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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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reichte aus, um das Zimmer in schwaches Grün zu tauchen. Der Skorpion brüllte auf. Zitternd vor Angst zog sich Anna am Fensterbrett hoch. Dann hielt sie die Kamera mit beiden Händen über den Kopf.
    »Hier, du stinkender Haufen verquirlter Matsch! Hol’s dir!«
    Der Skorpion schoss erneut eine Salve auf sie ab. Anna rollte sich zur Seite. Zischend versengte die Glut die Vorhänge. Nicht schlecht. Als Stuntfrau in Hollywood könnte was aus ihr werden. Sie spannte die Muskeln und sprang zurück ans Fenster.
    »Hey, zielen ist wohl nicht deine Stärke?«
    »Anna!«
    Ihr Herzschlag setzte aus. Weller hatte sich zu ihr umgedreht. Plötzlich wusste Anna, dass das hier kein Traum war.
    »Gib es ihr.«
    Er stand, wie aus Bronze gegossen, inmitten dieses Infernos. Er war der Fels in der Brandung, doch Anna ahnte, dass er gegen diesen Feind machtlos war.
    Er vielleicht. Aber sie nicht.
    Erneutes Triumphgeheul gellte in ihren Ohren. Anna drehte die Kamera so, dass der Skorpion das Foto sehen konnte. Der Leib des Ungeheuers begann vor Gier zu zittern. Die Beine fuhren aus und wirbelten in der Luft. Unendlich langsam, damit die funkelnden Augen des Monsters auch jede ihrer Bewegungen mitbekam, hob sie die Hand, streckte den Zeigefinger aus und deutete auf die Kamera. Das Tier bäumte sich auf und jagte ein Gebrüll in die Luft, dass der Boden unter ihren Füßen zitterte. Doch Anna war jetzt ganz ruhig. Langsam, unendlich langsam näherte sich ihr Finger der Kamera. Der Skorpion witterte, dass sich gerade die Verhältnisse zu seinen Ungunsten verschoben. Er setzte sich in Bewegung. Anna konnte das nasse Schlurfen undRasseln hören, mit dem er seinen schweren Leib über den Asphalt schob, näher und näher an das Haus heran.
    »Ja, schau nur«, sagte sie so freundlich, als wäre das Wesen da unten ein vierjähriges Kind. »Guck mal, was jetzt passiert!«
    Ihr Zeigefinger drückte auf Löschen.
    Das grüne Leuchten verschwand.
    Das Foto war im Friedhof der Megapixel verschwunden.
    Das Ungeheuer blieb mitten in der Bewegung stehen, als hätte jemand den Stecker herausgezogen. Der Sturm legte sich. Sie sah zu Weller, der genauso verwundert auf den plötzlichen Stillstand des personifizierten Bösen starrte wie sie. Und dann hörte sie es. Es klang wie kleine Kiesel, die eine Steintreppe hinunterrollten. Aber es waren keine Kiesel. Es waren die Panzer von Millionen Skorpionen, die von oben über die zerquetschten Leiber ihrer Artgenossen nach unten kollerten. Nichts schien sie mehr zusammenzuhalten. Das Monster löste sich vor ihren Augen auf. Erst zerfloss der Kopf, dann fielen die Beine ab, schließlich schmolz der ganze Leib in sich zusammen, und eine schwarzglänzende Flut wälzte sich über die Straße, direkt auf sie und Weller zu.
    Jetzt, dachte Anna, wird jede anständige Protagonistin ohnmächtig.
    Plötzlich schien das Leben in Weller zurückzukehren. Er hob die Arme, und das Letzte, was Anna sah, war eine Dornenwand, die direkt vor ihrem Haus nach oben wuchs und alles, das Dach, den Garten, die Wände, das Fenster, mit einem undurchdringlichen Dickicht bedeckte. Dornröschen, dachte sie noch. Das ist kein Albtraum, das ist ein Märchen. Nur dass es am falschen Ende aufhört.

11 .
    A nna erwachte von Vogelgezwitscher und dem Duft von frisch gebrühtem Kaffee. Arme und Beine waren schwer wie Blei. Eine Bettdecke von schätzungsweise vierzig Tonnen Gewicht musste sie bedecken, denn es gelang ihr erst beim dritten Anlauf, sie zurückzuschlagen. Blinzelnd öffnete sie die Augen.
    Sie lag in ihrem Zimmer. Ein geblümter Vorhang wehte sacht im Morgenwind. Der andere war verschwunden. Die Fußbodendielen waren sauber, wenn auch ein wenig staubig. Anna erinnerte sich, dass sie hier oben schon längst einmal wischen wollte. Stöhnend griff sie sich an den Kopf. Hatte sie gestern Abend zu viel getrunken? Bruchstückweise kehrte die Erinnerung zurück.
    Weller hatte sie hier bei ihrem Vater besucht und ihr ein Jobangebot gemacht. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie es angenommen. Sie sollte am Mittag in seiner Konzernzentrale in Frankfurt sein. Verwirrt tastete sie nach dem Wecker und drehte ihn in ihre Richtung. Halb vier. Das konnte doch nicht wahr sein.
    Hastig setzte sie sich auf und wurde für diese Aktion mit einer Schmerzattacke belohnt. Vorsichtig drehte sie den Kopf und massierte sich den Nacken. Sie musste einen mittelschweren Kater haben. Oder eine Bahndammtee-Vergiftung. Missmutig stand sie auf und schlurfte zum

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