtisch gerne verzichten.«
    »Es ist Kirschkompott aus unserem Garten. Ihnen entgeht etwas!«
    Der Chauffeur verbeugte sich knapp und entfernte sich. Anna führte noch einen Löffel Eintopf an den Mund und beobachtete den Rückzug von Wellers Angestellten mit gemischten Gefühlen. Auch Friedrich Sternberg blickte Weller fragend an.
    »Er will es so.« Weller begann, mit Appetit die zweite Portion zu verspeisen. »Es würde ihm etwas fehlen, wenn er sich nicht äußern dürfte, wie man es an französischen Adelshäusern vor der Revolution getan hätte.«
    »Ja, genau so klingt er.« Annas Vater wirkte erleichtert, dass es sich bei Jean-Baptistes Ausdrucksweise lediglich um einen Spleen handelte. »Dann ist er so etwas wie Ihr Butler?«
    »Mein Butler, Fahrer, Gärtner, Koch, Tierpfleger …«
    »Sie haben Tiere? Haustiere oder Viehbestand?«
    »Keins von beidem. Sie dienen meinem Schutz.«
    »Hunde also«, bemerkte Annas Vater.
    »Nein.«
    Annas Vater dachte nach. »Gänse? Früher hatten die Bauern Gänse, um vor Einbrechern

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