Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
Vom Netzwerk:
seine Kraft spüren. Er trug keine Waffen und war trotzdem bereit zum Kampf. Noch nie hatte Anna einen Mann erotischer gefunden als in diesem Augenblick.
    Das Ungeheuer richtete sich auf. Sein Anblick war so furchterregend, dass Anna zusammenfuhr und sich an Jean-Baptiste klammerte. Unwillig machte sich der Diener los.
    »Sie allein haben das angerichtet«, zischte er. »Wenn Sie nicht dazwischen gekommen wären, hätte er nicht in seine menschli cheGestalt zurückkehren und das Hotel verlassen müssen. Ich sollte die Kamera holen, solange der Ghul dieses Weibs noch paralysiert war. Aber Sie mussten ja Ihre Nase unbedingt in unsere Angelegenheiten stecken!«
    Anna verstand kein Wort. Jean-Baptiste phantasierte offenbar. Kein Wunder bei dem, was sich da unten gerade abspielte. Ihr Blick konnte sich nicht von Weller lösen. Er trat einen Schritt auf das Ungeheuer zu und breitete die Arme aus. Der Wind wehte durch seine dunklen Haare und ließ ihn verwegen und ungeheuer männlich aussehen. Er stand hoch aufgerichtet und musterte das Wesen vor sich mit einem verächtlichen Blick.
    »Komm!«, rief er. »Hol dir, was du suchst!«
    Der Skorpion stieß ein schrilles Fauchen aus. Er bewegte seine Beine, als ob er ihre Funktionstüchtigkeit überprüfen wollte. Dann richtete er seinen gewaltigen Schwanz auf und brachte einen Stachel von der Größe eines Kanonenrohres in Position. Weller lachte und riss sich mit einem Ruck das Hemd bis zum Gürtel auf. Seine Haut schimmerte in dem funkelnden Licht, das sich noch immer wie eine flirrende Wolke über der gan zen unwirklichen Szene ausbreitete. Er war ein Mensch, der sich mit nichts als seinem Willen gegen eine Ausgeburt der Hölle stellte.
    Das tut er nur für mich, dachte Anna. Himmel, das ist ja großartig! Sie war verrückt nach ihm. Wenn alles nicht so entsetzlich real wirken würde, nichts könnte sie mehr hier oben halten.
    »Meine Güte!«, stöhnte sie. »Wie heißt dieser Film und wo kann man ihn ausleihen?«
    Jean-Baptiste antwortete nicht. Er schien ganz weit weg zu sein. Erstarrt zu einer Salzsäule. Sie tippte ihn an. Als er nicht reagierte, schüttelte sie seinen Arm.
    »Jean-Baptiste! Was ist los? Kommen Sie schon. Das ist doch alles nur ein Traum.«
    Er bewegte die Lippen, aber sie konnte nicht verstehen, was er sagte. Sein Gesichtsausdruck machte ihr Angst.
    »Was ist?«
    »Ergeht.«
    »Er geht? Wohin geht er?«
    »In die Finsternis.«
    Ein schrecklicher Kampfschrei zerriss ihr fast das Trommelfell. Der Skorpion hatte sich nun zu seiner Vollkommenheit gestaltet. Die Beine spielten und krümmten sich, als ob sie ihr Opfer anlocken wollten. Weller ging auf das Ungeheuer zu. Sie trennten etwa zwanzig Meter, und mit jedem Schritt sank Annas Herz.
    Etwas Furchtbares ging hier vor. Etwas, das offenbar nicht mehr zu verhindern war. Noch nicht einmal, wenn sie jetzt sofort aufwachte. Sie beugte sich aus dem Fenster.
    »Weller!«
    Der Skorpion fuhr herum und schoss eine Salve glühendes Licht auf sie ab. Jean-Baptiste riss sie vom Fenster weg. Beide stürzten auf den Boden. Keinen Meter vor ihr peitschte ein Blitz in den Sand. Der Skorpion triumphierte mit einem noch lauteren Schrei. Anna rappelte sich auf. Der Diener lag auf dem Boden. Sie beugte sich über ihn. Er hatte die Augen geschlossen und atmete nicht. Sie klopfte ihm auf beide Wangen.
    »Jean-Baptiste!«
    Entweder war er tot oder ohnmächtig. Was von beidem es auch war, es musste warten. Die Dramaturgie dieses Traumes verlangte, dass sie handelte. Das Mistvieh wollte das Foto? Gut, es sollte es haben. Irgendwann einmal würde sie einem Traumdeuter alles erzählen. Er würde Abgründe in Anna diagnostizieren, von denen sie ehrlich gesagt überhaupt nichts wissen wollte. Und was, Verehrteste, würde er sie fragen, passierte also, nachdem der Chauffeur Ihres Chefs, der Ihnen kurz zuvor das Leben rettete, indem er einen Dämon mit zwei Eimern Wasser ersäufte, zusammenbrach, weil ein zuckender Skorpionhaufen eine Ladung Lava auf ihn abgefeuert hat, während der Mann Ihrer Träume unten auf der Straße stand und sein Leben geben wollte aus einem Grund, den ich als Therapeut jetzt mühsam aus Ihnen herausholen darf? Na?
    Ichhabe mir vor Angst in die Hosen gemacht.
    Sie presste sich mit dem Rücken an die Wand unter dem Fenster und schaltete die Kamera ein. Als das Display aufleuchtete, klickte sie den Film zurück bis zu dem Foto, das Weller zeigte. Sie vermied, es direkt anzusehen, aber der Widerschein allein

Weitere Kostenlose Bücher